KAPITEL SECHS

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ZWEI TAGE WAR ES HER, seitdem er durch Zufall den Prinz bei den Schleifmühlen getroffen hatte. Zwei Tage war es her, seitdem er erfahren hatte, dass er hinauf in den Palast musste—und das nicht nur, um Gebäck zu liefern, sondern um dort oben zu arbeiten und auch zu leben. Das hatte er am folgenden Tag von Namjoon erfahren. 

Namjoon. Der Kammerdiener hatte sich bei ihm entschuldigt und die Schuld gänzlich auf seine Schultern genommen. Er hatte Jeongguk erklärt, dass er versucht habe, ihn auch ohne den Befehl dazu zu bewegen, am Hof zu arbeiten. Er habe versucht, aus dem Befehl ein Angebot zu formen, damit Jeongguk sich ohne den Zwang dafür entschied. 

Das hatte er ihm erzählt. Und dennoch empfand Jeongguk nun Unsicherheit und fühlte sich zwiegespalten, als er am heutigen Tag Namjoon gegenüber saß. Er ging nicht soweit, als würde er behaupten, dass er Namjoon zuvor vertraut hatte und ihm nun misstraute, dafür kannte er ihn viel zu schlecht. Er hatte nur wenige Male mit ihm gesprochen. Dennoch warf das Verhalten für Jeongguk Fragen auf und auch Namjoons Erklärung wollte diese Unsicherheit nicht gänzlich vertreiben. 

Trotz allem wollte Jeongguk gegenüber des Kammerdieners keinen Groll hegen. Er mochte Namjoon. Er wollte wirklich daran glauben, dass er ihm damit keinen Schaden hatte zufügen wollen, doch dank Prinz Taehyungs erstaunlich milder Reaktion, schienen tatsächlich keine Konsequenzen für ihn in Anmarsch zu sein; abgesehen von der Tatsache, dass er nun wirklich am Hof arbeitete und lebte. Und genau dieser Tag war heute gekommen. Er hatte nicht mehr Zeit bekommen, um seine Familie auf seine Abwesenheit vorzubereiten, doch seine Eltern hatten seine Bedenken vom Tisch gefegt. 

»Mach dir um uns und die Bäckerei keine Sorgen, Jeongguk«, hatte seine Mutter zu ihm gesagt und ihm dabei geholfen, seine Sachen zusammen zu packen. Sein Vater hatte gar froh darüber gewirkt, dass er nun wirklich an den Hof ging—oder eher stolz. Er hatte zuvor sein Missfallen darüber ausgesprochen, dass Jeongguk das Angebot abgewiesen hatte und als sein vater anschließend erfuhr, dass es sogar eine Bitte des Prinzen gewesen war—Jeongguk hatte es nicht gewagt, seiner Familie zu gestehen, dass es weniger eine Bitte und mehr ein Befehl gewesen war—hatte sein Vater noch stolzer gewirkt. 

Dennoch hatte Jeongguks Herz geschmerzt, als er am Mittag aus dem Haus getreten war und sich von seiner Familie verabschiedet hatte. Auch wenn sie alle stolz auf ihn zu sein schienen, hatten seine Mutter und seine Schwester nicht die Trauer verbergen können, als er mit seinen Taschen hinaus getreten war und sie alle mit einer Umarmung verabschiedet hatte. Er wusste nicht, wie viel Gelegenheit er bekommen würde, hinab nach Taletia zu gehen und seine Familie zu besuchen—und auch Yoongi. Doch er hoffte, dass er hin und wieder die Zeit dafür finden würde—und die Erlaubnis bekam, um hinab in die Stadt zu gehen. Denn das war eine der Sachen, die er am gestrigen Tag von Namjoon erfahren hatte; niemand verließ den Hof, ohne vorher bei Mr. Choi—Namjons Vater und dem obersten Kammerherr—darum um Erlaubnis zu bitten. Jeongguk wusste nicht so recht, was er darüber denken sollte. Nur weil er am Hof arbeitete, war er doch dennoch noch ein freier Bürger Taletias, er sollte niemanden um Erlaubnis bitten müssen, um nach Hause zu kehren. 

ICEBORN | ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWo Geschichten leben. Entdecke jetzt