Nachdem die Schulglocke zum letzten Mal geklingelt hatte begab er sich raschen Schrittes zur Sporthalle. Ein Strom von Schülern begleitete ihn, viele von ihnen ebenfalls auf dem Weg zu ihren nachmittäglichen Clubaktivitäten. Auf halber Strecke schloss ein blond gefärbter Irokesen-Haarschnitt zu ihm auf. Er begrüßte Yamamoto an und sie unterhielten sich über den vergangenen Schultag. Der Wind zerzauste seine Haare und strich sanft über seine Haut. Die Sonne stand immer noch hoch und spendete eine angenehme Wärme. Als die beiden Teamkollegen die Umkleide erreichten hatten sich bereits ein paar von den anderen Spielern versammelt und tauschten ihre Schuluniform gegen die Trainingskleidung. Kuroo entdeckte einen blonden Haarschopf in der hintersten Ecke am Boden kauernd. Der Jüngere hatte sich hingehockt, saß seitlich seinen Teamkameraden zugewandt und war in ein Spiel auf seiner Konsole vertieft. Belustigt schmunzelte der Dunkelhaarige und wollte gerade auf das kleine Bündel zugehen, als er neben sich ein Schnauben hörte. Yaku war gerade dabei, seine Schuhe zuzubinden und warf ihm einen schmollenden Seitenblick zu. “Wieso schaust du eigentlich nur Kenma so an?” Verwirrt blieb der Größere stehen und sah irritiert zum kleinen Libero. Dieser war mit seinen Schuhen fertig und stemmte die Hände in die Hüften. “Na dieser Blick, wie wenn man ein kleines niedliches Tier ansieht. Außerdem bist du viel zu nachsichtig mit ihm. Wenn er sich noch ein bisschen weniger bewegt als bei den letzten Trainingsspielen wachsen seine Füße auf dem Hallenboden fest. Er vermeidet jeden unnötigen Schritt.” Ein Grummeln war aus der hinteren Raumecke zu vernehmen. Der Zuspieler hatte das Gesicht immer noch dem Bildschirm zugewandt, seine Augen linsten jedoch zu den beiden anderen Spielern. “Ich kann dich übrigens hören Yaku,” nuschelte er unzufrieden. “Na dann nimm dir meine Worte mal ein bisschen zu Herzen und streng dich gefälligst mehr an”, keifte der Angesprochene zurück. “Aaaaalles klar, Ruhe jetzt.” Der Mittelblocker ging zwischen die Streithähne und schnappte sich den Zweitklässler am Kragen. “Yaku, du achtest besser mal darauf, dass Lev sich nicht wieder vorm Annahme-Training drückt und du”, sein Blick glitt zu dem unzufrieden dreinblickenden Häufchen in seiner linken Hand, “hörst jetzt mal auf zu zocken und fängst an dich aufzuwärmen.” Er setzte ihn wieder auf seine eigenen Füße und gab ihm einen sanften Stoß in den Rücken, um ihn damit Richtung Tür zu leiten. Dabei kribbelten seine Fingerspitzen an den Stellen, an denen sie den Jüngeren berührten. “Komm nach dem Aufwärmen noch mal zu mir. Ich möchte die Bandagen tauschen”, rief er ihm hinterher. Der Dunkelhaarige bekam einen finsteren Schulterblick zugeworfen, sah jedoch ein stummes Nicken und lächelte zufrieden.
Nach der Aufwärmphase saß er gemeinsam mit dem Blonden auf einer der an der Hallenwand stehenden Bänke und sie betrachteten die rechte Hand des Teamkapitäns. Der verletzte Finger war immer noch bläulich verfärbt, jedoch nicht mehr angeschwollen oder warm. Zufrieden schloss er die Glieder zu einer Faust und öffnete sie wieder. “Funktioniert wieder alles.” Der Kleinere strich vorsichtig mit den schlanken Fingerspitzen über die Verfärbung und achtete auf ein Zucken oder Schmerzensbekundungen seines Freundes. Diese blieben jedoch aus. Erfreut verzog er die Lippen zu einem angedeuteten Lächeln. “Wir sollten die Bandagen für das Training trotzdem noch dran lassen, vorsichtshalber. Wenn wir fertig sind mache ich sie dir wieder ab.” Dankbar nickte der Drittklässler und überließ sich den geschickten Fingern des Zuspielers. “Du Kenma?” Er wollte die Frage möglichst beiläufig klingen lassen. “Hast du eigentlich mal über verschiedene Beziehungsarten nachgedacht?” Verwundert hob der Angesprochene eine Augenbrauche, fixierte mit seinem Blick jedoch weiterhin den verletzten Finger und die Bandagen. “Was meinst du mit Beziehungsarten?” “Na, sowas wie, ob es noch andere Arten von Beziehungen gibt, außer Liebesbeziehungen zwischen einer Frau und einem Mann.” Jetzt hob er doch den Kopf und musterte seinen Freund misstrauisch. “Nein?” Es war mehr eine Frage als eine Antwort. “Kuroo, hast du eine Freundin gefunden?” Der große Mittelblocker riss erschrocken die Augen auf und seine Ohren liefen rosarot an. “Nein! Nein, das meine ich nicht.” Das war ja gründlich nach hinten losgegangen. “Ich meine eher, wie stehst du zu homosexuellen Beziehungen... nur so zum Beispiel.” Der Kleinere wand sich wieder seiner Tätigkeit zu. “Ich weiß zwar nicht wie du jetzt darauf kommst, aber … Ich habe nichts dagegen, wenn du das meinst. Jeder so wie er mag.” Der Dunkelhaarige konnte den Steinbrocken, der ihm gerade vom Herzen fiel förmlich hören. “Hm und würdest du dich selbst auf eine Beziehung mit einem Mann einlassen?” Nachdem er diese Frage gestellt hatte konnte Kuroo ein erstaunliches Schauspiel beobachten. Der Blonde vor ihm riss abrupt den Kopf hoch, ließ seine mittlerweile fertig bandagierte Hand los und öffnete den Mund, als wolle er etwas sagen, jedoch schienen ihm die Worte im Hals stecken zu bleiben. Sein Gesicht nahm eine tiefrote Färbung an und er rutschte stammelnd ein Stück auf der Bank zurück. “W-w-was? K-keine Ahnung! Woher soll ich das wissen?” Der Teamkapitän blickte ihn verdutzt an. Mit so einer heftigen Reaktion hatte er nicht gerechnet. Ein fieses Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. “Oh Kenma,” flötete er fröhlich und rückte dem anderen hinterher. “Kann es sein, dass du dir nicht mal über eine normale Beziehung Gedanken gemacht hast? Mein unschuldiger, süßer, kleiner Zuspieler.” Sein Grinsen wurde immer breiter und er ließ dem nach hinten robbenden Blonden keine Chance zu entkommen. Am Ende der Bank angekommen zog dieser die Schultern hoch und versuchte seinen Kopf dazwischen zu verstecken. “Hast du bei Liebespaar an Peach und Mario gedacht? Oder an Link und Zelda? Der Held der zur Rettung der Prinzessin kommt? Ganz unschuldig und mehr als ein schüchterner Kuss auf die Wange passiert da nicht?” Der Dunkelhaarige war mit dem Gesicht nur noch wenige Zentimeter von dem Anderen entfernt, welcher starr und mit hochrotem Kopf auf seine im Schoß verkrallten Finger starrte. Bei den letzten Worten hatte er seine bernsteinfarbenen Augen angehoben und blickte ihn wütend an. “Kuroo, ich bin 17 Jahre alt. Selbst ich habe … Bedürfnisse”, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Der Größere stutzte. Das war ihm so noch nie in den Sinn gekommen. Sicher, er hatte den Kleineren in letzter Zeit in seine eigenen sexuellen Phantasien eingebaut, aber nie daran gedacht, dass der reale Kenma sowas wie sexuelles Verlangen spüren könnte. Er schluckte trocken. Plötzlich wurde ihm die geringe Distanz zu dem Jüngeren bewusst und er ließ seinen Blick über dessen Gesicht gleiten. Der Zuspieler sah ihn immer noch mit leicht gesenktem Kinn von unten herauf an. Seine Lippen waren aufeinandergepresst und seine Wangen hoben sich rötlich von seiner ansonsten blassen Haut ab. Nach dem Aufwärmen schwitzte er noch nicht wirklich, dafür strengte er sich bei weitem nicht genug an dabei, jedoch schien sein Körper erhitzt und strahlte eine sanfte Wärme ab. Kuroo hatte am Vormittag einen Plan gefasst. Zunächst wollte er mit ganz unverfänglichen Fragen herausfinden, ob sein Freund einer gleichgeschlechtlichen Beziehung grundsätzlich abgeneigt war oder nicht. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, was sich bestätigt zu haben schien, wollte er anfangen ihm näher zu kommen. Ganz langsam, immer nur einen Schritt nach dem anderen. Er wollte mehr Körperkontakt aufbauen, ihn häufiger an der Hand fassen, ihn beim Training öfter berühren, die Intensität dabei steigernd, bis Kenma sich daran gewöhnte und es vielleicht sogar anfing zu genießen. Aber halt langsam und vorsichtig. Gerade jedoch wollte er ihn am liebsten packen, sein Gesicht mit den Händen umschließen und seinen Mund auf den des Kleineren pressen. Unfähig auch nur einen Millimeter von dem Objekt seiner Begierde wegzurücken, aber sich verzweifelt beherrschend die kurze Distanz zwischen ihnen nicht zu überwinden saß er wie zur Salzsäule erstarrt da und gaffte den Blonden an. Auf dessen Zügen verschwand langsam die Schamesröte und wich Verwirrung. “Was ist denn heute mit dir los?”, nuschelte er irritiert und hob eine Augenbraue misstrauisch. Ein Schriller Pfiff rettete den Dunkelhaarigen aus seiner misslichen Lage. Herr Nekomata stand mit einer Trillerpfeife im Mund am anderen Ende der Halle und bedeutete ihnen sich um ihn zu versammeln. Der Zuspieler warf einen letzten skeptischen Blick auf seinen Freund, erhob sich dann und schlurfte in Richtung der anderen Teammitglieder. Kuroo atmete geräuschvoll aus. Vielleicht war sein Plan etwas schwieriger umzusetzen, als er sich das vorgestellt hatte. Aber er wollte es unbedingt weiter versuchen. Grundsätzlich erschien Kenma ihm immer noch als unschuldiges, kleines Wesen, was in keinerlei Verbindung zum Thema ‘Sexualität’ stand, aber anscheinend hatte er sich getäuscht. Der Kleinere schien durchaus Bedürfnisse zu haben und diese … auch auszuleben? Sollte das heißen, er surfte auf dieser Art von Homepages? Vermutlich würde er eher erotische Manga lesen so wie er ihn kannte. Und wenn ihm eine Zeichnung besonders erregte, fasste er sich dann selbst an? Strich er mit den langen, schlanken Fingern, die ihm so geschickt den Ball zuspielen konnten, über seine blasse Haut? Umkreiste er die pinken Erhebungen an seiner Brust und ließ seine Hand dann weiter runter gleiten, bis sein kleiner Mund vor Lust aufklappte und … “KUROO!” Die laute Stimme von Nobuyuki riss ihn aus seiner Phantasie und er zuckte erschrocken zusammen. Die Augen seiner Teamkameraden waren alle auf ihn gerichtet, genauso wie die der Trainer. Verlegen sprang er auf und lief zu ihnen. “Entschuldigung, ich war in Gedanken”, entgegnete er und stellte sich ebenfalls auf. Das sollte er besser in den Griff bekommen.

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But you're special (KuroKen)
FanficDer letzte Tag des Trainingscamps in Tokio, alles geht seinen gewohnten Gang. Auch die Spieler der Nekoma-Oberschule genießen mit den anderen Teams das ausgiebige Barbecue. Nur einer ist zu gefesselt in seiner digitalen Welt, um die Freuden des Flei...