Kapitel 4

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Der Moment hielt nicht lang. Der Junge hatte sich schnell wieder gefasst und sprang fast schon auf, als er zu seinem Kleiderschrank ging. Er holte eine Boxershort, ein T-Shirt und eine Jogginghose raus.

„Hier, zieh das erstmal an." Er hielt mir die Sachen entgegen. „Du kannst dafür ins Bad gehen. Ich gebe dir auch noch ein Handtuch, damit du dich richtig abtrocknen kannst."

Ich fühlte mich noch etwas benebelt, doch nahm die Sachen und folgte ihm ins Badezimmer. Auf dem Weg überkam mich ein Schwindelanfall. Gerade bevor ich umkippte, konnte ich mich am Türrahmen anlehnen. Für den Moment reichte das, doch als der Junge sich umdrehte, um mir ein Handtuch zu reichen, war er es, der zuerst bemerkte, dass ich umkippte. Für einen Augenblick wusste ich nicht was geschah, bis ich mich wieder etwas besonnen hatte. Ich bemerkte, dass ich an seiner Brust lehnte, umschlossen von seinen starken Armen. Als ich aufsah, waren sich unsere Gesichter so nah, dass ich seinen heißen Atem auf meiner Haut spüren konnte.

„Scheint ja nicht so aus, als könntest du dich allein anziehen, oder wie siehst du das?" lachte der Junge und raubte mir bei dem Gedanken, auf was das hinaus laufen könnte, fast den Verstand.

„Ja, scheint wohl so... Du, sag mal..." beschämt senke ich meinen Kopf zur Seite, „ hast du vorhin eigentlich was gesehen?"
„Ehrlich gesagt, ja. Ist das schlimm?" er hörte sich bei seiner Antwort besorgt an, so als hätte er Angst etwas falsch gemacht zu haben. Während ich ihm antworte weiche ich weiter seinem Blick aus.

„Nein, denn... naja, wenn du eh schon alles gesehen hast, könntest du mir doch beim Anziehen helfen..." unsicher sehe ich ihn nun an und warte auf seine Antwort. Es scheint mir eine Ewigkeit zu vergehen, in der er mich einfach nur ansieht.

Je länger ich an seiner Brust stehe, desto mehr habe ich das verlangen ihn zu küssen und ich habe beinahe das Gefühle verrückt zu werden. Immer wieder wandert mein Blick über sein schönes südländisches Gesicht, zu seinen Lippen und dann wieder zu seinen unglaublichen Augen. Ich weiß gar nicht mehr, wonach ich mich mehr sehne. Danach mich in seinen Augen zu verlieren oder danach meinem Verlangen endlich nachzugeben. Als er endlich antwortet bemerke ich, wie nah wie uns gekommen sind. Seine Hände liegen mittlerweile auf meiner Hüfte und unsere Lippen sind nur noch einen Hauch weit entfernt. Seine Hände streicheln sanft aber bestimmt über den Stoff meines Bademantels und ein Kribbeln weitet sich in meinem Körper aus.

„Vielleicht sollte ich dich vorher noch ein wenig... untersuchen, nur zur Sicherheit."
In seiner Stimme liegt ein gewisses Verlangen, als er mir die Worte zuraunt und das Kribbeln in meinem Körper wird immer stärker. Noch nie zuvor hatte ich so ein starkes Verlangen nach etwas, wie nach diesem Jungen. Ich konnte plötzlich an nichts anderes mehr denken, als an ihn.

Langsam ließ ich meine Hände über seine Brust nach oben zu seinem Kopf wandern und zog ihn sanft näher, um den letzten Zentimeter, der uns noch trennte, zu überwinden.

Als sich unsere Lippen berührten, schoss ein angenehmer lustvoller Schauer durch meinen Körper. Ich fuhr dem Jungen durch seine lockigen braunen Haare und strichelte seine Wange, während wir uns weiter voller Leidenschaft küssten. Dann löste er sich sanft von meinen Lippen und hinterließ eine Spur heißer Küsse auf dem Weg zu meiner Schulter. Jede Berührung von ihm schien mir so unglaublich intensiv, dass es mir fast wie ein Traum erschien.

Langsam streichelnd wanderten seine Hände nach oben und streiften meinen Bademantel ab. Mein ganzer Körper kribbelte und ich konnte es kaum abwarten, was noch geschah.

Doch plötzlich hielt er Inne. Entgeistert sah er mir über die Schulter auf meinen Rücken. Er drehte mich, schneller als mir lieb war, um und strich vorsichtig über mein linkes Schulterblatt. Erst jetzt bemerkte ich den ungeheuren Schmerz, der von meinem Rücken ausging. Kaum war ich mir des Scherzes bewusst, schien er unaushaltbar zu werden.

„Dieser Mistkerl! Du solltest zu einem Arzt! Komm ich helfe dir beim Anziehen."

Ich konnte plötzlich nichts mehr sagen. Ich ließ mich von dem Jungen anziehen und aus der Wohnung führen. Mein Ex war weg und auch Polizisten waren nirgends zu sehen, als wir das Haus verließen. Der Junge brachte mich in das nahegelegene Krankenhaus, wo ich medizinisch versorgt und wegen einer Gehirnerschütterung für eine Nacht aufgenommen wurde.

Der Junge von nebenan war nach Hause gegangen. Ich hatte ihn an dem Tag nicht mehr gesehen, doch eine Schwester hatte mir am Abend erzählt, dass er noch einmal da war, um meine Krankenkassenkarte vorbeizubringen und sich nach mir zu erkundigen. Es dauerte an diesem Abend lange, bis ich endlich einschlafen konnte und immer wieder fragte ich mich, wie es wohl mit uns weiter gehen würde.

Die von nebenanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt