5 Dienstag

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Nach einem verlängerten Wochenende der Ruhe und Erholung fühlte sich Ida am Montag etwas besser. Die Wunden schmerzten inzwischen sehr viel weniger. Trotzdem musste sie sich zum Lauftraining überwinden. Sie stand nicht gerne früh auf, schon gar nicht mit der Aussieht, draußen in der Kälte herumzulaufen, nur um sich zu trainieren, nicht um irgendwo hinzukommen. Zu allem Überfluss hatte es über Nacht geschneit. Das bedeutete, dass Ida zunächst den Gehweg von dem Weiß befreien und Sand streuen musste, bevor sie mit dem Joggen anfangen konnte. Das nahm fast zwanzig Minuten in Anspruch. Im Nachhinein betrachtete, fand Ida, dass Schneeschippen auch als Training gelten konnte.

Bis zur letzten Minute schob Ida es vor sich her, Nina zu sagen, dass sie sich an diesem Dienstag nicht treffen konnten. Sie sagte es ihr erst als der Tag bereits heran war und die letzte Unterrichtsstunde beendet. Nina reagierte wie erwartete, verärgert. Das wurde noch die Ermangelung einer vernünftigen Ausrede noch verschlimmert. Nina dachte, Ida hätte einfach keine Lust etwas mit ihr zu unternehmen oder einen heimlichen Freund. Ida fand die Vorwürfe lächerlich, was sie ihrer Freundin auch sagte. Diese würde daraufhin noch wütender. Das Gespräch endete in Beschimpfungen und Idas Lust auf das abendliche Treffen, die sowieso nie sehr hoch gewesen war, verging gänzlich.

Ida kam als Letzte zum Treffpunkt. Vor dem Haupthaus standen bereits zehn weitere Jugendliche. Obwohl neben der Eingangstür zwei gelbliche Öllampen angebracht waren, ließen sich die Gesichter schwer ausmachen. Dennoch erkannte Ida Maja. Die beiden Mädchen begrüßten sich kurz. Eine weitere Unterhaltung wurde durch das Öffnen der Tür verhindert.

Ein dicklicher Mann trat hinaus. „Warum steht ihr draußen in der Kälte? Kommt rein." Er machte eine einladende Handbewegung bevor er schnell wieder im Gebäude verschwand. Er führte sie zu einem gemütlichen Zimmer, das bis auf die grüne Tafel nicht wie ein Unterrichtsraum aussah. Verschiedene Sitzmöbel, bequeme Stühle, Sessel und Hocker reihten sich um eckige Tischchen. Mehrere kleine Deckenlichter erhellten den Raum. Der Mann ließ sich in einen Lehnstuhl vor der Tafel fallen bevor er die Jüngeren aufforderte ebenfalls Platz zu nehmen. Ida fand sich zwischen Maja und einem dunkelhäutigen Jungen wieder, der unablässig auf etwas herumkaute.

„Schön, dass ihr alle gekommen seid. Mein Name ist Gerry. Ich bin ein ehemaliger Ritter und für heute Abend und vielleicht auch noch für andere Abende, euer Lehrer."

Ida hatte sich schon gewundert wie er mit seiner Körperfülle Ritter sein konnte, wo doch auf Kondition und Körperbau offenbar so viel Wert gelegt wurde. Das Ergebnis von aufgegebenem Training und gutem Essen spannte sich unter einem blauen Flanellhemd. Gerry wies freundliche Gesichtszüge auf. Sein Antlitz hatte viele kleine Lachfältchen. Seine braunen Augen betrachteten erfreut seine Schützlinge und die grauen Haare kräuselten sich in wilden Locken.

Ida fand es ermutigend, dass es Ritter im Ruhestand gab. Das bedeutete, dass man nicht zwangsläufig als solcher im Kampf mit Drachen umkommen musste.

„Wir werden uns einem spannenden Thema zuwenden, den Drachen. Ihr dürft so viele Fragen stellen wie ihr wollt, sofern es die Zeit zulässt. Vorher aber bitte melden, sonst gibt es ein einziges durcheinander von Stimmen und ich kann auf gar nichts antworten." Gerry erhob sich, um das Wort Drachen an die Tafel zu schreiben.

Eine Hand schnellte in die Höhe. „Sollten wir nicht zuerst etwas über die Geschichte der Ritter lernen? Von der Reihenfolge her, müssten wir doch mit uns selbst beginnen und dann erst mit den Feinden weitermachen?"

„Wie ist dein Name?"

„Ernst."

„Nun, Ernst, dein Einwand ist berechtigt. Leider bin ich für Geschichte der Ritter und solches nicht der richtige Lehrer, da ich aber heute Abend damit dran bin auch etwas beizubringen, vertauschen wir die Reihenfolge etwas. Das dürfte kein so großes Problem sein."

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