Emery
„Du kannst bei uns wohnen bleiben. Das weißt du."
„Ja, ich weiß."
„Mietfrei."
„Ich weiß."
„Solange du willst."
„Ich weiß."
Ally sieht mich fragend an und legt ihren Kopf schief, als denke sie, ich sei komplett übergeschnappt. Ich bin ihr auch mehr als dankbar – ihr und Aaron – für alles, was sie für mich getan haben. Beide haben mich bei sich aufgenommen, als ich nicht weiter wusste, haben mich unterstützt, wo sie nur konnten. Ich will ihnen jedoch nicht für immer auf der Tasche liegen. Ich bin jetzt 19 Jahre alt, gehe seit heute auf die Uni und will bestmöglich auf eigenen Beinen stehen. Hilfesuchend blicke ich zu Aaron, der die kleine Liara auf dem Arm hat. Seine Tochter gluckst leise vor sich hin, während sein Sohn Marlon sich an mein Bein klammert, als wolle auch er nicht, dass ich weggehe. Ich lächele ihn an, wuschele ihm durch sein blondes Haar und nehme ihn dann auf meinen Arm, als er seine nach mir ausstreckt.
„Schatz, lass sie! Du hast zwei Kindern, die du bemuttern kannst. Dieses musst du jetzt langsam ziehen lassen." Aaron sieht Ally liebevoll an. Ich fange an zu kichern und Ally sieht ihn mit einem bitterbösen Blick an.
„Ich habe immer noch drei Kinder. Ich zähle dich auch dazu." Dieses Mal lache ich laut auf und auch Aaron kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ich liebe die beiden von ganzem Herzen und ihre kleinen liebevollen Seitenhiebe werden mir fehlen, aber es wird Zeit für ein neues Kapitel.
Ich setze Marlon vorsichtig ab, der sofort zu seiner Mutter läuft und sich von ihr wieder hochheben lässt. Kleiner Faulpelz. Wenn es drauf ankommt und er ins Bett soll, dreht er immer komplett auf und rennt durch die Gegend, aber wenn er mal toben könnte, liegt er nur herum.
Aus Aarons Wagen hieve ich noch meinen letzten Koffer und stelle ihn neben mir ab. Mein Herz wird schwer, als ich an den bevorstehenden Abschied denke, aber eigentlich ist es Blödsinn. Ally und Aaron wohnen nur fünfzehn Minuten entfernt. Trotzdem habe ich sie nicht mehr tagtäglich um mich herum.
Ich räuspere mich und will mich gerade verabschieden, als Aaron über das ganze Gesicht anfängt zu strahlen und auch Ally lächelt freudig.
„Dwight, du alter Haudegen! Ewiger Student. Legende." Hinter mir ertönt ein tiefes Lachen, das mir eine Gänsehaut über den ganzen Körper jagt. Ich drehe mich herum und mir bleibt kurz das Herz stehen. Vor mir steht ein Hüne von Mann - wobei für mich mit 1,62 Meter nahezu jeder groß ist - mit einer Haut, die mich an Latte Macchiato erinnert und dunklem Haar, das zwar recht kurz ist, aber man trotzdem noch genügend lockiges Haar erkennt. Was mich aber am meisten fesselt ist nicht die Farbe seiner Haut oder sein Haar, sondern seine auffallend grünen Augen, die durch seine dunkle Haut betont werden. Mädels, ihr steht auf Jackson Avery aus Grey's Anatomy? Der Typ vor mir ist noch heißer!
„Aaron, alter Mann, König der Windeln", reißt mich seine Stimme und Aarons Lachen aus meinen Schwärmereien. „Was machst du denn hier? Vermisst du das Team? Ist nicht mehr dasselbe, seitdem du und Kayden nicht mehr dabei seid. Von früher geblieben sind nur Olli und ich." Aaron drückt den Typ namens Dwight an sich, wie es nur Männer machen und klopft ihm dann feste auf die Schulter.
„Das kann ich mir vorstellen. Ich bin hier um Emery an der Uni abzuliefern."
„DIE Emery?" Dwight dreht sich zu mir um und ich halte die Luft an. Seine Augen weiten sich kurz und er schaut mich einmal von oben nach unten und wieder hoch an. Ich weiß noch nicht, ob mir sein Blick gefällt, also ziehe ich herausfordernd die Augenbraue hoch und Dwight lächelt, ehe er zwinkert und mir dann die Hand entgegen streckt.
„Ja, DIE Emery." Aaron redet scheinbar über mich. Große Klasse.
Ich ergreife Dwights Hand und ich warte auf einen elektrischen Schlag, irgendwas, aber nichts passiert. Ich merke nur, dass sich seine große Hand warm um meine legt. Warm? Es sind 27 Grad heute. Vermutlich kommt mir heute alles warm vor. Ich ziehe meine Hand zurück und schüttele den Kopf.
„Dwight hat mit mir ein Jahr lang Football gespielt. Ich stand kurz vor dem Abschluss und er kam frisch an die Uni, daher haben wir noch gemeinsam gespielt", erklärt mir Aaron und wendet sich dann direkt an Dwight. „Ich habe gehört, dass schon einige NFL Teams die Hand nach dir ausstrecken."
Dwight lächelt. „Ja, mal sehen. Ich lasse es langsam angehen. Du kennst mich." Er dreht sich zu Ally um und umarmt nun auch endlich sie.
„Sorry, Ally. Ich habe mit euch echt überhaupt nicht gerechnet hier. Toll siehst du aus! Macht ihr demnächst nicht mal wieder ein Barbecue? Sag Carly, sie soll Nudelsalat machen." Jetzt schüttelt Ally den Kopf und lacht laut auf.
„Immer noch der alte Dwight. Du hast dich überhaupt nicht verändert."
„Klar, ich bin älter und heißer geworden, aber die Liebe zu Nudelsalat bleibt unverändert." Erneut zwinkert er und schaut dann plötzlich wieder mich an.
„Wenn du mal Hilfe brauchst, dich zurechtzufinden, dann melde dich. Ich kann dir einiges zeigen."
Einiges zeigen? Erneut hebe ich die Augenbraue und er grinst nur.
„Alles klar. War schön euch wieder gesehen zu haben. Denkt an das Barbecue." Er dreht sich um, um zu gehen, schaut dann aber noch mal über seine Schulter zu mir. „Emery." Dann joggt er in die Richtung eines großen Gebäudes, vermutlich eines der Wohnheime. Und ich habe noch immer Gänsehaut am ganzen Körper; trotz 27 Grad.
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Erzähl mir etwas, das ich schon weiß!
RomanceEmery braucht keinen Mann. Sie muss sich auf ihr Psychologiestudium konzentrieren und will für ihre neue Familie da sein, die sie vor drei Jahren bei sich aufgenommen hat. Das alles könnte ganz einfach sein, wäre da nicht Dwight McCoy. Der Footballe...