~ Kapitel 8 ~

0 0 0
                                    

Mit verschränkten Armen sah Eve zu den beiden Jungen herüber. Jungen - mit ihrem Alter verglichen waren beide noch Säuglinge. In all den Jahren hatte es niemand gewagt über sie zu lachen. Sie machte keine Witze. Sie war eine Kriegerin, die ihr Aussehen als einer ihrer vielen Waffen einsetzte. Wie gern sie auch bluten ließ und verstümmelte, waren ihre Taten gerecht. Zumindest in ihren Augen. Eve war bereit und ist schon immer bereit gewesen, alles zu unternehmen, um an ihre Ziele zu gelangen. Sie hatte Sylmare, so hieß das kümmerliche Mädchen offenbar, vielleicht ein wenig verletzt, sie aber nicht bloßgestellt. Benjamin und Christopher lachten darüber, verstanden nicht, wussten nicht, was es bedeutete in dieser Welt eine unverheiratete Frau zu sein.
Eve´s Blick schweifte in die Ferne. Ascal hatte ihr und der Königin in den letzten Jahrhunderten Bericht erstatten müssen, was in der Welt der Menschen geschah. Dort entwickelte sich alles weiter. Hier blieb alles stehen. Würde sie in einer Welt toleriert werden, in der Männer Männer und Frauen Frauen küssen und liebten?  Dort wurde so vieles angenommen, dass hier den Galgen bedeutete. Könnte man sie annehmen? Könnte sie dort ein Leben beginnen, wo es niemanden interessierte dass sie etwas komisch war.
Hier in Iqera durfte sie sich keine Schwäche erlauben. Sie hatte für ihren Platz hart gekämpft und durfte nicht nachlässig werden. Bei einem falschen Schritt würde ein ganzes Land über sie lachen. Ihr Cousin Draven - ihr schrecklicher Cousin - würde ihren Schmerz dann ausnutzen.

Er würde sie ... Er würde sie ...
Eve schüttelte sich bei dem Gedanken daran. Ihr Cousin war wahnsinnig. Er wollte sich Eve beweisen, ihr zeigen, dass er würdig war.
Eve ließ ihren Blick von dem Lager über das Blätterdach schweifen. Die Sterne ... Die Sterne- ohne mit der Wimper zu zucken schlug Eve ihre Faust in die Magengrube des Hauptmannes. Der sah von seinem Schwert, welches er gerade polierte, auf, folgte ihrem Blick. Die beiden schrien sich zwar regelmäßig an, jedoch waren Handgreiflichkeiten nie nötig gewesen. Wie eine Gestalt erhoben sich Eve und Ascal und zogen ihre Schwerter.
Es war nicht nur nachts. Nein, das hier war eine andere Dunkelheit.  Eine Dunkelheit die alles tötete. Auch Sylmare hatte aufgehört Christopher und Benjamin böse anzustarren. Als man ihr Dorf angegriffen hatte, war da die gleiche dunkle Leere gewesen. 
Ascal knurrte: »Und du hast nur die Rekruten dabei.«
Eve zwinkerte ihm frech zu: »Damit du einmal mehr den Helden spielen kannst.«
Für eine bissige Antwort war keine Zeit mehr, da griffen die Untoten schon an.

Untote - dieser Name war ihrer würdig. Keine Haut überzog noch das Fleisch der ehemaligen Menschen und Elaith. Manchmal ließ Draven nur zum Spaß ganze Dörfer abschlachten, aber meistens tötete er, um seine Armee zu vergrößern. Auf Tiere oder andere, die für ihn kämpften, gab er nicht viel. Nein, er hätte keine Anhänger für sich gewinnen können. Sein Krieg war egoistisch und arrogant. Er vertraute nur auf seine eigene gewonnene Macht und auf die Toten. Erst als er zu einer ernstzunehmenden Gefahr wurde, schlossen sich ihm einige an.

Mit einiger Mühe konnten sich einige Rekruten gegen die ersten Untoten verteidigen können. Zu zweit kämpften sie jeweils gegen einen Untoten. Eve und Ascal hingegen nahmen es gleich mit mehreren auf einmal auf. Sie alle hatten ein Ziel: die Gefangenen zu beschützen. Auch wenn sie jeden gefangen nehmen mussten, der durch das Land streunte und nichts mit sich anzufangen wusste, hieß das nicht sie den Tod zu überlassen. Die Gefangen – solange es keine Verbrecher waren – sollten unversehrt im grünen Palast der Königin ankommen.

Mit einer fast routinierten Bewegung parierte Ascal mit einem Schwert, das andere des Untoten und hackte mit seinem zweiten Schwert die Schwerthand des Untoten ab. Da das nicht ausreichte, um einen Untoten loszuwerden, konzentrierte er sich unterbewusst auf seine Magie. Auch wenn diese sich eher in der Verwandlung äußerte, wusste er damit umzugehen. Er ließ die Flammen des Lagerfeuers geschickt auf den Untoten vor ihm springen. Nur die wirkliche Zerstörung konnte einen Untoten den Frieden schenken. Was erst zu Asche und Staub zerfallen war, konnte nicht wiederbelebt werden.
In den ersten Jahren seiner Ausbildung hatte Ascal nur gelernt wie er ein Schwert zu führen hatte und wie er sich kontrolliert verwandeln konnte. Doch jetzt waren andere Zeiten angebrochen und seine Magie, die auch anderes beherrschen konnte, musste eingesetzt werden. So wird den Rekruten unter anderem als erstes gezeigt, wie sie das Feuer beherrschen können. Zwar brauchten sie dazu eine Feuerquelle, doch die ließ sich schnell errichten. Kaum war der erste Untote besiegt, folgten zwei neue. Diese waren um einiges geschickter, was das Kämpfen anging. Ascal konnte noch so viel Schlechtes über Eve´s Cousin sagen, jedoch hatte er Köpfchen. Er ließ zuerst die Schwachen antreten. Dadurch bekam man den Eindruck man wäre überlegen, nur um dann an den Stärkeren zu verzweifeln.

Annalen aus Eihpos: Was siehst du im Dunkeln?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt