Kapitel 7

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Seine Lungen brannten wie Feuer. Sie schienen den lebensnotwendigen Sauerstoff nicht schnell genug einziehen zu können, um den Körper ausreichend damit zu versorgen. Sein Herz hämmerte gegen seine Brust, als wolle es die Rippen zerschlagen. Er keuchte angestrengt und stützte die Hände auf seine Knie, den Mund aufgerissen, damit möglichst viel Luft in die Alveolen gelang. Schweiß rann sein Gesicht und seinen Rücken entlang und tropfte auf den polierten Holzboden. In direkter Linie unter seiner Nasenspitze hatte sich ein kleiner See gebildet. Nach einigen Minuten des Verharrens ebbte das Schnaufen ab und sein Atem ging langsamer. Ein Schlag traf seinen Rücken und er hustete kurz. Nobuyuki grinste ihn an. „Hat sich da jemand etwas verausgabt? Du bist ja sonst schon motiviert, aber heute hast du dem noch ein Krönchen aufgesetzt.“ Der Dunkelhaarige lächelte gequält. Nachdem seine Gedanken immer wieder in Gefilde abgerutscht waren, die im Volleyballtraining einfach nichts zu suchen hatten, hatte er sich voll reingehangen. Zwar durchaus mit dem Erfolg jetzt mit der Aufmerksamkeit mehr beim Training zu sein, jedoch eben auch sich vollkommen verausgabt zu haben. Er suchte sehsüchtig mit den Augen die Halle nach seiner Trinkflasche ab, fand diese unter einem Handtuch und stürzte einen halben Liter kühles Nass ohne einmal abzusetzen die Kehle hinab. Feuchte Rinnsale entwichen einem Mundwinkel und liefen wie Sturzbäche an seinem Hals entlang. Nachdem er den schlimmsten Durst gestillt hatte sah er sich noch einmal genauer um. Die anderen Teammitglieder waren dabei die Gerätschaften an ihren vorgesehenen Plätzen zu verstauen. Einige unterhielten sich miteinander und eine kleine Gruppe hatte sich um die beiden Trainer versammelt. Unter ihnen befand sich der blonde Zuspieler. Er erläuterte den anderen gerade etwas auf einem kleinen Strategiebrett, welches Herr Nekomata in der Hand hielt. Kuroo schlenderte auf die Ansammlung zu, stellte sich neben seinen Freund und stützte sich mit einem Ellbogen auf dessen Schulter. Interessiert hörte er den Erklärungen zu, linste jedoch immer wieder zum Gesicht des Jüngeren und musste mit Erstaunen feststellen, dass dessen Wangen einen hauchzarten Rosaton angenommen hatten. Als alle Details geklärt waren löste sich die Gruppe auf und der Mittelblocker wendete sich gänzlich dem Kleineren zu. „Kannst du mir heute noch mal helfen mit den Notizen? Und mir dann vielleicht auch gleich die Bandage ab machen?“ Der blonde Haarschopf wippte vor und zurück, was ihm als Zustimmung reichen musste, denn Kenma war wenige Augenblicke später bereits am anderen Ende der Halle und sammelte seine verstreuten Utensilien ein. Zufrieden schlenderte der Größere Richtung Hallenausgang, öffnete die Tür und schreckte zurück. Während ihres Trainings hatte es begonnen zu regnen und nun peitschte der Wind die großen Tropfen in seine Richtung. Missmutig verzog er das Gesicht, er hatte keinen Regenschirm dabei und dass Kenma einen bei sich trug war so wahrscheinlich, wie dass dieser Erstklässler-Zuspieler der Karasuno sich fünf Minuten nicht mit dem Knirps in den Haaren hing. Was sich liebt das neckt sich… Seufzend schlüpfte er in die Ärmel seiner Trainingsjacke und zog die Kapuze über seinen schwarzen Schopf. Neben ihm erklang ein Stöhnen. Der blonde Zweitklässler stand neben ihm und betrachtete den herabströmenden Regen. „Wir werden pitschnass“, maulte er vor sich hin. Der Dunkelhaarige nickte betrübt. „Wir sollten erst mal so schnell es geht in den Clubraum. Wir müssen ja sowieso noch den Bericht für heute schreiben und vielleicht hat es bis wir fertig sind aufgehört.“ Ein zustimmendes Brummen ertönte und die beiden Teamkameraden sprinteten über den Hof vor der Sporthalle zum Treppenaufgang des Gebäudes, indem der Clubraum lag. Dort angekommen blickten sie sich gegenseitig an. Beide hatten ihre Trainingsjacken getragen, doch der Stoff war trotz des Spurtes vollkommen durchnässt. Kuroos Haare standen nicht wie sonst in alle Richtungen ab, sondern hingen ihm am Kopf herunter und feine Wassertropfen perlten von einigen Strähnen. Dem Jüngeren erging es nicht besser. Unglücklich sah er seinen Freund an. „Lass uns schnell machen, ja? Ich möchte nach Hause warm baden gehen.“ Der Dunkelhaarige seufzte und nickte dann. „Aber zieh dir die nasse Jacke aus und trockne dich ein bisschen ab, sonst erkältest du dich.“ Er befolgte seinen eigenen Ratschlag als erstes und zog nicht nur die Jacke, sondern auch gleich das T-Shirt über seinen Kopf, da dieses ebenfalls durchnässt war. Als er nach seiner Sporttasche griff, um nach einem Handtuch zu suchen bemerkte er, dass der Blonde sich nicht von der Stelle bewegt hatte und ihn anstarrte. Verwirrt hob er eine Augenbraue und stoppte in der Bewegung. Der Kleinere hatte den Kopf gesenkt, sodass blonde Strähnen vor sein Gesicht fielen. Mit den Fingern zupfte er ununterbrochen am Saum seiner Jacke und seine Wangen waren hitzig errötet. „Was ist los Kenma?“, fragte er verunsichert. „Alles in Ordnung mit dir? Warum ziehst du dir die Jacke nicht aus?“ Der Angesprochene senkte nun auch die Lider und begann auf seiner Unterlippe zu kauen. Nach einer Weile des Herumdrucksens nuschelte er leise: „Das was du heute beim Training gesagt hast… also…“ Der Teamkapitän konnte sehen wie die Augen des Zuspielers hilfesuchend nach links und rechts huschten. „Ja?“ „Also, ob ich schonmal über Liebesbeziehungen nachgedacht habe und … also, ob ich mal über h-homosexuelle Beziehungen nachgedacht habe…“ Die Worte kamen stockend und waren kaum verständlich. „Das habe ich schonmal…“ Das Satzende war nur noch ein Piepsen gewesen. Kuroos Augen weiteten sich. „A-ach ja? Und was ist dabei rumgekommen?“ Er hatte versucht sich zusammenzureißen, doch er war sich sicher, dass seine Stimme etwas gezittert hatte. Der Jüngere schluckte sichtlich. Sein Blick huschte nun immer wieder zu dem großen Mittelblocker. „Hm, dass ich neugierig bin und… und naja, dann habe ich mir das mal v-versucht vorzustellen… mit einem Jungen meine ich.“ Plötzlich schlug er die Hände vor sein Gesicht. „Das ist mir so peinlich“, kam es genuschelt zwischen den Fingerspitzen. Der Ältere bemerkte jetzt erst, dass er die Luft angehalten hatte und ließ sie aus seinen Lungen entweichen. Mit einem großen Schritt stand er vor dem anderen und löste dessen Finger sanft von seinen Zügen. „Das muss dir nicht peinlich sein! Du kannst mir doch alles erzählen.“ Er lächelte nervös. „Und als du dir das… vorgestellt hast, m-mit wem… also…“ Das Ende der Frage hin unausgesprochen im Raum. Der Blonde sah ihn mit einer Mischung aus Scham und Angst an, seine Augen glänzten verdächtig. Mit kratziger Stimme antwortete er: „M-mit d-dir…“ Der Dunkelhaarige keuchte und klammerte sich noch fester an die schlanken Fingerglieder. „U-Und w-war es … gut?“ Eine einzelne Träne löste sich vom unteren Wimpernkranz des Jüngeren als er zögerlich nickte. „D-Du sahst so g-gut aus, aber jetzt…“ Ein leises Schniefen ertönte. „Jetzt siehst du n-noch viel b-besser aus und ich habe dich doch schon so oft nackt gesehen, aber nachdem du das heute gesagt hast musste ich wieder daran denken und jetzt ziehst du dich einfach aus vor mir und ich weiß nicht was ich machen soll und…“ Kenma hatte angefangen immer schneller zu sprechen und wirkte nun fast panisch. Er zitterte am ganzen Körper, sein Atem kam stoßweise und sein Blick zuckte gehetzt hin und her. Kuroo war wie erstarrt. Er musste erst einmal verdauen, was er da gerade gehört hatte und verstehen, was dies für ihn bedeutete. Andererseits konnte er seinen Freund nicht in Panik verfallen lassen und erst recht nicht, weil es offensichtlich zumindest zu einem Teil auch seine Schuld war. Also tat er das erste, was ihm einfiel. Er ließ die schlanken Finger los, griff stattdessen die bebenden Schultern, zog sie zu sich und presste seine Lippen auf die des anderen. Der Redeschwall verstummte abrupt. Nach wenigen Sekunden löste er sich vorsichtig und sah in die weit aufgerissenen Augen des Kleineren. „W-Was…?“ Der Dunkelhaarige holte tief Luft, um seine Gedanken zu ordnen. „Kenma, das… das sollte eigentlich alles etwas langsamer ablaufen, aber…“ Wie sollte er das jetzt erklären? „Du bist nicht der Einzige, der sich uns beide bei… naja du weißt schon vorgestellt hat.“ Er spürte wie das Blut in seine Wangen schoss und er dunkelrot anlief. „Was ich damit sagen will… ach scheiße, Kenma, ich liebe dich! Nicht als besten Freund, also das auch, sondern mehr als das.“ Der kleine Mund seines Gegenübers klappte auf und vor lauter Überraschung schien er das Schluchzen vergessen zu haben. Einige Augenblicke vergingen, ohne, dass einer von beiden etwas sagte, dann ergriff der Jüngere das Wort. „Du liebst … mich?” Es war nicht mehr als ein Hauchen, ungläubig, aber mit ein wenig Hoffnung gepaart. Der Mittelblocker nickte knapp, sein Herz tanzte Samba in seiner Brust. Plötzlich schienen bei dem Blonden alle Dämme zu brechen. Tränen quollen wie Sturzbäche aus seinen glänzenden Augen und er warf sich seinem Gegenüber um den Hals, laut schluchzend. Dieser war so perplex, dass er einige Augenblicke einfach erstarrt dastand, sich dann aber wieder fing und die Arme fest um die schlanke Gestalt schlang. Einige Minuten verharrten sie in dieser Position, die Körper eng aneinandergepresst, wie um sicherzugehen, dass dies auch wirklich kein Traum war. Letztendlich verebbte Kenmas Schniefen und es war nur noch der gegen die Fenster prasselnde Regen und ihrer beider Atem zu vernehmen. Der Zweitklässler hatte den Kopf gegen die kräftige Schulter seines Freundes sinken lassen und mit jedem Atemzug schien ihm die Situation bewusster zu werden, denn seine Wangen nahmen ein dunkles Rot an. “Alles wieder gut Kleiner?”, wisperte Kuroo leise. Der Angesprochene nickte, vergrub sein Gesicht jedoch noch tiefer in der Halsbeuge des Dunkelhaarigen. Auch dieser fand langsam die Zeit sich seiner aktuellen Lage gewahr zu werden. Er hatte einen Arm um die schlanke Taille des Zuspielers geschlungen, die Hand des anderen ruhte auf dessen Rücken. Der schmale Körper steckte immer noch in der nassen Trainingsjacke, sodass er von dort hauptsächlich feuchte Kälte spürte, doch die Beine lagen zu einem großen Teil aufgrund der kurzen Shorts frei und auch die knappe Sporthose war komplett durchnässt, was sie an der hellen Haut kleben ließ. Der Ältere schluckte. Er war sich der Nähe des anderen plötzlich sehr bewusst und hatte er eben noch Nervosität in Form von Angst verspürt, schlug seine Aufregung nun in erregte Ungeduld um. “Kuroo?” Ein leises Nuscheln aus Richtung seiner Schulter lenkte ihn ab. “Hm?” “Kannst … kannst du das nochmal machen?” Verwirrt blickte er auf den schwarz-blonden Haarschopf herab. “Was denn?” Der Jüngere löste sich wenige Zentimeter von ihm ab und blickte ihn mit seinen bernsteinfarbenen Augen verlegen an. “Der … Kuss …" Der Größere riss erstaunt die Lider auf, im nächsten Moment schlich sich jedoch ein sanftes Grinsen auf seine Züge. “Nur wenn du es auch sagst”, wisperte er während er eine Hand unter das Kinn seines Gegenübers legte und dessen Gesicht bis auf Haaresbreite an seines führte. “W-Was denn?”, piepste der Kleinere. “Es ist unfair, wenn nur ich sage, dass ich dich liebe.” Kenmas Lippen waren wenige Millimeter auseinander geglitten und zitterten bei den Worten seines Freundes. “Ich … liebe dich, Kuroo...” Mit diesen Worten schloss der Größere die Distanz zwischen ihnen und versiegelte ihre Münder mit einem Kuss. Es fühlte sich gut an, irgendwie richtig. Nach einer Weile begann er seine Lippen auf denen des anderen zu bewegen, was diesen dazu verleitete wohlig aufzuseufzen und es ihm gleichzutun. Gerade wollte sich eine prickelnde Hitze von seiner Körpermitte ausbreiten und ihn anspornen, einen Schritt weiterzugehen, als er merkte, dass sein Freund angefangen hatte am ganzen Körper zu zittern. Erschrocken löste er sich, was ihm ein unzufriedenes Brummen des Zuspielers einbrachte. “Kenma! Du bist ja eiskalt!”, stellte er erschrocken fest, als er nach dessen Fingern griff. Kurzerhand entledigte er das schlotternde Etwas seiner Jacke und seines T-Shirts, er musste sich sehr zusammenreißen um ihn nicht direkt wieder an sich zu ziehen, und hüllte ihn in ein großes, weiches Handtuch. Der Zweitklässler blinzelte verdutzt, kuschelte sich dann tiefer in das Frottee und lächelte zufrieden. Kuroos Herz machte einen Hüpfer und er strich ihm über den immer noch feuchten Haarschopf. “Lass uns schnell den Bericht schreiben und dann nichts wie nach Hause.” Die schmale Gestalt nickte, tapste zum Tisch in einer Ecke und kramte nach einem Stift. “Weißt du”, gab er sanft lächelnd von sich, “ich habe gedacht, ich könnte dir das niemals sagen, dass das immer mein Geheimnis bleiben wird.” Er blickte auf und sah dem Dunkelhaarigen genau in die Augen. “Ich habe gedacht, jeder würde verärgert oder angewidert sein, wenn sein bester Freund ihm seine Liebe gesteht.” Sein Lächeln wurde breiter und machte einem glücklichen Grinsen Platz. “Aber du bist halt doch was ganz Besonders.”

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End of mainstory.

Puh, das letzte Kapitel hat mich einige Nerven gekostet, weswegen ich auch so lange gebraucht habe. Es tut mir sehr leid.

Vielen Dank, dass ihr die beiden bis zum Schluss begleitet habt 😊

Es wird noch ein kleines Extra geben. Zwischendurch habe ich gedacht, den Lemon-Part mit in die Hauptgeschichte einzubinden, aber irgendwie ist es dann doch nicht dazu gekommen. Ich möchte aber unbedingt über einen versauten Kenma schreiben 😀

Also bleibt bitte dran und hinterlasst mir doch den ein oder anderen Kommentar 😊                

But you're special (KuroKen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt