Kapitel 3

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Nachdem ich seine Familie kennenlernte, hatten wir den Raum verlassen und er führte mich die Treppen nach oben. Ich stellte keine Fragen und folgte ihm schweigend, denn was würde es bringen mich jetzt noch zu wehren? Außerdem hatte er auch nicht die große Lust mit mir zu reden, denn er war sehr still. Es war komisch. Mir war äußerst bewusst, dass er nicht aufgedreht, sondern ein ruhiger Mensch war, aber trotzdem fehlte etwas. Er liebte es einen zu provozieren, da genau das seine Art war jemanden die Kontrolle dadurch verlieren zu lassen, doch er tat es nicht. Etwas stimmte überhaupt nicht mit Ace.

Vielleicht täuschte ich mich auch und vielleicht war er einfach nur schlecht gelaunt. Ich wusste es nicht und ehrlich gesagt, wollte ich mir nicht damit den Kopf zerbrechen. Meine Probleme reichten mir aus.

Vor einer Tür blieb er stehen und richtete den Blick auf mich, dabei sah er mich für einige Sekunden an, als ob er über etwas nachdachte. Fraglich schaute ich ihm entgegen, jedoch schüttelte er lediglich den Kopf und schien sich wieder zu sammeln. Er wirkte unkonzentriert, aber der richtige Ace kam schnell zurück, indem er zum Lächeln begann und die Tür öffnete, damit wir in das Zimmer reingehen konnten.

"Dein Schlafzimmer mit einem eigenen Badezimmer und einem Ankleideraum", präsentierte er mir alles.

"Mein Schlafzimmer", murmelte ich.

"Du kannst auch bei mir schlafen, wenn du es so gerne willst", schlug er vor und stand hinter mir.

"Ich meine, wir sind verheiratet", flüsterte er und ich konnte nicht glauben, wie schnell er so eklig wurde.

Ich holte tief Luft, um Ruhe zu bewahren und drehte mich anschließend zu ihm. Er stand genau vor mir und hatte ein Lächeln auf den Lippen, was ich ihm gerne aus dem Gesicht geschlagen hätte, aber ich beherrschte mich noch und blieb äußerst gefasst.

"Du bist sehr ruhig", stellte er fest.

"Ich bin ruhig, ja" nickte ich und lächelte auch.

"Für ein Mädchen, das den Mörder ihres Vaters geheiratet hat, bin ich viel zu ruhig, ja", stimmte ich ihm da zu, wobei sein Lächeln langsam verblasste.

"Warum bist du jetzt ruhig?", fragte ich lachend, aber er antwortete nicht und sah mich nicht an.

"Sag doch etwas", meinte ich, doch er schwieg.

"Rede", verlangte ich nun ausdruckslos und wurde innerlich immer wütender, bis die Geduld platzte.

"Rede!", brüllte ich aufgedreht und schlug ihn mit meinen Fäusten gegen die Brust, jedoch nichts.

"Rede! Rede! R-Rede", schrie ich wiederholt voller Wut und Hass, bis ich weinend zusammenbrach.

Ich ließ den Schmerz, der tief in mir drinnen saß raus und es wurde immer schlimmer. Unerträglich. Nichts beruhigte mich und als Ace mich berührte, drehte ich noch mehr durch und schubste ihn weg.

"Verschwinde!", befahl ich schreiend.

"Geh! Geh! Geh! G-Geh endlich! G-Geh", verlangte ich und schubste ihn so oft, bis er aus dem Zimmer draußen war und ich es somit absperren konnte.

"I-Ich hasse dich", weinte ich und rutschte mit dem Rücken an der Tür angelehnt auf den Boden runter.

"Ich hasse dich", flüsterte ich vor mich hin.

"Ich hasse m-mich", murmelte ich in meinen Tränen versunken und schlug den Kopf gegen die Tür an.

"Aria mach die Tür auf", ertönte seine Stimme von der anderen Seite, aber ich starrte nur ins Leere.

"Dir geht es gerade nicht gut", versuchte er es.

"Bitte", flehte er mich schon beinahe an.

"Mach die Tür auf, Schönheit", klang er langsam verzweifelt und ich schloss erschöpft die Augen.

Kein Ton verließ meine Lippen und ich saß ruhig auf dem Boden. Die Tränen liefen über meine Wangen, die kein Ende fanden, doch kein Laut kam aus mir raus. Meine Schreie verstummten, obwohl innerlich eine Bombe in mir explodierte. Ein Chaos herrschte tief in mir drinnen, aber äußerlich fehlte mir die Kraft zu alles. Als ob vor einigen Minuten nichts passiert wäre, blieb ich da und tat nichts. Ich hörte nicht und nahm nichts wahr. Alles schaltete sich aus und alle Gefühle waren plötzlich weg. Ich selbst verschwand.

Seit Tagen hatte ich alles in mich rein geworfen. Ich legte sie in eine Kiste und vergaß abzusperren. Die Kontrolle über meinen Gefühlen hatte ich deshalb verloren, aber es war vorbei. Die Kiste war endgültig geschlossen und die Emotionen waren jetzt weg.

Aus diesem Grund wischte ich meine Tränen von den Wangen und stand vorsichtig vom Boden auf. Meine Hand legte sich an die Klinke, bis ich die Tür öffnete und einen besorgten Ace vor mir erblickte.

Er atmete erleichtert aus und ich zog über dieses Verhalten die Augenbrauen zusammen. Das er so Angst, um mich hatte, war für mich komisch. Das Leben machte er mir zur Hölle, aber starb hier vor Besorgnis um mich. Das ergab für mich nicht Sinn. Länger wollte ich nicht hier rumstehen und ging ins Zimmer zurück. Ich setzte mich auf das Bett und beobachtete Ace, wie er ebenfalls herein tritt, dabei ließ er mich nicht aus den Augen. Für mich schien er etwas verwirrt zu sein, denn er schüttelte den Kopf darüber und lehnte sich still gegen die Wand.

"Was?", wollte ich schließlich wissen, da er nicht aufhörte mich die ganze Zeit lang anzustarren.

"Geht es dir gut?", hakte er nach.

Ich begann über diese Frage zu lächeln, denn das genau er sich fragte, wie es mir ging, war absurd. Vielleicht besaß er doch Gefühle in sich von dem keiner Bescheid wusste. Der Gedanke war witzig.

"Warum sollte es mir nicht gut gehen?", stellte ich ihm eine Gegenfrage, die er nicht beantwortete.

"Wenn du willst, kann ich Hope holen", meinte er stattdessen und ich schüttelte amüsiert den Kopf.

Er fand es nicht so lustig, denn seine Miene blieb kühl. Daher stand ich auf und näherte mich auf ihn zu, um vor ihm stehen zu bleiben. Regungslos sah er mich an und ich konnte nicht nachvollziehen, wo der Ace von vorhin verschwand. Dieser Junge hatte kein Hauch von Mitgefühl, also was sollte das? Ein kaltherziger Mörder war er nur und nichts weiteres.

"Falls du denkst, dass ich mich umbringe, dann keine Angst", versicherte ich ihm beruhigend.

"Tote können nämlich nicht ein zweites Mal sterben", flüsterte ich lächelnd und er schwieg.

Das HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt