Durch die große Fensterfront hat man einen uneingeschränkten Blick auf den Stephansplatz. Die Sonne steht tief, sie wird bald hinter dem Dom verschwinden. Im Stadtpark bei Wien-Mitte blühen bereits die ersten Kirschblüten. Wenn man vom Stephansplatz zu Fuß bis zum Bahnhof Wien-Mitte an der Landstraße läuft, statt die U3 zu nehmen, kommt man am Stadtpark vorbei. Ende März ist das Wetter schon angenehm mild, trotzdem wird es noch so früh dunkel.
Ich lasse meinen Blick über den belebten Platz schweifen.
Dann reißt mein Freund Mo mich aus den Gedanken.
Sein Blick ist auf den Metall Trolley fixiert, der neben ihm am Tisch steht.
»Wusstest du, dass der Qualitätsstandard für die Rollen unter Carry-On-Luggage Koffern bei 12 Kilometern liegt? Man kann das Ding 12 Kilometer hinter sich herziehen, bevor Materialverschleiß eintritt...«, sagt er halb in Gedanken, während er einen Cocktail mit Amaretto, Eiswürfeln und Kaffeearoma in der Hand hält.
»Also halten die Rollen einen Monat?«, antworte ich und überschlage kurz, wie viele Kilometer ich so einen Koffer wohl im Monat hinter mir herziehe. Natürlich weiß ich, dass die Rollen nicht nach 12 Kilometern kaputt gehen, sonst müsste ich mir ja ständig einen neuen Koffer kaufen, doch es überrascht mich trotzdem, dass die Hersteller von so einer geringen Nutzungsdauer ausgehen.
»Oder in meinem Fall eine Woche«, setzt Mo einen drauf.
»Gut, du hast gewonnen. Ich biete diesen Monat lediglich 5 Flüge...«
Ich gehe in Gedanken die letzten Flüge durch. Ich war in Hamburg, Warschau, Tallinn, Palma de Mallorca und jetzt zu Hause in Wien. Ich erinnere mich an die endlosen Gänge durch die Terminals in Wien-Schwechat, wenn man das Gefühl hat dieser Flughafen würde niemals enden. An den überschaubaren Helmut Schmidt Airport in Hamburg-Fuhlsbüttel, an den Frédéric Chopin Airport in Warschau und an den Flughafen Tallinn, wo ich draußen vor dem Flughafen fast erfroren bin, als ich auf die Straßenbahn wartete. Auf den horizontalen Rolltreppen, die man aus Flughäfen kennt, geht es mir zu langsam und so werde ich diesen kleinen Koffer sicherlich diesen Monat schon 12 Kilometer hinter mir hergezogen haben. Dafür macht er noch einen guten Job und aus Erfahrung weiß ich, dass die Qualitätsnorm vollkommener Schwachsinn ist, denn dieser Koffer hat sicherlich schon über 100 Kilometer drauf, die ich ihn über den Flughafenboden gezogen habe, ohne dass sich die Rollen großartig abgenutzt hätten.
»Ich habe diesen Monat...«, dann überlegte er. »Ich weiß es gar nicht, ich muss nachschauen...«, sagte er und kramte sein Handy raus.
Ich weiß jetzt schon, dass er das Spiel gewonnen hat. Denn Mo war alleine in dieser Woche drei Mal in Mexiko, in Budapest, Casablanca und jetzt in Wien, wo wir uns eigentlich nur kurz auf einen Cocktail treffen wollten, bevor er weiter muss.
Mo entsperrt sein Handy, mit dem Ziel die App zu öffnen, in die er akribisch all seine Flüge einträgt und die ihm am Ende des Jahres eine nette Meldung ausgibt, darüber wie viele Stunden er in der Luft war, wie viele Kilometer er hinter sich gebracht hat, wie viele Meilen er gesammelt hat. Ein typischer Schwanzvergleich, aber durchaus ein netter Zeitvertreib.
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Ein ausgesprochen dringendes Paket
Romance⚠️ Achtung: Enthält sehr explizite und detailliert beschriebene sexuelle Handlungen. Ich habe die Kapitel mit Sexszenen noch mal zusätzlich mit einem * gekennzeichnet. Wenn das nichts für dich ist, bitte nicht lesen. Danke :) ✅ Kurze Kapitel 🌶 Ka...