Wie zu meiner persönlichen Demütigung wollte Lady Antoinette, dass ich bei den Vorbereitungen für die Hochzeit half. Ich ertrug ihren Anblick und ihre kalte Freude nicht.
„Ich habe versucht dich zu warnen, aber du hast nicht auf mich gehört.", sagte sie, während sie in das Brautkleid schlüpfte. Ich nickte und sprach kein Wort. Überhaupt hatte ich nichts mehr zu sagen. Ich schrieb meinem Vater lange Briefe und spielte Violine. In den letzten Monaten hatte ich kaum gespielt, weil mein Spiel immer mit Trauer verbunden gewesen war und ich keinen Grund dafür hatte, doch nun pflegte ich meine Trauer mit beständiger Sorgsamkeit.
Ich hätte ahnen müssen, dass es nicht so einfach sein würde. In einer gerechteren Welt hätte ich den Schmerz vergessen können, in dem ich jedes Mal floh, wenn ich drohte León zu begegnen. Doch dann kam Bastian auf das Schloss. Er sah mich traurig an. Es überraschte mich, weil er bei meinem letzten Besuch so guter Dinge war. Der neue Wein gedieh prächtig, die Preise für Brot waren besser geworden und generell schien ihre Lage besser zu sein.
„Ich würde nicht kommen, wenn es nicht so dringend wäre. Es geht um Lucille.", es war Bastians jüngste Tochter, ein aufgewecktes Kind, dass mich immer an mich selbst erinnerte.
„Was ist mit ihr?"
„Sie ist krank, sie hat hohes Fieber und ich kann mir keinen Arzt leisten.", er sah so verzweifelt aus und unglücklich. Es musste sehr schlecht um die Kleine stehen, er wäre sonst nicht zu mir gekommen, dass hätte sein Stolz nicht erlaubt.
„Ich werde sehe was ich tun kann.", natürlich musste ich dazu das Schloss verlassen, aber das schien mit immer noch gestattet. Graf Armande gab mir einige Essenzen für das Kind und ich brachte ihm und den anderen Essen. Der Geruch nach Essig und Meersalzlösung hing schwer in der Luft, er verfolgte mich bis in meine Träume. Lucille hatte eine Lungenentzündung und ich fürchtete mehrmals um ihr Leben.
Jede freie Minute verbrachte ich darauf Lucille gesund zu pflegen. Nach drei Tagen brach endlich das Fieber und sie war auf dem Weg der Besserung. Bastian dankte mir tausend Mal und sagte mir, dass er ewig in meiner Schuld stehen würde.
Doch ewig schien mit einem Mal sehr kurz zu werden. Es begann mit Schwindel und Müdigkeit. Doch ich schlief schlecht und konnte kaum essen. Ich mochte mir keine Gedanken, auch nicht als ich beim Aufräumen beinahe in Ohnmacht gefallen wäre. Doch es wollte einfach nicht besser werden, auch nicht als ich mich zum Essen zwang. Jeden Tag schien es noch schlimmer zu werden. Meine Glieder waren bleiern schwer und mein Schädel dröhnte. Der Atem wollte nur mehr stockend kommen und beinahe raubten mir die Treppen den Atem, dass ich stehen bleiben musste und verschnaufen.
Ich war krank, ich hatte mich bei Lucille angesteckt und nun wütete das Fieber gegen mein gebrochenes Herz. Am fünften Tag brach ich in Leóns Arbeitszimmer zusammen und wachte eine Weile nicht mehr auf. Die Erinnerungen an die nächste Zeit sind schwammig und Traum und Wirklichkeit sind vermischt.
Als León in sein Arbeitszimmer kam, grimmiger als je zuvor, lag ich wie tot auf dem Boden. Meine Wagen glühten und das Haar klebte schweißnass auf meiner Stirn und in meinem Nacken. Ich hörte seine Stimme, doch ich konnte nicht antworten. Seine Hand fühlte sich kalt auf meinem Gesicht an. Er hob mich hoch und brachte mich in sein Schlafzimmer. Albertine schnürte mir das Kleid auf, sie sah all meine Narben und strich mir sanft über den Rücken, als ich heftig zu husten begann. Kraftlos sank ich in die weichen Kissen.
Die Medizin, die bei Lucille so gut geholfen hatte, verfehlte an mir ihre Wirkung und ich musste mich heftig übergeben. Ich schaffte es kaum die Augen zu öffnen und mein Blick wollte sich nicht fokussieren.
Am zweiten Tag, als in der Nacht, mein Zustand noch schlimmer geworden war, wurde ein Arzt gerufen. Er gab mir Laudanum und ließ mich zur Ader. Ich ließ alles über mich ergehen. Manchmal hörte ich Stimme, ich glaubte León zu hören, doch es konnte auch ein Traum sein. Ich wankte zwischen den Welten. Einmal war ich beinahe klar und konnte beinahe die Lider heben, dann wieder erschien mir alles wie ein Traum, wie eine verzerrte Wirklichkeit. Wie damals als ich an meiner Verletzung beinahe gestorben wäre.
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The emptiness of a thousand seas
RomanceIsabelle liebt das Meer. Wenn sie könnte würde sie es niemals verlassen, doch der Wind dreht sich immer und sie muss die See, ihr Schiff und ihren Vater verlassen, um so die Schulden ihres Vater bezahlen zu können. Die Umstände sind gegen sie. Der...