Kapitel 4

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Die beiden Volleyballspieler waren schon im Hausflur stürmisch begrüßt worden. Eine kleine, etwas untersetze Frau mit schulterlangen, schwarzen Haaren war mit einer geblümten Kochschürze um die ausladenden Hüften gebunden und einem Holzlöffel in der Hand aus der Küche geplatzt und hatte sie freudig angestrahlt. Kenmas Mutter war so ganz anders als ihr Sohn. Auf ihrem Gesicht schien sie immer ein Lächeln zu tragen und die pausbäckigen Wangen schimmerten Rosa. Wie der Blonde bei so einer Mutter einen solch zurückhaltenden Charakter entwickeln hatte können war Kuroo bis zu dem Zeitpunkt ein Rätsel gewesen, als er Herrn Kozume das erste Mal traf. Der hochgewachsene Mann hatte eine durchschnittlich breite Figur. Seine Arme waren jedoch sehnig und lieferten einen Anhaltspunkt dafür, dass er als KFZ-Mechaniker jeden Tag schwere körperliche Arbeit verrichtete. Im Gegensatz zu seiner Frau war er kein Freund der vielen Worte und trug einen eher grimmigen Gesichtsausdruck. Zunächst hatte der dunkelhaarige Mittelblocker gedacht, er und sein Sohn würden sich nicht gut verstehen, da sofort Stille im Raum herrschte, wenn Frau Kozume diesen kurz verließ. Doch mit der Zeit stellte er fest, dass die beiden auf einer anderen Ebene zu kommunizieren schienen. Und auch wenn der Hausherr einen deutlich härteren Eindruck machte als die anderen Bewohner, war es dennoch unbestritten seine Frau, die die Zügel in der Hand hielt. Kuroo war gerne im Hause Kozume und wurde fast schon, wie das eigene Kind behandelt. Auch jetzt setzte er sich ohne Verlegenheit an den kleinen Küchentisch und unterhielt sich angeregt mit der Dame des Hauses. Der Jüngere hatte ebenfalls Platz genommen, die Beine in den Schneidersitz verschränkt und hing mit der Nase bereits wieder vor dem Bildschirm. Überraschenderweise legte er die Konsole ohne viel Federlesen zur Seite, als ihm von seiner Mutter eine große Schüssel mit Reis, Huhn und Ei hingestellt wurde. Der Teamkapitän musste schmunzeln. Mamas Essen war halt immer noch das Beste.

Nach dem äußerst zufriedenstellenden Mahl und einer ausgiebigen Dusche hatten sich die beiden Freunde in das Zimmer des Jüngeren zurückgezogen. Gerade waren sie mitten in einem erbitterten Kampf um den Sieg auf einer herausfordernden Rennstrecke. Während der Dunkelhaarige sich laut fluchend mit samt dem Controller in jede Kurve schmiss saß der Kleinere stillschweigend im Schneidersitz daneben und schien nur seine Finger zu bewegen. Unnötig zu erwähnen, dass er um Längen voraus lag. Als auch der Ältere letztendlich das Ziel erreicht hatte ließ er sich frustriert mit dem Rücken gegen die Bettkante fallen und schnaubte. "Von wegen Handicap! Du warst erbarmungslos!", beschwerte er sich meckernd. Er betrachtete den Zweitklässler, der sich an der Konsole zu schaffen gemacht hatte und offensichtlich die Einstellungen des Fernsehers änderte, damit sie sich eine Serie anschauen konnten. Sein Gesichtsausdruck blieb unverändert, doch seine Augen blitzten verräterisch. Kuroo grummelte. "Und es hat dir auch noch Spaß gemacht..." Der Blonde krabbelte zu ihm zurück, ließ sich rücklinks nieder und bettete seinen Kopf auf dem Schoß des Älteren, bevor er an seinem Handy rumzuspielen begann. Der Teamkapitän griff nach der Fernbedienung und klickte sich durch das Menü des Streaminganbieters bis er bei einer Dokumentation über Raubkatzen im Amazonas hängen blieb und diese zum Abspielen auswählte. Während er elegante Leoparden auf ihren Streifzügen beobachtete drifteten seine Gedanken erneut zu den Vorkommnissen während des Trainings ab. Er versuchte den Faden vom Heimweg aufzugreifen, doch langsam machte sich Müdigkeit bei ihm bemerkbar und immer, wenn er dachte einen Ansatz gefunden zu haben legte sich ein Schwerer Nebel auf seine Sinne und er musste von vorne anfangen nachzudenken. Eine Bewegung bei seinen Beinen lenkte ihn ab. Kenma hatte sich ausgestreckt, reckte die Arme über seinen Kopf und gähnte. "Müde?" Der Kleinere nickte und schloss entspannt die Augen, als der Dunkelhaarige seine große linke Hand über seinen Haarschopf strich. Für eine Weile herrschte Stille, nur unterbrochen durch die Kommentare des Sprechers in der Naturdoku. "Komm, wir gehen schlafen." Er griff erneut nach der Fernbedienung, schaltete das Gerät aus und richtete sich vorsichtig auf, den Jüngeren dabei an den Armen mitziehend. Dieser krabbelte, ohne lange zu zögern in sein breites Bett. Das Gestell hatte eine Breite von 140 Zentimeter. Weniger aus dem Grund, dass der Zweitklässler den Platz für sich benötigen würde, als vielmehr, dass der Rest der Matratze als Ablagefläche für alles Mögliche verwendet wurde. Bevor der Ältere sich ebenfalls hinlegen konnte musste er einen Laptop, Kopfhörer, eine tragbare Spielekonsole, mehrere Ladekabel und einen Wust an Schulheften beiseite räumen. Er seufzte. Ordnung war wirklich nicht Kenmas Stärke. Nachdem er sich Platz verschafft hatte kroch er zu dem anderen unter die ausladende Decke. Kaum hatte er sich eine bequeme Position gesucht spürte er einen leichten Druck an seinem Rücken. Wärme breitete sich von dieser Stelle aus. Kuroo schmunzelte. Auch das war etwas, was 'normale' Freunde wohl nicht machen würden, für die beiden war es jedoch ganz selbstverständlich. Immer wenn er im Hause Kozume übernachtete suchte er sich den Platz an der offenen Bettseite aus, wohingegen der Kleinere sich auf die Wandseite legte. Und ebenfalls jedes Mal drehte er sich so, dass er mit dem Gesicht zur Raumseite lag. Es dauerte dann zumeist nicht lange und der Blonde hatte sich an seinen Rücken gekuschelt, die Stirn zwischen seine Schulterblätter gepresst und einen Arm locker über seine Taille geschlungen. Der Dunkelhaarige schloss seine Augen. Alles wie immer ...

But you're special (KuroKen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt