... so wirklich gar nicht!

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Mein Kopf schmerzte. Das letzte Mal, dass ich so einen Kater gehabt hatte, war auf der Abschlussfeier an der Schule. Ich lag mehrere Minuten in dem Bett und versuchte mich an die Ereignisse des letzten Abends zu erinnern. Da war Musik, Alte Musik. Und Alkohol, ich habe getanzt. Müde öffnete ich meine Augen. Das war aber nicht mein Schrank oder? Neben mir regte sich jemand.

   Verdammt. Ich kniff die Augen zusammen und hoffte inständig, dass es sich um Dean handelte. Ich kann ihn unmöglich betrogen haben.

   »Fuck.«, ertönte es neben mir. Es klang es so wirklich gar nicht nach Dean. Ich biss mir auf die Lippe und drehte meinen Kopf zu der anderen Seite des Bettes.

   »Shit.«, murmelte nun auch ich. Blaue Augen sahen mir entgegen und die blonden Haare standen wild ab.

   »Das ist doch ein Traum.«, murmelte Fynn. Ich starrte ihn fassungslos an.

  »Sind wir... Also haben wir...?« Ich schluckte schwer, wagte es nicht den Satz zu Ende zu sprechen oder gar unter die Decke zu sehen. Fynn biss die Zähne zusammen und hob die Bettdecke an.

   »Nette Titten.« War alles was er dazu sagte. Ich konnte ihm einfach nicht glauben. Hastig hob ich die Decke etwas an. Zu meinem Erstaunen war Fynn besser gebaut, als ich vorher immer gedacht hatte. Leider hatte er mich nicht belogen, wir waren beide nackt.

   »Es muss nichts heißen!«, stotterte ich vor mich hin.

   »Was soll es sonst sein? Wir sind in einen Fluss gefallen?«, bemerkte er sarkastisch und stieg aus dem Bett. Ich sah ihm ungläubig hinterher und wickelte die Decke um meinen Körper.

   »In einen Fluss gefallen, uns war kalt und deswegen haben wir nichts an.« Würde meine Stimme nicht so verzweifelt klingen, könnte man meinen, ich würde mir diese Geschichten selbst abkaufen. Ich sah dabei zu wie Fynn sich eine Boxershorts anzog und sich verzweifelt durch die Haare fuhr.

   »Verdammt.«, fluchte er erneut und lehnte sich gegen seine Zimmertür. Von dort aus musterte er mich nachdenklich, ich setzte mich auf, wohl darauf bedacht, dass Fynns Decke alles nötige bedeckte. »Ist dir eigentlich klar, was wir getan haben?« Ich wusste nicht wieso, aber er wurde mir mit einem Mal viel sympathischer. Fynn hatte wir gesagt, er schob die Schuld nicht mir in die Schuhe, er hatte wir gesagt.

   »Ich habe Dean mit dir betrogen.«, stellte ich fest. »Ihn mit seinem besten Freund.«

   »Ich habe meinem besten Freund die Freundin ausgespannt.«

   »Wir wissen gar nichts, vielleicht war da wirklich ein Fluss – «

   Er unterbrach mich sofort. »Hör auf mit diesem bescheuertem Fluss! Alles weist darauf hin, dass wir es miteinander getrieben haben!«, knurrte er wütend. Ich presste meine Lippen zu einer schmalen Linie zusammen und Fynn schloss seine Augen.

   »Ich werde es ihm sagen müssen.«, murmelte Fynn nun. Seine Hände waren zu Fäusten geballt.

   »Nein.« Keine Ahnung, was mich dazu trieb. »Ich werde ihm sagen, dass ich beim Feiern besoffen mit einem anderen geschlafen hatte. Ich werde behaupten, seinen Namen nicht zu kennen.«

   »Es wird viel schlimmer sein, wenn er herauskriegt, dass ich es war.«

   »Und wer soll davon wissen? Ich werde deinen Namen nicht erwähnen.«, versicherte ich ihm. Das würde ein ernstes Gespräch werden. »Wir vergessen das Ganze zwischen uns.«

   Fynn nickte erst, entschied sich dann allerdings seinen Kopf energisch zu schütteln. »Er ist mein bester Freund, ich kann es ihm nicht verheimlichen.«

   »Er wird zwar nicht zusammen brechen und von einer Brücke springen wollen, aber er wird dich trotzdem brauchen, um jemanden in die Fresse zu schlagen.«

   »Und wie soll ich ihm da bitte helfen? Soll ich mir selbst eine reinhauen?« Er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an. Ich fasste mir an den Kopf.

   »Hast du was gegen Schmerzen da?«, fragte ich. Ich war nicht im Stande irgendetwas Produktives zu schaffen. Der Kater meldete sich und ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen.

   »Ich gucke mal, was sich finden lässt.«, murmelte Fynn und verließ das Zimmer. In genau dem Moment, in dem die Tür ins Schloss fiel, sprang ich auf und suchte meine Klamotten zusammen. Zu meinem Pech, konnte ich meinen BH nicht finden. Nur in meinem Slip bekleidet öffnete ich Fynns Schrank und griff nach einem Shirt.

   Ich verließ das Zimmer, da ich den Rest meiner Anziehsachen beim besten Willen nicht finden konnte und sah mich in Fynns Wohnzimmer um. Von dem blonden Jungen war nichts zu sehen. Hastig sammelte ich erst mein Shirt, dann meinen BH und schließlich auch meine Jeans vom Boden auf. Meine Socken waren verschwunden, einfach nicht auffindbar. Ich zog meine Jeans an und öffnete die Tür zu Fynns Badezimmer, wo ich ihn auch vorfand. Er kramte in dem Spiegelschränkchen herum, jedenfalls begann er damit, als ich die Tür öffnete.

   »Ich hab hier ein paar Paracetamol-Reste.«, murmelte er und griff nach irgendetwas. Als er sich umdrehte, sahen wir uns beide einen Moment schweigend in die Augen. »Du siehst nicht wirklich bedrückt aus.«, bemerkte er schließlich.

   »Ich habe mein ganzes Leben lang nichts anderes getan, als meine Gefühle zu verstecken.«, erwiderte ich ruhig. Innerlich schrie ich. Ich wusste nicht, ob ich Dean wirklich liebte, Liebe war für mich immer etwas gewesen, dass mit den schönen Momenten wuchs, etwas, dass nie aufhörte mehr zu werden. Dean und ich hatten uns eben erst kennen gelernt, ich glaubte nicht an die Liebe auf den ersten Blick.

   Fynn schien tausende von Kilometern entfernt zu sein, mein Unterbewusstsein realisierte das er Nickte, doch ich stand noch immer starr an der Tür. Das mit Dean würde niemals zu etwas ernstem heranwachsen können, dabei war Dean jemand, den sich jede Frau an ihrer Seite wünschen sollte.

   Aber statt einmal in meinem Leben vernünftig zu sein, hatte ich ihn mit seinem besten Freund betrogen. Und dann sollte mir Fynn noch einmal sagen, ich sei keine Schlampe. Ich schluckte als ich die Hand vor meinen Augen bemerkte und blinzelte Fynn verwirrt an.

   »Ich dacht schon du bist zu Stein geworden.«, scherzte er.

   Ich lachte nicht. »Kann ich mich hier umziehen?«

   Er nickte und sah etwas beschämt zu Boden. »Ja, klar. Willst du einen Kaffee?«

   »Ja, bitte.«, ich stockte. »Warte – Wie spät ist es?«

   »Gleich zehn.«

   »Fuck.«

   »Fuck?«

   »Shit!«, ich lief aus dem Badezimmer, riss Fynns Apartmenttür auf und hastete zu mir rüber, eher mir einfiel, dass ich meinen Schlüssel nicht bei mir hatte. Mit meinem BH und dem Shirt in den Händen joggte ich zurück zu Fynns Wohnung und ließ meine Klamotten achtlos auf den Boden fallen.

   »Was ist los?«

   »Du meinst außer der Tatsache, dass wir miteinander geschlafen haben?«

   Er sah mich mit zusammen gepressten Lippen an. Ich suchte währenddessen nach meiner Tasche. »Ich glaube die liegt in meinem Schlafzimmer.«, sagte Fynn. Ich sah ihn einen Moment unverständlich an. Wie konnte er erraten, wonach ich suchte? Ohne mir weiter den Kopf darüber zu zerbrechen, hastete ich in sein Schlafzimmer, fand dort auf dem Boden meine Tasche und lief zurück zu der Eingangstür.

   »Du musst mich gleich zur Arbeit fahren!«, rief ich über meine Schulter, hob meine Klamotten wieder vom Boden und lief zu mir ins Apartment um mich in Höchstgeschwindigkeit fertig zu machen.

Friends in a roundabout wayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt