Gefährten?, wunderte sich der Junge. Was meinst du damit? Mira blickte ihn nachdenklich an. Jeder Drache hat einen Seelenverwandten Mensch, mit dem er in Gedanken reden kann. Die beiden nennt man Gefährten. Wenn sie sich einmal gefunden haben, bleiben sie für immer zusammen. Der Mensch ist der Reiter des Drachen, erklärte sie ihm umfassend.
Aha, machte er etwas ratlos und machte noch einen Versuch, sich aufzusetzen. Lass es lieber sein!, meinte Mira besorgt. Ach, das geht schon!, meinte er keuchend, bevor er kraftlos wieder auf sein Lager zurückfiel. Du solltest ein bisschen schlafen, meinte Mira. Später, sagte er knapp. Vorher muss ich wissen, wo ich bin. Die Drachin überlegte. Ich glaube, Menschen nennen dieses Land Finnland. Der Junge starrte sie einen Moment ungläubig an. W-wir sind in Finnland?, stotterte er. Das ist ja ein furchtbar langer Weg! Sie blickte ihn neugierig an. Wohin? Wohin ist es ein langer Weg?, fragte sie. Nach Deutschland. Dem Land, aus dem ich komme. Er seufzte. Ich muss unbedingt dorthin zurück. Auf diese Worte folgte eine Weile drückenden Schweigens. Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach. Mira fragte sich, wie das gehen sollte. Sie konnten ja nicht einfach ein Floß bauen, auf dem er dann lustig nach Hause schipperte.
Um das Schweigen zu brechen, erkundigte sich Mira schließlich: Sag mal, wie heißt du eigentlich? Überrascht blickte der Junge auf. Mein Name ist Bo, meinte er. Bo Darlon. Schöner Name, sagte Mira abwesend. So, jetzt wird aber geschlafen, damit du bald wieder fit bist, meinte sie dann und verließ die Höhle, damit er Ruhe hatte. Draußen vertrödelte sie ihre Zeit, fing ein paar Fische und bohrte mit ihren Krallen aus Langeweile Löcher in den Sand. Normalerweise hätte sie um diese Zeit Fliegend die Umgebung erkundet, aber sie hatte das Gefühl, die Höhle mit dem schlafenden Bo bewachen zu müssen.
Als es Abend wurde, kroch Mira wieder hinein, ließ sich mit einem Seufzer nieder und legte den Kopf auf die Vorderpranken. So viel war heute passiert, über das sie nachdenken musste, dass sie lange keinen Schlaf fand.
Am nächsten Morgen wachte sie spät auf. Als sie auf das Lager des Menschenjungen blickte, erschrak sie: Es war leer! Doch da kam er schon durch den Eingang herein. Guten Morgen, grüßte er etwas verlegen. Es war doch okay, dass ich mich ein bisschen umgeschaut habe? Mira gähnte und offenbarte dabei zwei Reihen nadelspitzer, weißer Zähne. Ja klar, ist in Ordnung. Wie geht es dir? Die Wunde auf seiner Stirn war fast schon verheilt, und auch sonst sah er schon viel kräftiger aus als gestern. Super, sagte Bo ohne großen Enthusiasmus. Mira sah ihn mitleidig an und ging dann an ihm vorbei aus der Höhle, um sich ein Frühstück zu fangen.
Draußen schlug ihr sofort der starke Geruch nach Mensch entgegen. Aber... Es war nicht nur Bos Geruch. Es war ein Wirrwarr verschiedenster menschlicher Ausdünstungen, und Mira drehte sich der Magen um. Es kam weiter aus dem Landinneren und war höchstens noch einen Kilometer entfernt. Das konnte nur eines bedeuten: Die Menschen kamen!
Mira hatte immer gehofft, dass das nie eintreten würde. Wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm hatte sie sich an diese Hoffnung geklammert: Das das ein Ort war, den sie niemals übernehmen, am besten sogar niemals entdecken würden. Nun wurde ihr klar, wie dumm das gewesen war; sie hätte sich lieber darauf vorbereiten sollen, jederzeit abfliegen zu können, als sich in Sicherheit zu wiegen.
Los, wir müssen hier weg!, rief sie Bo zu. Die Menschen kommen! Bo starrte sie an. Warum weg?, fragte er. Menschen sind doch gut! Mira schnaubte. Für dich vielleicht schon, aber mich jagen sie! Und wenn du mit ihnen gehst, kommst du wahrscheinlich nie wieder nach Hause!, frustriert schlug sie mit dem Schwanz auf den Boden. Was meinst du damit?, meinte er argwöhnisch. Wie soll ich wieder Heim kommen? Mira lächelte ein Drachenlächeln und kniete sich auf die Vorderbeine. Fliegend, sagte sie schelmisch. Ein aufgeregter Ausdruck huschte über Bos Gesicht. Meinst du das ernst?, fragte er ungläubig. Ja, natürlich!, versicherte sie. Da steig Bo erst auf ihre Schulter und von dort auf ihren Rücken, direkt vor die Flügel. Mira breitete ihre Schwingen aus und zog noch einen Kreis am Himmel, um einen letzten Blick auf ihr ehemaliges Zuhause werfen zu können. Dann richtete sie sich nach Südosten und ließ die Heimat hinter sich, ungewiss, ob sie jemals zurückkehren können würde.
___________________________________________________________Geographische Richtungen sind nicht so meins, also entschuldigt bitte Fehler. Mathe kann ich auch nicht so gut, das heißt es ist nur geschätzt, wie lange sie bis nach Deutschland brauchen werden. Die Geschichte spielt im Mittelalter.
Viele Grüße
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Der letzte Drache
FantasyMira ist ein Drache. Der letzte ihrer Art. Sie lebt versteckt am Meer, in einer kleinen Höhle, und ernährt sich nur von Fischen. Bis eines Tages ein Menschenjunge angespült wird, der ihr Reiter ist, mit ihr in Gedanken reden kann und unbedingt wiede...