Wer hätte gedacht, dass in mir, nach all den Jahren der Abtötung jeglicher Emotionen, doch noch Schuldgefühle auftauchen würden. Ich muss zugeben, ein wenig erstaunt war ich schon über die Situation. Teurer Whiskey schmeckte besser als gedacht.
Und ich wurde durch teuren Whiskey emotionaler als gedacht.
»Ich bin verwundert, dass du nicht Rotz und Wasser heulst.«
»Ich bin verwundert, dass du mich auf einen Drink einlädst obwohl ich im Grunde deine Freundschaft mit Dean zerstört habe.«, entgegnete ich verbittert.
»Es gehören immer zwei dazu.«
»Erstaunlich. Ich hatte der Schlampe die Schuld in die Schuhe geschoben.«
Fynns Blick ruhte einen Moment auf mir, dann sah er auf sein Glas hinunter und nippte an der bernsteinfarbenen Flüssigkeit. »Ich hätte nicht mitkommen sollen.«
»Ich hätte dich umbringen sollen als ich noch die Gelegenheit dazu hatte.«
»Du bist überaus freundlich, wenn es dir beschissen geht.«, bemerkte er. Ich nippte an meinem Glas.
»Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich ihn geliebt habe.«
»Wir sind keine zwölf mehr.«, entgegnete der blonde Junge und lehnte sich vor. Mit seinen Ellenbogen stützte er sich an den dunklen Tisch zwischen uns ab. »Liebe wird mehr mit der Zeit, sie ist nicht einfach so plötzlich da.«
»Du bist ja richtig poetisch.« Ich schnaubte.
»Meine Mutter steht auf Romantik.«
»Meine Eltern hatten Recht, war eigentlich klar.«, begann ich. »Ich hätte nicht von Zuhause weglaufen sollen.«
»Bist du ernsthaft einfach abgehauen?«
»Ich habe ein Jahr lang Geld gespart, habe mit ihnen Weihnachten verbracht, mich um meine Angelegenheiten gekümmert, mir eine Wohnung gefunden und einfach hergezogen.« Ich zuckte mit den Schultern.
»Ich glaube, mehr als fünfzig Prozent aller Frauen haben ihren Freund schon mal betrogen.«
»Statistiken aufzuzählen hilft nicht wirklich.«, murmelte ich. Es war gelogen, er gab sich Mühe mich aufzumuntern, obwohl es ihm wohl noch schlimmer ging.
»Mehr kann ich nicht, tut mir leid.«
»Es tut mir leid.« Er sah mich verwundert an. »Wäre ich nicht immer darum bemüht gewesen meiner Mutter eins auszuwischen, wäre es niemals zu meinem gewaltigem Alkoholproblem gekommen.«
»Ich kann es dir nicht übel nehmen, immerhin hab ich ein Alkoholproblem und bin Raucher.«
»Werdet ihr euch vertragen?«
»Kommt drauf an. Ich denke nicht, und nehme das jetzt nicht persönlich, dass Dean dich wirklich aufrichtig geliebt hat. Klar, er hat dich interessant gefunden, aber Dean ist kein größer Fan von Liebe.«
»Ich bezweifle, dass ich seine Einstellung zur Liebe in irgendeiner Hinsicht gebessert habe.«
Fynn zuckte mit den Schultern und lehnte sich wieder zurück. »Ist es jetzt üblich zwischen uns, während Depressionen teuren Whiskey zu trinken?«
»Busenfreundinnen essen eigentlich Eis und gucken kitschige Filme während eine von ihnen heult und die anderen versuchen sie zu trösten.«
»Die Busenfreundinnen-Variante klingt billiger.«
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Friends in a roundabout way
HumorSie ein typischer Fall von Ausreißerin mit großen Plänen. Er ein typischer Fall von Arschloch aus der Wohnung gegen über. Obwohl die Geschichte der beiden mit Zickereien weiblicherseits und vergeblichen Flirtversuchen männlicherseits begann, entw...