Über die nächsten Tage passierte nichts Besonderes. Ich ging zu meinen üblichen Sitzungen mit Doktor Kenneth, wehrte mich, als er mich wieder in seinem Labor auf die Liege fixieren ließ und schmiss ihm willkürlich Todesdrohungen an den Kopf. Falls ich irgendwann die Möglichkeit dazu bekam, würde ich sie wahr werden lassen. Joker sah ich kein einziges Mal, nicht einmal aus der Entfernung. So zog eine Woche nach der anderen ins Land. Ich quälte mich von Tag zu Tag, versuchte nochmal ohne Erfolg, mich umzubringen und verlangte weiterhin nach der richtigen Medizin. Es war, als hätte dieses kleine Experiment mit dem grünhaarigen Irren und mir nie stattgefunden. Ich fand es ein bisschen schade, dass mein Alltag wieder diesen öden Ablauf genommen hatte. Das Treffen auf Joker war eine Abwechslung gewesen, die ich gerne wiederholt hätte. Je länger ich über unser Gespräch nachdachte, desto mehr mochte ich diesen Kerl. Es war absurd, aber wenn man nichts Besseres zu tun hatte, dachte man über jede ungewöhnliche Situation doppelt und dreifach nach. Früher waren es die Momente in Kenneth' Labor gewesen - keine schöne Erinnerungen -, aber jetzt wanderte mein Kopf zum Glück öfter zu Joker zurück als zu den grausamen Dingen meiner Zeit hier. Ich wünschte, ich würde die Chance bekommen, ihn näher kennenzulernen. Er war faszinierend - wahnsinnig, aber auf interessante Art und Weise.
Ich wusste nicht, wie viel Zeit seit Kenneth' und Quinzels neuem Experiment vergangen war - es mussten mehrere Wochen gewesen sein -, aber eines Morgens, nachdem ich einen kleinen, sauren Apfel zum Frühstück gegessen hatte, kamen unerwartet Mike und Mickey in meine Zelle geplatzt, dicht gefolgt von meinem Psychiater. Seufzend setzte ich mich auf. Es war einer dieser Tage, in denen ich nicht voller Wut kochte, sondern in Selbstmitleid dahinschwamm.
"Wollen Sie wieder an mir herumexperimentieren?", fragte ich tonlos.
Kenneth verzog keine Miene, sondern sah mich mit hinter dem Rücken verschränkten Armen an. "Nicht ganz", antwortete er gelassen. "Ich wollte dich fragen, Faite, ob du Interesse daran hättest, abermals mit Mr J zu sprechen."
Mein Kopf schoss augenblicklich in die Höhe und ich verengte die Augen in seine Richtung. Was hatte er vor? Warum plötzlich jetzt der Sinneswandel? Ich hätte gedacht, dass diese Sache schon vor Tagen unter den Teppich gekehrt worden war. Ein großer Teil in mir wollte einfach nur "ja" sagen - bloß raus aus meinen langweiligen vier Wänden, ich brauchte die Abwechslung. Auf der anderen Seite war ich noch skeptisch und wollte vor allem den Doktor nicht denken lassen, dass es mir so sehr zusagte, mich mit Joker zu unterhalten. Am Ende würde er mir das nur wieder nehmen. Vorsichtig und langsam erwiderte ich also: "Warum... sollte ich?"
Ein ruhiges Lächeln legte sich auf Kenneth' Lippen. "Es ist nur ein Angebot." Er hob achselzuckend die Arme. "Wenn du nicht möchtest..." Er machte Anstalten sich wegzudrehen und ich biss mir auf die Lippe, während mein Kopf blitzschnell die Möglichkeiten abwog, die ich hatte.
"Warte!", sagte ich und stand mit ausgestreckter Hand auf. Mike und Mickey stellten sich sofort beschützend vor den Doktor, als dächten sie, ich würde ihn wieder angreifen wollen. Allerdings hatte ich das keineswegs vor. "Okay, ja."
Die Mundwinkel meines Psychiaters zuckten in die Höhe. Ich gönnte ihm den Triumpf nicht, aber der Wunsch auf Abwechslung war momentan stärker als mein Stolz. "Wenn du mir versprichst, niemanden anzugreifen, würde ich sogar auf die Zwangsjacke verzichten." Hatte er den Verstand verloren? War er krank? Das hatte er mir noch nie angeboten! Ich verengte die Augen zu Schlitzen. Was waren seine Beweggründe? Er musste einen Hintergedanken haben. Welcher war es?
"Schön", sagte ich langsam und überlegte, ob ich die Forderung nach meiner richtigen Medizin hinzufügen sollte, entschied mich aber dagegen. Man sollte sein Glück nicht überstrapazieren und vor allem nicht Kenneth' Großmütigkeit. Ich ging langsam auf die drei Männer zu. Mike und Mickey ließen mich keine Sekunde aus den Augen; jederzeit bereit mich zu ergreifen, sollte ich etwas versuchen. Aber ich versuchte nichts. Ich hielt mich brav an die Regeln, tanzte nicht aus der Reihe, aber Doktor Kenneth mit scharfen Blicken zu durchbohren, konnten sie mir nicht verbieten. Den Psychiater schien das aber mehr zu amüsieren, als zu fürchten, was mich wütend machte. Doch ich zwang mich dazu, die Wut zu unterdrücken und mich ohne ein weiteres Wort zu sagen, von Mike und Mickey aus meiner Zelle und durch die düsteren Gänge Arkhams führen zu lassen. Ich war gespannt, was mich heute erwarten würde. Langweilig würde es auf alle Fälle nicht werden, da war ich mir sicher. Mit einem Mann wie Joker in einem Raum konnte es überhaupt nicht langweilig werden.
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Verfluchter Wahnsinn (Joker ff)
FanfictionFaite sitzt nun schon eine ganze Weile in der Psychiatrie Arkham Asylum ein. Warum man sie eingewiesen hat? Sie hat gemordet. Eine Massenmörderin wie sie im Buche steht. Sie leidet an einem Fluch, einem schrecklichen, unheilbaren Fluch. Doktor Adri...