*** Ich kann's mal wieder nicht abwarten... 😀 Kaum ist die Jimmy-Geschichte beendet, geht es also mit Joey weiter!
Nicht wundern über die Nummerierung, chronologisch ist das hier wirklich Teil 2 der Verlorene-Jahre-Reihe. Aber es ist die erste Geschichte, die ich je geschrieben habe, also dachte ich, ich poste sie auch in dieser Reihenfolge. Das Prequel (Verlorene Jahre 1 - Wie alles begann) folgt dann später. ***
--------------------------------------------Ende Mai 2005
Kristin zappte in der Werbepause ihres Films gelangweilt durch die Sender. Plötzlich hielt sie inne und starrte gebannt auf den Bildschirm. Es lief eine Talkshow. Normalerweise interessierte sie so etwas nicht, aber diesmal...
„Du hast also mit der Musik komplett aufgehört?" fragte der Moderator gerade. Und vor ihm saß jemand, den Kristin mal sehr gut gekannt hatte...
Joey nickte. „Ja, ich spiele nicht mal mehr privat Gitarre." „Vermisst du die Musik gar nicht?" „Nein, absolut nicht. Ich hab zwar ganz gerne auf der Bühne gestanden, aber das ganze Drumherum hat mich mit der Zeit immer mehr gestört und mir am Ende den Spaß daran verdorben."
„Ja, dieser Erfolg damals kam ziemlich plötzlich. Wie seid ihr damit umgegangen? Das hatte doch sicher großen Einfluss auf euer Privatleben."
„Klar. Wir hatten Bodyguards, jedenfalls einige von uns, und Security am Hausboot und später am Schloss. Und die Presse war auch ziemlich, sagen wir mal, anstrengend."
Kristin rollte unwillkürlich die Augen und nickte, während der Moderator schon weiterfragte.
„Das war sicher auch nicht leicht für eure Partner. Wenn ich mal fragen darf – hattest du damals zu der Zeit des großen Hypes eine Freundin?" „Ja, hatte ich. Hatten wir fast alle, übrigens. Ich hatte das große Glück, dass ich nicht so im Rampenlicht stand wie Paddy oder Angelo, wir drei älteren Brüder waren nicht mehr ganz die Zielgruppe der jugendlichen Fans. Für Paddy war es am schlimmsten, glaube ich. Er und seine Freundin hatten schon einiges auszuhalten von den Fans." „Deine Freundin nicht so sehr?" „Doch, die auch, nur nicht ganz so extrem. Sie kam allerdings erstaunlich gut damit klar. Die war ziemlich tough."
Er lächelte dabei, und Kristin lächelte ebenfalls. Richtig, tough hatte er sie immer genannt. Tough girl. Denn diese Freundin, von der er da sprach – das war sie gewesen! Gedankenverloren betrachtete sie ihren Exfreund und lauschte dem Interview.
„Letztes Jahr habt ihr euer letztes Album herausgebracht. Da waren schon nicht mehr alle Geschwister dabei. Seitdem gibt es die Kelly Family nicht mehr, und jeder geht eigene Wege. Du bist allerdings der einzige, der sich von der Musik völlig abgewandt hat. Du machst schon seit einiger Zeit eher Schlagzeilen mit deinen sportlichen Erfolgen. Was sind deine nächsten Pläne?"
Kristin sah sich das Interview bis zum Ende an. Ihren Film hatte sie vergessen. Nachdenklich schaltete sie dann den Fernseher aus.
Flashback
Dezember 1995
„Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!" Kristin umarmte ihre Freundin Maite und überreichte ihr ihr Geschenk: ein dickes Kochbuch mit asiatischen Spezialitäten. „Danke dir", strahlte Maite. „Komm rein! Die anderen sind schon fast alle da." Kristin folgte Maite neugierig in die Tiefen des Hausboots.
„Hey, kleine Schwester!" Joey legte Maite den Arm um die Schulter. „Wer ist denn deine hübsche Freundin da?" Kristin verdrehte die Augen. Was war das denn für ein Spinner?
„Das ist Kristin, die hab ich beim Yoga kennengelernt. Wir haben uns so gut verstanden, weil wir beide die unsportlichsten da waren", kicherte Maite. Kristin nahm Joey seine Flasche aus der Hand. „Oh, wie nett, du hast mir gleich was zu trinken mitgebracht!" Sie prostete ihm zu und schlängelte sich zwischen den anderen Gästen hindurch, bei denen sie gerade Paddy und Joelle entdeckt hatte. Verblüfft schaute Joey ihr und seinem Bier hinterher, und Maite schüttelte sich vor Lachen. Das war typisch Kristin.
Im Laufe des Abends schaffte Joey es allerdings doch noch, Kristins schlechten ersten Eindruck von sich zu korrigieren. Sogar mehr als das. Dann waren sie fast zwei Jahre zusammengewesen und danach gute Freunde geblieben.
Eigentlich war das eine sehr schöne Zeit gewesen damals. Himmel, gut sechs Jahre war es schon her, dass die Verbindung zu Joey, Maite und den anderen Geschwistern abgerissen war! Nach dem Abi war Kristin noch ein Jahr in Köln geblieben, aber als sie nach ihrem FSJ zum Studium nach Frankfurt gegangen war, war die Freundschaft irgendwann einfach eingeschlafen. Sie hatte neue Interessen, neue Freunde gehabt. Und natürlich Matthias.
Ja, das war zumindest die offizielle Version, die sie sich seit sechs Jahren versuchte einzureden... Wenn sie diese Zeit nicht gerade völlig verdrängte. Die Wahrheit sah jedoch ein bisschen anders aus. Sie hatte in Frankfurt kaum neue Freunde gehabt. Nur Matthias. Und das war ihr viel zu lange genug gewesen.
Kristin musste sich eingestehen, dass es an ihr gelegen hatte. Joey und Maite hatten sich noch einige Zeit bemüht, den Kontakt zu halten.
Eigentlich wäre es schön, sie alle mal wiederzusehen. Besonders Joey. Er hatte sich kaum verändert – eigentlich sah er fast jünger aus als früher. Vielleicht lag das daran, dass er glattrasiert gewesen war – zu Kristins Bedauern übrigens, seinen Dreitagebart hatte sie früher besonders geliebt, er hatte so verwegen damit ausgesehen. Aber das Interview hatte ihr trotzdem gefallen. Er hatte seinen trockenen Humor nicht verloren.
Kristin überlegte. Ob er noch Interesse daran hatte, sie zu treffen? Naja, ein Versuch konnte nicht schaden, beschloss sie kurzerhand. Zu verlieren hatte sie ja nichts.
Sie besaß noch seine Handynummer und auch seine E-Mail-Adresse. Nach kurzem Zögern entschied sie sich für eine SMS. Die konnte er ignorieren, wenn er sie nicht sehen wollte, im Gegensatz zu einem Anruf. Und eine Mail – die sah irgendwie blöd aus, wenn sie nur zwei Sätze schrieb. Nein, eine SMS war genau richtig. Kurz ein Lebenszeichen geben und nachfragen, ob er Interesse an einem Treffen hatte. 160 Zeichen. Hoffentlich stimmte die Nummer noch.
Kristin checkte kurz ihren Terminkalender. Joey hatte in dem Interview erwähnt, dass er zwar nicht mehr in Gymnich wohnte, aber immer noch in der Gegend von Köln. In ein paar Wochen hatte sie dort eine Fortbildung. Bevor sie es sich wieder anders überlegen konnte, begann sie zu tippen.
Hey Joey, bin demnächst ein paar Tage in Köln. Lust auf einen Drink, auf die alten Zeiten? Viele Grüße, Kristin
Fünfhundert Kilometer südlich von Hamburg starrte Joey verdutzt auf sein Handy. Kristin? Nach über sechs Jahren? Ihr Gesicht tauchte vor seinem inneren Auge auf – so wie er sie vor fast zehn Jahren kennengelernt hatte. Wie sie wohl inzwischen aussah? Die kleine freche Bier-Diebin. Er lächelte bei der Erinnerung. Dann starrte er unschlüssig auf sein Handy. Sollte er sie einfach gleich zurückrufen? Es stand für ihn sofort fest, dass er ihre SMS beantworten wollte, das war gar keine Frage, aber wie? Schließlich entschied er sich doch erst einmal für die Methode, die auch Kristin gewählt hatte und begann zu schreiben.
Kristin hatte das Handy beiseite gelegt und halb und halb gar nicht mit einer Antwort gerechnet. Trotzdem hatte sie ein wenig Herzklopfen. Würde er zurückschreiben? Oder sogar anrufen? Sie wusste, dass er eigentlich lieber telefonierte als schrieb. Aber auf ein Gespräch war sie seelisch noch gar nicht eingestellt... War die SMS doch ein Fehler gewesen? Warum musste sie immer so spontan sein?! Sie schaltete den Fernseher wieder an und versuchte sich auf den Rest ihres Films zu konzentrieren, aber das war ziemlich sinnlos, da sie durch die Talkshow zu viel verpasst hatte. Außerdem schweiften ihre Gedanken immer wieder ab...
Lange warten musste sie allerdings zum Glück nicht. Tatsächlich piepte es schon wenige Minuten später. Die Nummer schien also noch zu stimmen. Gespannt nahm Kristin ihr Handy in die Hand.
Hey Kristin, das ist ja eine Überraschung. Klar können wir uns treffen. Wann genau bist du hier? LG, Joey
Kristin grinste zufrieden und auch erleichtert. Vom 16. bis 19. Juni, schrieb sie sofort zurück.
Passt dir Freitag abend? kam direkt danach die Antwort.
Passt sehr gut. Gilberts Pinte, wie immer?
Das war früher ihre Stammkneipe gewesen.
Klar, wo sonst? 19 Uhr?
Alles klar. 17. Juni 19 Uhr. tippte Kristin. Nach kurzem Zögern setzte sie noch hinzu: Freu mich. Dann drückte sie auf Senden.
Alles klar, bis dann, las sie einen Moment später ein wenig enttäuscht. Doch dann pingte es noch einmal. Freu mich auch.
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Verlorene Jahre 2 - Das Wiedersehen
FanfictionJoey Kelly trifft nach sechs Jahren Funkstille seine Exfreundin Kristin wieder. Verstehen sie sich noch wie früher? Und was hat Kristins anderer Exfreund damit zu tun? Ein Krimi im Sommer 2005...