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In der Dunkelheit erkannte Taehyung Yoongis Umriss am Geländer der Brücke. Der Ältere stand dort und sah nach unten in das schwarze Wasser. Mit einem Räuspern machte sich der Braunhaarige bemerkbar, was dafür sorgte, dass der Andere sich schnell umdrehte, beinahe ertappt.
"Hey." Etwas unsicher sah Yoongi den Jüngeren an. Es war schon etwas komisch, wenn sich zwei Menschen, die sich gegenseitig eigentlich völlig fremd waren, verabredeten.
"Hi."
Die Zigarette glühte auf, als Taehyung ein letztes Mal an ihr zog und sie dann auf den Boden schmiss und austrat.
"Komm", durchbrach er das seltsame Schweigen. "Lass uns zu dem Café gehen, das ich meinte."
Gemeinsam liefen sie über den grauen Bürgersteig in die Richtung, die der Jüngere angegeben hatte. Die Straßen waren wie leergefegt um diese Uhrzeit und in seiner dünnen Jacke und mit seinen nassen Haaren, fror Taehyung, denn die Nachtluft war eiskalt.
"Machst du etwas beruflich?", versuchte er eine Konversation zu beginnen. Etwas verwirrt über diese flapsige Frage, legte Yoongi den Kopf schief. "Ja. Ich produziere Musik für ein Entertainment", antwortete er.
Der Jüngere lachte. "Klingt doch eigentlich ganz gut... Ich bin nutzlos. Ich habe keinen Beruf." Er zuckte mit den Schultern.
"Ich bin mir sicher, dass du nicht nutzlos bist." Yoongis tiefe, raue Stimme konnte überraschend weich klingen. Taehyung warf seinem Begleiter einen kurzen Blick zu. "Du kennst mich doch gar nicht."
Und bevor der Ältere etwas darauf erwidern konnte, hielt der Braunhaarige vor einem kleinen 24h Café. "Wir sind da."
Und im Schein des Lichts, das aus den Fenstern des kleinen Cafés fiel, konnte Yoongi zum ersten Mal richtig in Taehyungs Gesicht sehen.
Beinahe wäre der Ältere zurückgezuckt. Denn die Verletzungen, die er in der Dunkelheit nur hatte erahnen können schienen viel schlimmer zu sein, als vermutet. Oder waren sie in der Zwischenzeit schlimmer geworden?
Besorgt glitt sein Blick über die aufgeplatzte Lippe des Jüngeren und die blau-rot geschlagenen Wangen.
Taehyungs Augen glänzten stumpf im Licht und Yoongi realisierte, wie verdammt leblos dieser Blick war. Und dann stellte er fest, dass sein Blick sich bestimmt nicht viel anders war. Doch irgendwas an Taehyung hatte ihn aus seiner leblosen Taubheit gerissen. Der Jüngere wirkte so erschöpft. Als würde er jeden Moment zusammenbrechen.
"Willst du mal aufhören über mein Gesicht zu staunen und reingehen? Mir ist kalt", sagte der Braunhaarige trocken und ertappt drehte Yoongi sich weg und beeilte sich in das Café zu kommen.
Der Raum war im Retro-Style eingerichtet. Die Sitze waren mit rotem Leder überzogen und die meisten Möbelstücke waren aus Holz. Yoongi mochte das Café sofort.
Taehyung steuerte zielstrebig einen bestimmten Tisch an, an den er sich setzte.
Eine müde aussehende Bedienung machte sich auf den Weg zu ihren Kunden, in ihrer Hand trug sie die Speisekarte.
Und, obwohl Taehyung sich vorher noch über Yoongis Starren beschwert hatte, konnte er nicht anders, als seinen Begleiter ebenfalls neugierig zu mustern.
Der Schwarzhaarige war sicherlich nicht hässlich. Trotz der tiefen Augenringe, die sich in seine Haut gruben und der übernatürlich blassen Haut fand Taehyung ihn ganz hübsch. Er fragte sich warum Yoongi so litt. Was hatte den Älteren derart mitgenommen, dass er sterben wollte?
"Jetzt starrst du aber", brummte der Ältere und ein leicht amüsierter Ton hatte sich in seine Stimme geschlichen. "Ja und? Ich schau dir schon nichts weg", entgegnete Taehyung direkt, was Yoongi ein leises Lachen entlockte. "Ja ist schon gut. Starr so viel du willst." "Was soll das denn heißen? Denkst du ich stehe auf dich? Sorry, dass ich dich enttäuschen muss."
Der Braunhaarige wandte desinteressiert den Blick ab und studierte stattdessen die Speisekarte. Kopfschüttelnd wandte Yoongi sich ebenfalls seiner Karte zu. "Das hast du jetzt aber da rein interpretiert, ich habe nie gesagt, dass du auf mich stehst."
Doch Beide trugen ein leichtes Schmunzeln auf den Lippen. Das Eis zwischen ihnen war endgültig gebrochen.
Taehyung bestellte sich einen Kaffee und Yoongi etwas Wasser. Keiner der Beiden verspürte Hunger, vielleicht, weil sie Beide zu müde waren, um an Essen zu denken.
"Wie lebst du denn so? Hast du eine eigene Wohnung?", erkundigte sich Taehyung neugierig und der Ältere nickte. "Ja. Ich habe mir eine kleine Wohnung gemietet, sobald ich volljährig war", gab er zu. "So ist es viel entspannter."
Der Schwarzhaarige hatte dies locker über die Lippen gebracht, doch innerlich kehrte der Kummer und der Schmerz darüber, warum er wirklich ausgezogen war, zurück: Alles bei seinen Eltern zu Hause erinnerte ihn an seine kleine Schwester Sunmi. Sie hatte sich im Alter von vierzehn Jahren umgebracht.
"Und du?" Yoongi wollte nicht länger über sich sprechen.
"Ich lebe bei meinen Eltern", erwiderte Taehyung. "Zumindest offiziell. Eigentlich schaue ich nur alle Tage dort vorbei und lebe ansonsten auf der Straße."
"Ist das Leben auf der Straße nicht hart?" Der Jüngere zuckte mit den Schultern. "Das Leben bei meinen Eltern ist härter", erklärte er. "Mein Vater ist Alkoholabhängig, verstehst du?"
Jetzt glaubte Yoongi zu verstehen woher die Verletzungen im Gesicht des Anderen kamen.
Der Kaffee und das Wasser kamen. Die beiden jungen Männer griffen nach ihren Getränken und nippten daran.
"Wie überlebst du?", fragte der Schwarzhaarige schließlich.
"Ich brauche nicht viel. Und, wenn ich Etwas brauche, stehle ich meinem Vater einfach ein wenig Geld. Der ist Meistens so betrunken, dass er das gar nicht mitkriegt. Und zur Not schaffe ich es auch mal ein paar Tage ohne Essen zu überleben."
Trotz Allem war Taehyung ein Überlebenskünstler. Welch eine Ironie, wenn man bedachte, dass er rauchte, um zu sterben.
"Komm zu mir", sagte Yoongi ohne wirklich darüber nachzudenken, was er da sagte. Der Jüngere sah ihn überrascht an, bevor er anfing zu lachen. "Oh nein. Das willst du nicht, glaub mir." Er schüttelte den Kopf. "Ich bin nutzlos und stinke dir die ganze Wohnung voll. Abgesehen davon, dass du genug mit dir selber zu tun hast und ich dich nur runterziehen werde."
Der Ältere schmollte. "Dann übernachte wenigstens mal bei mir, okay?"
Taehyung zuckte mit den Schultern. "Ich hoffe du bist dir bewusst, was du dir da antust." Yoongi musste lächeln und das erste Mal seid sich die Beiden über den Weg gelaufen war, war das Lächeln echt.