Kapitel 6

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Als ich am nächsten Morgen aufwachte, sprang ich sofort unter die Dusche. Das Wasser, das Shampoo und Duschgel taten noch sehr an den Verletzungen vom Vortag weh, doch das störte mich nur wenig. Viel stärker war die Vorfreude auf den heutigen Tag.

Es war schon kurz nach 10, als ich endlich fertig war. Langsam wurde ich etwas nervös, denn ich hatte noch keinen einzigen Ton aus dem Zimmer des Jungen gehört. Die Wand zwischen unseren Zimmern ist so dünn, dass man fast schon miteinander sprechen kann. Fast jeden Tag bekomme ich mit, wie er aufsteht oder was er tut, doch heute ist das Zimmer wie ausgestorben.

„Vielleicht schläft er einfach aus und möchte sich erst nachmittags treffen…“
Stunden vergingen. Bei jedem Geräusch aus dem Hausflur, sprang ich auf und linste durch den Türspion, doch er kam nicht.

„Gleich ist es 14 Uhr und in seinem Zimmer tut sich immer noch nichts… Vielleicht hat er mich einfach vergessen?“

Eine weiter Stunde verging und langsam gab ich die Hoffnung auf. Ich nahm mir ein Buch und fing an zu lesen. Keine Ahnung wie viel Zeit verging, doch endlich klingelte es. Sofort sprang ich auf und öffnet die Tür.

„Tut mir sehr leid, dass es so spät wurde. Können wir los?“ er schenkte mir ein freundliches Lächeln und alle meine Zweifel waren plötzlich, wie weggewischt.

„Ja klar!“ ich holt meine Jacke und zog mir meine Sneaker an, dann verschloss ich die Tür und wir gingen los.

Auf dem Weg zum Billiard-Center herrschte zwischen uns eine etwas unangenehme Stille, doch die verflog schnell, als wir endlich da waren.

„Du hast dich also für Billiard spielen entschieden?“

„Ja, ich hoffe du magst das.“ Verlegen senkte ich meinen Kopf, während wir das Gebäude betraten.

„Ob ich das mag? Ich liebe Billiard spielen!“ sein erfreutes Lachen ließ meine Unsicherheit verschwinden und trieb mir ebenfalls ein Lächeln ins Gesicht.

„Dann haben wir ja schon unsere erste Gemeinsamkeit gefunden. Aber ich muss dich warnen! Ich spiele zwar gern, aber nicht besonders gut.“ Ich Lache und betrete das Billiard-Center.

Am Tresen bestelle ich einen Spieltisch für zwei und für jeden eine Spezi. Wir spielen fast 5 Stunden und haben viel Spaß, bis ein Mitarbeiter zu uns kommt.

„Entschuldigung, aber wir schließen in Kürze. Bitte beenden Sie ihr Spiel und bezahlen.“

„Geht klar.“ Der Junge holt sein Portemonnaie raus und dreht sich Richtung Tresen.

„Warte! Willst du etwa bezahlen?“

„Ja. So macht das ein Gentleman beim ersten Date.“ Ohne eine Antwort abzuwarten dreht er sich lächelnd um und geht bezahlen. Es dauerte einen Moment, bis ich begriff, was er da gerade gesagt hatte.

>Ein Date? Ich dachte, es wäre nur ein Treffen unter Bekannten… Heißt das jetzt er mag mich?<

Ich merke, wie mir bei dem Gedanken ganz warm wird und räume schnell die Kugeln auf, bevor ich dem Jungen hinterher gehe. Als ich bei ihm ankomme hat er schon alles bezahlt. Wieder breitet sich Stille aus.

Als wir im Bus saßen breche ich das Schweigen.

„Danke, dass du eben bezahlt hast aber eigentlich wollte ich dich einladen, als Dankeschön für gestern. Du hast mich echt gerettet und ich habe das Gefühl, dir etwas schuldig zu sein…“

Wieder senke ich meinen Kopf, während er mich ein paar Sekunden schweigend ansieht.

„Wegen gestern? Denkst du etwa ich…“ er stockt und scheint kurz zu überlegen. Dann dreht er meinen Kopf sanft zu sich und sieht mir tief in die Augen. „Schon gut. Du musst dir darüber keine Gedanken machen. Ich helfe gern, wo ich kann. Vor allem dir.“ Wieder lächelt er und wieder kommt diese Gefühl in mir hoch, dass ich nur bei ihm habe. Ich fühle mich geborgen. Sogar mehr als das. Ich fühle, dass ich genau hier her gehöre. An seine Seite.

Die von nebenanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt