𝐈𝐕; 𝐟𝐨𝐮𝐫

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Eleonora »Nora« Cullen

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Leise schleiche ich mich aus dem Haus meines Stiefvaters.

Heute ist mein erster Tag am College und ich darf auf keinen Fall zu spät kommen. Und was ich noch weniger darf, ist, erwischt zu werden, wie ich mich aus dem Haus schleiche und mich auf den Weg zur Universität mache. Denn mein Stiefvater hat total etwas dagegen, dass ich studiere. Und meine Mutter hat eher keine Meinung dazu.

Sie ist bestimmt sowieso nicht in der Lage eine eigene Meinung zu bilden, so high wie sie manchmal ist. Denn sie entspricht definitiv der Vorstellung eines Junkies. Und manchmal frage ich mich, wer von uns beiden neunzehn und wer fünfundvierzig ist. So benimmt sie sich manchmal. Außerdem kann ich mich kaum daran erinnern, dass sie jemals in den letzten fünf bis zehn Jahren die Mutterrolle übernommen hat. Sie war immer so high, dass ich alles alleine erledigen musste. Einkaufen, Kochen, Putzen, und so weiter.

Und mein Stiefvater hat da auch nicht wirklich viel dazu beigetragen. Eher hat er mein Leben noch mehr erschwert, als es sowieso schon war. Jeden Tag; jeden Abend war oder eher ist er betrunken und hat mich immer geschlagen, wenn ich einen Fehler begannen habe. Dabei wollte ich ihn immer nur ins Bett bringen. Aber kaum habe ich einen falschen Schritt betätigt, kamen die Schläge. Am Anfang, als ich das erste Mal geschlagen wurde, war ich dreizehn Jahre alt. Damals war es noch nicht so schlimm wie jetzt. Jetzt schlägt und beleidigt er einen schon ohne triftigen Grund. Und dabei weiß ich noch nicht einmal, warum er das macht. Was sein Zweck dahinter ist. Oder ob es überhaupt einen gibt.

Das Einzige, das ich weiß, ist, dass er nichts davon hält, dass Frauen Rechte haben. Dass er eigentlich nur denkt, Frauen wären da, um Kinder zu bekommen, diese großzuziehen und den Haushalt zu machen. Er ist der Meinung, wir sollten uns nur zuhause aufhalten, bräuchten die Erlaubnis eines Mannes um verreisen, arbeiten oder studieren zu können. Das alles ist meiner Meinung nach extrem unnötig, weil jeder die gleichen Rechte verdient und niemand wegen seines Geschlechtes oder seiner Nation, Sprache und so weiter ausgeschlossen werden sollte. Letztendlich sind wir doch alle gleich. Wir sind Menschen die auf der gleichen Welt leben. Wir alle sind Individuen. Alle einzigartig und auf ihre eigene verdrehte Art und Weise besonders, aber das scheint hier niemanden zu interessieren.

Meine schwarzen Rasta-Locken wehen im Wind, der jetzt zu dieser Zeit durch den kleinen Vorort Londons weht, während ich auf dem Weg zum Bahnhof bin. Zum Glück hat er mich nicht bemerkt, wie ich das Haus verlassen habe. Denn wenn ja, dann kann ich mich schonmal auf einen schlimmen Abend einstellen.

Als ich nun endlich an der Oxford University nach einer viertelstündigen Zugfahrt und einem Fußweg von weiteren fünf Minuten ankomme, begebe ich mich sofort in meinen Hörsaal und setzte mich in die vorletzte Reihe, die bisher nur von zwei Mädchen und einem Jungen besetzt ist. Gerade als ich mich hinsetzten möchte, ramme ich mit meinem Bauch an die Tischkante vor mir und sofort verziehe ich schmerzerfüllt mein Gesicht. Diese Schmerzen sind so langsam echt unerträglich.

Mit einem immer noch schmerzerfüllten Gesichtsausdruck setzte ich mich nun und halte mir leicht den Bauch. Die Schmerzen sind wirklich schlimmer als gedacht. Aber das werde ich schon hinbekommen. So wie ich alles andere auch hinbekomme.

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broken souls | ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt