Klick, klick, klick. Eins hoch, dann da hinten runter. Ducken. Klick, klick, klick. Ausweichen, hochspringen, nur noch ein Stück weiter. Klick, klick, klick. Verdammt, wieso waren hier so viele von denen? Angreifen, ausweichen, ducken. Klick, klick, klick. Geschafft! Nur noch nach der Fahne greifen und... „Kenma!" Die Spielekonsole wurde ihm aus den Händen gerissen und ein wütendes Gesicht erschien stattdessen in seinem Blickfeld. „Essen! Jetzt!" Beleidigt zog er eine Schnute. Er war so dicht dran gewesen mit seinem Team zu gewinnen. Die leeren Hände, die immer noch in der Luft hingen, wurden gefüllt mit einem Teller voller Fleisch und Reisbällchen. Entsetzen breitete sich auf seinen Zügen aus. Das sollte er alles in sich reinstopfen? Flink huschte sein Blick über die Szenerie. Er stand auf einer Wiese voll mit Menschen, großen Menschen, viel größer als er selbst. Einige wenige Mädchen huschten hier und da zwischen den Tischen und Stühlen entlang, ansonsten waren nur männliche Wesen anwesend. Ihre verschiedenfarbige Kleidung legte nahe, dass sie Gruppen bildeten. Seine Augen schwenkten nach links. Neben ihm saß ein sehniger Schwarzhaariger, dessen Frisur quasi schrie ‚Ich habe es heute Morgen nicht rechtzeitig aus dem Bett geschafft, um mir die Haare zu richten'. Er trug ein schwarzes Oberteil und rote Shorts und war in ein angeregtes Gespräch vertieft. Sein Gegenüber schien einer anderen Gruppe anzugehören, denn er trug ein dunkelblaues T-Shirt, kombiniert mit weißen Shorts und seine Haare gingen von einem tiefdunklen Schwarz am Ansatz zu einem hellen Grau an den Spitzen über. Er hatte einen Arm um einen Schwarzhaarigen mit der gleichen Bekleidung gelegt und stützte sich auf der Schulter des Kleineren ab. Diesen schien das nicht weiter zu stören, denn er mümmelte desinteressiert an einem Reisbällchen. Die beiden Größeren diskutierten angeregt miteinander, während sie ein Fleischstück nach dem anderen in sich reinschaufelten. In den Augen der kleinen Gestalt neben ihnen blitzte es auf. Das war seine Chance. Vorsichtig rückte er etwas näher an das ungleiche Duo und platzierte flink den Haufen Gebratenes von seinem Teller auf den des Schwarzhaarigen. „Das ist deins, Kenma." Der Kleine zuckte zusammen und er ließ sich seine blonden Spitzen ins Gesicht fallen. Der schwarz-rot Bekleidete hatte das Gesicht immer noch dem Grauhaarigen zugewendet, doch sein Blick funkelte zur Seite. Wie machte er das nur? „Aber Kuroo", nuschelte er, „das kann ich doch nie im Leben aufessen." „Also wenn unser Puddingkopf es nicht will nehme ich... aua!" Der Grauhaarige mit den auffälligen Augenbrauchen hatte sich von seinem Teamkollegen getrennt und mit den Stäbchen nach dem Fleisch gegriffen, dafür jedoch sogleich einen heftigen Klaps auf die Finger bekommen. „Nichts da. Kenma hat heute Morgen schon so wenig gefrühstückt. Wenn er jetzt nicht mal was isst kippt er mir später noch um. Und du lässt es jetzt gefälligst zu versuchen mir deine verdammte Konsole aus der Tasche ziehen zu wollen!" Den letzten Satz hatte in Richtung des kleinen Zuspielers gefaucht, der sich an der Hosentasche seines Freundes zu schaffen gemacht hatte. Beleidigt blies dieser die Wangen auf, schnappte mit den Essstäbchen nach einem Stück Fleisch, schob es sich in den Mund und kaute lustlos darauf herum. „Besser... Mama?", seine Augen funkelten böse. Der Kapitän des Nekoma-Volleyballteams seufzte schwer während der Grauhaariger neben ihm losprustete. „Mama! Hast du das gehört Akaashi?" Der hübsche Schwarzhaarige hob nur eine Augenbraue, nickte knapp und widmete sich dann wieder seinem Reisbällchen. Die unterkühlte Reaktion seines Teamkollegen hielt das Ass der Fukurodani Oberschule nicht davon ab sich weiter über den neuen Spitznamen seines Freundes lustig zu machen. Dieser blickte mit in die Hüften gestemmten Händen besorgt auf den blond gefärbten Schopf vor ihm. Der Ansatz war schon ein ganzes Stück rausgewachsen und die von Natur aus schwarzen Haare seines Kindheitsfreundes waren gut zu sehen. Die Kombination sah tatsächlich aus wie ein Vanillepudding mit Schokosauce. Er musste grinsen. Kenma hatte eine wirklich seltsame Persönlichkeit. Er scheute normalerweise fremde Menschen, bis zu dem Punkt, als dass man ihn ohne weiteres als überaus schüchtern bezeichnen könnte. Zu viel Aufmerksamkeit war ihm ein absoluter Graus, doch dann brachte er so Aktionen, wie sich die Haare ohne triftigen Grund von schwarz zu blond zu färben. Die damit verbundenen Blicke seiner Schul- und Teamkameraden prallten jedoch wirkungslos an ihm ab. Er war wie eine Katze, die sich den lieben langen Tag auf der höchsten Ebene ihres Kratzbaums zusammenrollte, dann ihre fünf Minuten bekam, durch die Wohnung raste, um ihm Anschluss auf der Fensterbank zu sitzen, sich die Pfoten zu lecken und zu schauen, als ob sie sagen wollte ‚Ist was?'. Der Vergleich passte auch in Bezug auf seine persönlichen Beziehungen sehr gut. Anderen gegenüber verhielt sich der Kleinere distanziert und zurückhalten, doch hatte er jemanden als würdig empfunden ließ er jede Nähe zu, wie eine Katze, die Vertrauen zu ihrem Menschen gefasst hatte. Und Kuroo war dieser Mensch, zumindest einer von den wenigen. Erneut seufzte der große Mittelblocker, schnappte sich von einem der von ihren Managerinnen vorbeigetragenen Tabletts ein Stück Wassermelone und ersetzte es mit einer guten Menge Fleisch auf dem Teller des Zuspielers. „Iss wenigstens die Hälfte vom Fleisch und die Wassermelone. Und mindestens ein Reisbällchen!" Der Blonde legte den Kopf schief, schien einen Augenblick zu überlegen und nickte dann. Ein helles Quietschen ließ alle Umstehenden plötzlich zusammenzucken. „Kenmaaaaaa! Hast du die Maiskolben schon probiert? Die sind soooooo lecker!" Ein hellhaariger Wuschelkopf kam auf die Gruppe zugestürmt und stopfte dem Angesprochenen in einer Bewegung ein Stück Maiskolben in den Mund. Dieser keuchte erschrocken und hustete dann los. „Oh, sorry." Der jetzt Kleinste der Versammlung war schlitternd vor dem Spieler des anderen Teams zum Stehen gekommen und hatte den Kopf zur Seite geneigt. Der Zuspieler hustete noch ein paar Mal, bevor sich ein kleines Lächeln auf seine Züge schlich und er an dem Kolben zu knabbern begann. „Macht nichts Shoyo. Die schmecken wirklich gut." Der kleine Mittelblocker des Karasuno-Teams begann zu strahlen und fing ein, zugegebenermaßen sehr einseitiges, Gespräch an. Der große Schwarzhaarige schnaubte. So ging das natürlich auch. „Oh, oh, hat dir jemand deinen Verstand geklaut?" Das grauhaarige Ass linste hinter Akaashis Rücken hervor und grinste hämisch. „Kocht das Blut etwa?" Der Mittelblocker warf ihm vernichtende Blicke zu. „Klappe Bokuto! Ich bin froh, dass er was isst." Er wand sich von den beiden Spielern der Fukurodani ab und stapfte zu dem Tisch mit Getränken. Es war kein Geheimnis, dass Kuroo dem blonden Teamkollegen eine besondere Rolle zugesprochen hatte. Er hatte nicht nur eine sehr gute Technik als Zuspieler, er koordinierte auch das gesamte Team im Spiel. Dass er Kenma als Gehirn und die anderen Spieler, einschließlich sich selbst, als Blut bezeichnete sollte genau das ausdrücken. Aber das hatte Bokuto gerade nicht gemeint und das wusste er nur zu genau. Das Eulen-Gesicht machte sich nicht zum ersten Mal über ihre Beziehung lustig, die wie er zugeben musste, tatsächlich nicht ganz normal war. Auch wenn die Nähe zwischen ihnen durchaus darauf zurückzuführen war, dass sie sich seit früher Kindheit kannten und befreundet waren, würde in einer normalen Freundschaft sich wohl niemand wie eine überfürsorgliche Glucke benehmen. Dass er dies tat, war dem Schwarzhaarigen bewusst. Er konnte einfach nicht anders. Wenn er sah, wie der Kleinere den ganzen Tag nichts aß, stundenlang in einer gekrümmten Haltung vor seinem PC saß oder sich verlief, weil er nicht auf den Weg, sondern seine Konsole geachtet hatte, musste er einfach eingreifen. Dabei käme der Zuspieler auch ohne ihn zurecht, das Einzige, wobei er Hilfe benötigte waren Freundschaften. Kuroo war bis zur Oberschule sein einziger richtiger Freund gewesen und auch, wenn er eine deutlich bessere Beziehung zu den Mitgliedern des jetzigen Teams hatte als zu dem der Mittelschule, hätte er wohl auch keinen von ihnen als engen Freund bezeichnet. Doch vor Kurzem hatte sich etwas verändert. Die Karasuno-Oberschule hatte angefangen zu ihrer alten Form zurückzufinden und die Freundschaft mit den Tokioter Mannschaften wiederaufleben lassen. Und mit dieser neuen Trainingspartnerschaft war ein kleines, aber ziemlich hellstrahlendes Licht in Kenmas Leben getreten, Shoyo Hinata. Seit dem ersten Trainingsspiel hatte der Blonde immer wieder von dem kleinen Wirbelwind gesprochen und dabei hatte sich dieses Lächeln auf seinen Lippen gezeigt. Der Schwarzhaarige griff nach einem Becher mit Zitronenlimonade und kippte ihn in einem Zug runter. Mit der Handfläche strich er sich über den Mund, um seine Lippen zu trocknen. Das irritierte ihn. Sein Blick suchte die beiden ungleichen Spieler und entdeckten sie in Gesellschaft des Liberos der Karasuno. Der kleine Mittelblocker feuert diesen gerade lautstark an, während er Seitwärtsrollen vollführte und so tat, als würde er Bälle annehmen. Der blonde Zuspieler hatte sich hingehockt, die Knie angezogen und einen Arm darumgelegt. Mit der anderen hielt er ein Stück Wassermelone an dem er knabberte. Er schien sehr belustigt zu sein von der Situation, auch wenn er dies nicht so offensichtlich zeigte, wie die beiden Energiebündel. Der große Teamkapitän zog die Augenbrauen zusammen. Was war das nur für ein Gefühl? Er sollte sich freuen, dass Kenma sich endlich etwas öffnete gegenüber anderen und im Prinzip tat er das auch. Er konnte nicht einmal sagen, dass dieses komische undefinierte Gefühl daher kam, dass er Hinata nicht leiden konnte, im Gegenteil. Er mochte den Kleinen und fand die Kombination mit dem dunkelhaarigen Zuspieler äußerst interessant. Wieso fühlte er sich dann so unruhig, wenn er ihn und seinen Teamkameraden zusammen sah? Er schüttelte den Kopf. Heute Abend würden sie das Team der Karasuno verabschieden, dann hätte sich das Problem sowieso erledigt und sie könnten zum Alltag zurückkehren. Der Schwarzhaarige griff erneut nach einem Becher und betrachtete die darin schwappende Flüssigkeit. Hoffe ich zumindest. Dieses Mal trank er langsamer, ließ die kühle Flüssigkeit seine Kehle runterlaufen und genoss die Erfrischung. Eine angenehm sanfte Brise war aufgekommen und fuhr ihm durch die abstehenden Haare. Seine Gedanken schweiften zu den vergangenen Tagen und er grinste zufrieden. Sie hatten alle große Fortschritte durch das Trainingscamp gemacht. Ein Marienkäfer landete auf der Hand, mit der er den Becher hielt und krabbelte darauf herum. Der große Dunkelhaarige betrachtete das kleine Insekt. Nach kurzer Zeit schien der Käfer zu beschließen, keine angemessene Futterquelle gefunden zu haben, breitete seine Flügel aus und schwirrte davon. Sein Blick glitt über die Menschenansammlung und er straffte die Schultern. Er freute sich bereits auf das morgige Training.
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But you're special (KuroKen)
FanfictionDer letzte Tag des Trainingscamps in Tokio, alles geht seinen gewohnten Gang. Auch die Spieler der Nekoma-Oberschule genießen mit den anderen Teams das ausgiebige Barbecue. Nur einer ist zu gefesselt in seiner digitalen Welt, um die Freuden des Flei...