Date mit Batman

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Ich gehörte schon mein ganzes Leben zu den Leuten, die ohne Erinnerungen niemals irgendetwas an einem Tag schaffen würden. Und so war es wohl die Rettung des kompletten Abends, dass mein Handy eine Stunde vor meinem Wecker klingelte und mich daran erinnerte, dass ich mir gefälligst die Haare nachfärben solle.

   Und dann viel mir das Date mit Christian. Der beinahe-Batman-Barkeeper. Ich saß die nächsten zehn Minuten im Schneidersitz auf meinem Bett und hielt mein Gesicht in den Händen begraben. Sollte ich absagen? Moment, genauso gut hätte ich Fynn auch meine ewige Liebe zu ihm erklären können. Und ich war eine Niete darin Dinge nicht zu verlieren. Die Villa meiner Eltern bekam in einem Jahr durchschnittlich drei neue Schlösser verpasst, weil die scheinheilige Evelyn Rose ihren Schlüssel irgendwo liegen gelassen hatte. Meine Jungfräulichkeit hatte ich genauso plötzlich und beschämend verloren wie jeden einzelnen Haustürschlüssel und sogar mein Interesse an einer Beziehung war mit dem Wind verflogen.

   Nein, wenn ich etwas drauf hatte, dann war es die Fähigkeit alles zu verlieren. Dazu zählte mit Sicherheit auch der Drang aufzuspringen und Fynn zu überwältigen. Nackt.

   Die Stirn in Falten gelegt verließ ich mein Bett und machte mich auf den Weg in mein Badezimmer um dort nach den notwendigen Färbeprodukten zu suchen. Im Halbschlaf fand ich die noch geschlossene Dose gefüllt mit rötlicher Farbe und drehte sie auf. Ich hätte diese langweilige Prozedur des Färbens bereits gestern hinter mich bringen sollen.

   Müde und mit dunklen Augenringen mischte ich mir die Farbe zurecht und begann sie auf meinem Kopf zu verteilen.

   Was wenn das Verlangen nach Fynn doch keine Phase war? Dann würde Megan auf jeden Fall Recht behalten und mir vermutlich bis zum Ende meiner Tage berichten, wie richtig sie damals doch gelegen hatte. Aber noch schlimmer wäre dann, wenn Fynn und ich wirklich heiraten würden, und Kinder bekämen. Ich schauderte. Der Titel „Mutter" hatte noch einige Jahre Zeit, der sollte sich gar nicht so schnell blicken lassen, meinet wegen auch gar nicht.

Die nächsten sechzig Minuten hatte ich auf meiner Couch zusammen mit einem Psychologie-Lehrbuch verbracht. Wobei man nicht wirklich davon ausgehen konnte, dass ich gelernt hatte. Meine morgendlichen Gedanken wanderten zwischen Megans Meinung, Fynn und dem größten Problem der ganzen Sache: Mir selbst. Auf dem Collegeblock vor mir, auf dem eigentlich Notizen zu dem Text vor mir stehen sollten, hatte ich eine Pro und Contra-Liste erstellt. Eine weitere Macke meinerseits. Ich runzelte die Stirn und betrachtete den ersten Punkt auf der Pro-Seite. Du hattest Recht: Frauen und Männer können keine Freunde sein. Wie bescheuert. Die Stirn noch immer in Falten gelegt strich ich den Satz durch und kaute auf dem Ende meines Stiftes herum. Die Pro-Seite hielt sich mit, nun nur noch, drei jämmerlichen Punkten ziemlich weit unten, während mir unendlich Gründe einfielen, wieso ich das Date mit Fynn einfach vergessen sollte.

   Ich schloss das Lehrbuch, legte es auf den Boden neben der Couch und bettete mein Kopf auf meine verschränkte Arme. Beziehungen waren anstrengend, darüber nach zu denken, was das Richtige sei, war anstrengend. Pro und Contra-Listen waren hilfreich als ich am darüber nachdachte mir die Haare das erste Mal zu färben. Oder ob es sich lohnte den Unterricht sausen zu lassen. Aber nicht wenn man darüber nachdachte, ob der Nerv tötende Frauenheld-Nachbar ein geeignete Partner war. Und im Grunde, war er es nicht einmal. Fynn besaß, außer seinem guten Aussehen, nichts, von dem was ich an meinem Körper so liebte. Piercings und Tattoos. Und Fynn war Blond. Ich konnte mir gut vorstellen, dass seine Haare zur Sommerzeit fast weis wurden. Die Wahrheit war einfach, Fynn studierte Medizin und das war etwas, dass meine Eltern sich von meinem Partner wünschten. Und den Wünschen meiner Eltern nach zu gehen, war seit fast sieben Jahren etwas, gegen das ich mich mit jeder Faser meines Körpers wehrte.

Friends in a roundabout wayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt