32. Kapitel

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Take the risk
or lose the chance.

~ Unbekannt

Hell und bläulich schimmerte das Licht, welches durch seine Vorhänge drang, erhellte draußen die Stadt und ließ dort den weißen Schnee geradezu leuchten, als er sich begann umzuziehen, um zu den anderen zu laufen, welche in der Nebenkammer eines kleineren Saales wie Stunden zuvor auf ihn warteten.
Seufzend fuhr er sich durch die Haare und band den Umhang enger um seinen Körper, ehe er zu seiner Tür lief und in den Gang schritt. Langsam und auf leisen Sohlen erklomm er eine Treppe, während er die nächste wieder nach unten lief und sich immer wieder umsah.
Unwohlsein machte sich in seinen Gliedern breit, als Blace einen länglichen Schatten rechts von sich erblickte und kurz stockte. Fast hätte er sein Schwert gezogen, wären es nicht silberne warme Iriden gewesen, welche ihm im Schein des Mondes, das durch die Fenster fiel, regelrecht entgegen strahlten.
Lächelnd kam der General näher, blickte sich noch einmal kurz um und zog Blace sodann in eine kurze Umarmung.
"Bist du bereit?"
Was für eine Frage, dem Halbgott brannte es in den Fingern zu suchen, die Blume zu finden und darauffolgend den Verräter zu entlarven, lediglich ein dunkles und flaues Gefühl in seinem Magen, welches ihm vorhersagte, dass wahrscheinlich nichts so einfach werden würde wie gedacht, milderte seinen Enthusiasmus, weshalb er Gwyn nur leicht zunicken konnte und dann kurz trocken schluckte.
"Wir schaffen das, okay? Verliere die Hoffnung nicht! Wir sind ein Team, das waren wir schon immer, wir lösen das Rätsel und dann wird alles wieder gut!", sprach der Braunhaarige nach Blaces Reaktion seine Gedanken aus und seufzte dann.

Wo der General dort stand und vor Euphorie strotzte, war dem Halbgott trotz allem klar, dass der Schein trügte. Gwyn war nicht die Ruhe selbst, auch er hegte ein dumpfes Gefühl der Vorahnung in seinem Inneren und wurde von Wellen der Unsicherheit immer wieder ins Hier und Jetzt gezogen, während sein Kopf nach und nach aufs Neue Szenen in seinem Kopf abspielte, in welchen sie alle den Verräter entlarvten.
"Wir müssen es einfach schaffen!", sprach er sich nun selbst Mut zu und nahm dann Blaces Hand in seine, welcher ihm nur leicht zulächelte und dann kurz nickte.
Gemeinsam liefen sie die Gänge entlang, bogen bei den nächsten Abzweigungen ab und kamen schlussendlich vor dem kleinen Raum an, wo sie sich mit dem Rest des Teams treffen wollten.
Flink klopfte Blace an, wartete kurz und vollendete sein Klopfzeichen, ehe sie schnell in den Raum traten und die Tür hinter sich verschlossen.
"Da seid ihr ja!", Neno lächelte sanft und zog ihren Umhang enger um sich, um ihren Körper vor der kühlen Luft im Raum zu schützen.

Gwyn nickte nur knapp: "Jetzt wo wir vollzählig sind, würde ich gerne vorschlagen, dass wir uns von Innen nach Außen vorarbeiten und uns heute lediglich auf die zwei Innenhöfe und den äußeren Schlossgarten konzentrieren, allein damit sollten wir die ganze Nacht beschäftigt sein!"
Melionda, welcher in einer Ecke des Raumes stand und Luniper immer wieder beobachtete seufzte kurz: "Wir sollten uns aufteilen. Drei von uns können die Innenhöfe durchsuchen, während zwei andere sich den Schlossgarten vornehmen!"
"Dann suchen Blace und ich im letzteren Bereich und ihr drei nehmt euch die Höfe vor, wenn das in Ordnung wäre und euch so passt. Es sei denn jemand hat einen anderen Vorschlag?", fragend blickte der General in die Runde, wobei sein Blick an Luniper hängen blieb, "Alles gut?"
Müde nickte der kleinere sonst so aufgeweckte Krieger und strich sich einige der weißen Strähnen hinter die Ohren: "Nur ein wenig müde...aber alles gut!"
Von der Seite betrachtete Melionda seinen jahrelangen Freund ging ein wenig auf ihn zu, ehe er ihn sanft umarmte und mit zusammengebissenen Zähnen zu Gwyn blickte: "Er hat Alpträume...die Heiler haben ihm bereits etwas gegeben, aber es hilft nicht...nicht mal meine Nähe bringt Nachts etwas!"
Luniper hob nach den Worten des Blondhaarigen den Kopf und sah mit einem liebevollen Blick nach oben: "Es ist aber nicht deine Schuld!"
Nickend kaute sich Melionda daraufhin auf der Lippe herum und strich sanft durch die weißen Haare seines Gegenübers: "Dennoch...Wollen wir los?"
Blace, welcher die ganze Zeit nur still neben Gwyn gestanden hatte wiegte den Kopf auf und ab: "Dann suchen wir mal diese Scryp!"

Seufzend lief der Halbgott einige Augenblicke später mit dem General durch die Flure, ehe sie das Hauptgebäude der Garde hinter sich ließen und über eine kleine Straße in Richtung des Schlossgartens schritten.
Weißer Schnee bedeckte den Boden, glänzte im Schein des Mondes wie tausende kleine Diamanten und tauchte die Nacht in eine angenehm kühle Atmosphäre.
"Wir haben gar kein Zeichen ausgemacht, wenn jemand von uns die Blume entdeckt hat!", bemerkte Blace und duckte sich unter dem viel zu niedrigen Torbogen, ehe er am Rand des Gartens stand und die Pracht der noch immer geöffneten Blumenknospen bestaunte.
Gwyn lächelte leicht und trat hinter dem Halbgott ein: "Neno oder ich werden einen Magiestrahl in die Höhe schicken, das haben wir bereits gestern ausgemacht, nachdem du fort warst."
Kurz nickte der Schwarzhaarige und seufzte dann leise, während sich seine Finger zu einer lila schimmernden Blume bewegten, deren Blütenblätter von einer dünnen Schicht Schnee bedeckt waren: "Kaum zu glauben, dass dieser Garten nur durch die Magie der Hofmagier existiert, andernfalls würde hier nichts wachsen."
"Und eine kleine blaue Blume fällt unter der Menge der Blüten ebenfalls nicht auf!", auf die Lippe beißend legte Gwyn seine rechte Hand auf seinen Schwertknauf und bahnte sich dann einen Weg durch den bunten Garten, darauf bedacht keine Pflanze zu verletzen.
Auch Blace schritt weiter in die Idylle aus Blüten und Blättern und betrachtete das Farbenmeer, während er unter all den Blumen nach der Scryp Ausschau hielt. Kurz blieb sein Blick an einer bläulichen Lilie hängen, ehe er resigniert den Kopf schüttelte und sich zu einem Rosenbusch wandte dessen tiefsitzende Blätter den halben Boden bedeckte und somit genug Platz bot, um eine kleinere Blüte zu verstecken, doch auch als sich Blace bückte, das Grün anhob und darunter sah, fand er keine Spur der Scryp.
"Ich sage es wirklich nur ungern, aber hier drüben ist nichts!"
"Bei mir ebenso wenig...", vernahm der Junge sogleich die Antwort seines Kameraden, "Wir sollten die anderen suchen und sie fragen, vielleicht können wir ihnen doch noch irgendwie helfen."
"Ja, vielleicht...", seufzend erhob sich Blace strich über seine Hose und drehte sich noch einmal kurz um die eigene Achse, ehe er mit Gwyn gemeinsam den Garten verließ und innerlich darauf hoffte, dass die Anderen wenigstens einen Anhaltspunkt gefunden hatten.
Was sollten sie denn auch sonst tun? Sie konnten doch nur suchen. Suchen und darauf hoffen, etwas zu finden. Etwas, was ihnen weiter helfen würde und sie näher ans Ziel ihrer Lösung brachte, andernfalls wären alle bisherigen Mühen umsonst gewesen.

Kurz fröstelte es den jüngeren Krieger, als er und Gwyn die Gasse passierten, welche zurück ins Innere des Gebäudes führte und auf direkten Weg zu den Höfen lag.
"Warte!", schnell löste der Braunhaarige den Knoten seines Umhangs und legte den hellblauen Stoff um die schmalen Schultern des Kleineren, ehe er ihm liebevoll zulächelte, "Ich weiß...es ist schwierig. Ich würde auch lieber jetzt mit dir in einem Raum sein und über das Chaos meiner Gedanken sprechen, aber...der Verräter..."
Blace unterbrach sein Gegenüber indem er seine Hände vorsichtig auf die von Gwyn legte: "Der Verräter hat oberste Priorität...ich weiß! Und deshalb bin ich dir nicht böse, das mit uns...es fällt mir zwar schwer, weil mein Kopf voll damit ist aber...es muss hinten anstehen."
Traurig nickte der General, bevor er seinen Kopf sachte nach unten lehnte und seine Lippen auf Blaces Stirn trafen: "Nicht mehr lang, das schwöre ich dir mein kleiner Halbgott!"
Ein leichtes Lächeln bildete sich daraufhin auf dem Gesicht des Schwarzhaarigen, ehe sein Haupt langsam auf und ab ging und er mit Gwyn weiter durch den Gang lief. Direkt vor ihnen befand sich die Tür zum kleineren Trainingshof, doch noch bevor sie diese öffnen konnten traten ihnen ihre Kameraden entgegen. Ihre langen und niedergeschlagenen Gesichter ließen nur schwer erahnen, dass ihre Suche ebenfalls erfolglos war, dennoch schüttelte Luniper den Kopf, um diese Tatsache zu unterstreichen: "Nichts, in beiden Höfen, keine Spur. Nichts was darauf hindeutet, dass dort je eine Scryp war."
"Im äußeren Schlossgarten haben wir auch nichts gefunden. Bleiben noch der große Innenhof und der direkte Garten, bevor wir uns in die Stadt wagen müssen!", stellte Gwyn offen und fuhr sich durch die braunen Locken.
Neno nickte, wobei ihre langen blonden Haare im Takt nach vorne wippten und ihre blauen Augen verdeckten.
Seufzend fuhr sich der General durch die Haare und blickte dann nach oben in den Nachthimmel, an welchem sich erneut Wolken sammelte und das Licht des Mondes dimmten: "Wir machen für heute Schluss. Ruht euch heute Nacht gut aus, morgen Abend suchen wir weiter bis dahin aber, erwarte ich euch zur Mittagsstunde am Trainingshof. Ich will auf einen Angriff vorbereitet sein!"

Mit dem Herzen eines Engels (boyxboy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt