Am nächsten Morgen holte Conny sie ab, und Kristin war froh, nicht allein zum Labor fahren zu müssen. Mittags telefonierte sie noch einmal kurz mit Joey und sagte ihm, wann sie ungefähr Feierabend haben würde.
Pünktlich stand er mit seinem Auto vor dem Gebäude der Rechtsmedizin und wurde langsam nervös. Sie war schon fast zehn Minuten zu spät. Gut, vielleicht hatte ein Test länger gedauert, dass konnte ja mal passieren, versuchte er sich zu sagen. Und im Labor hatte sie ihr Handy nicht dabei. Er sah zum zehnten Mal auf die Uhr. Wieder nur eine Minute vergangen. Joey seufzte tief.
Plötzlich entdeckte er Conny, die gerade aus dem Gebäude kam und sich suchend umschaute. Er hupte kurz, stieg aus und winkte ihr zu. Conny kam auf ihn zugelaufen. „Hey, ich soll dir sagen, Kristin braucht noch einen Augenblick! Sie muss einen Test nochmal wiederholen. Anscheinend hat sie ziemlich mies geschlafen, sie war heute den ganzen Tag schon unkonzentriert, und der letzte Test ist schiefgegangen."
Joey seufzte erleichtert. Ihm fiel ein Stein vom Herzen. Also war ihr nichts passiert. Doch dann runzelte er die Stirn. „Unkonzentriert? Ist das im Labor nicht gefährlich?"
Conny lächelte ein bisschen nachsichtig. „Gefährlich für Kristin, meinst du? Nein, eigentlich nicht. Ist halt nur blöd, wenn ein Test nicht klappt." Die Tests waren Joey im Augenblick herzlich egal, aber das sagte er Conny lieber nicht.
Endlich kam Kristin aus dem Gebäude. Ein Strahlen ging über ihr Gesicht, als sie Joey entdeckte, und sie kam mit wippendem Pferdeschwanz auf ihn zugelaufen und fiel ihm um den Hals. Aus der Nähe konnte er allerdings sehen, wie übernächtigt sie wirkte. Besorgt musterte er sie.
Kristin verdrehte die Augen. „Guck mich nicht so an, ich weiß, wie mies ich aussehe. Gut, dass ich heute in meinem eigenen Bett schlafen kann." Sie verabschiedeten sich von Conny und stiegen in Joeys Wagen.
Joey startete den Motor. „Konntest du deine Termine alle absagen? Wie lange kannst du bleiben?" fragte Kristin.
„Bis Donnerstag leider nur. Und am Wochenende hab ich einen Triathlon in Bayern. Vielleicht kannst du da mitkommen?"
Kristin nickte. „Das kann ich sicher." Nachdenklich sah sie aus dem Fenster und beobachtete die Passanten auf der Osterstraße. Dann bog Joey in ihre Straße ein und parkte das Auto. Die Straße war fast menschenleer. Kein dunkelhaariger junger Mann in Sicht.
„Einkaufen müssen wir zum Glück nicht, wir können die Reste von Samstag essen. Maite hat viel zu viel gemacht. Eigentlich könnten wir Marie gleich zum Essen einladen, wenn sie schon zu Hause ist", schlug Kristin vor.
„Oh, gut, dann muss ich nichts essen, was du gekocht hast – oder was du so kochen nennst", kommentierte Joey. Kristin streckte ihm die Zunge heraus. „Du kannst ja morgen kochen, mal sehen, ob das essbarer wird."
„Mach ich glatt." „Hey, dich behalt ich!" „Das will ich doch stark hoffen!" Lachend liefen sie Hand in Hand die Treppe hinauf.
Während sie dann mit Marie Hackbällchen, Nudelsalat und Muffins verzehrten, erzählte Kristin, was sie sich in ihrer halb schlaflosen Nacht überlegt hatte.
„Ich kann nicht dauernd bei Sarah und Daniel übernachten, und ich will auf keinen Fall wieder umziehen. Die Polizei kann erstmal nichts unternehmen, und du, mein Schatz, kannst auch nicht immer hier sein", zählte sie auf. „Du hast einen Job und du musst trainieren – vermutlich auch diese Woche, wenn du am Wochenende einen Triathlon hast. Ihr könnt mich also nicht rund um die Uhr bewachen, mal abgesehen davon, dass ich mich ja nicht ewig verstecken kann und will. Ich habe einen Job, ihr habt Jobs, ich muss einkaufen, ich will wieder laufen gehen."
Marie nickte nachdenklich. „Ich ahne, worauf du hinauswillst." Joey runzelte die Stirn. „Ich auch, aber das kommt überhaupt nicht in Frage. Du wirst ganz sicher nicht den Lockvogel spielen!"
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Verlorene Jahre 2 - Das Wiedersehen
Fiksi PenggemarJoey Kelly trifft nach sechs Jahren Funkstille seine Exfreundin Kristin wieder. Verstehen sie sich noch wie früher? Und was hat Kristins anderer Exfreund damit zu tun? Ein Krimi im Sommer 2005...