𝕯ie Tränen, die herunterrannen ignorierend, schluckte sie die Handvoll Kraut. Fast hätte Élodie sich an der würzigen Trockenheit verschluckt, als ihr ein Schluchzen entweichen wollte. Folglich presste sie die Hand fest auf die Lippen. Der stechende Schmerz an ihrer Schläfe vermehrte sich allein schon bei dem prickelnden Duft der Kräuter.
Der Heiler hatte ihr den Prozess erklärt, und die Mischung würde unter Umständen, Beschwerden an ihr selbst hervorrufen. Diese, kamen bei dem Mädchen in Form von schrecklichem Kopfweh und Schlaflosigkeit, in Folge von Müdigkeit am Tag hervor. Vom Sod- und Magenbrennen mal abgesehen.
Andererseits, waren die Symptome ein gutes Zeichen. Die Mischung wirkte also. Jetzt musste sie nur noch auf ihre Blutung warten, die dieses Mal schmerzhafter und in größerem Maße ausfallen sollte.Ihre Tränen wurden dennoch, weder von der Glückseligkeit, noch von dem körperlichen Schmerz verursacht. Jedenfalls nicht nur.
Vielmehr war sie erschöpft, litt Schmerzen, die nicht die Kräuter zur Ursache hatten und hatte in den wenigen Stunden, in denen sie Schlaf gefunden hatte, aus einem Albtraum weinend erwachen müssen.
Das leichte anhaltende Kratzen und Schwellen in ihrem Unterleib, hatte sie dazu veranlasst, ihre Tasche – in einem panischen hin und her – zu suchen und ihre Tagesdosis einzunehmen.Die blasse Rothaarige schluckte mehrmals, um die Würze, gepaart mit dem sauren Geschmack im Mund, loszuwerden. Abermals rieb sie an den von Nässe besetzten Augen und strich sich die nass an ihrer Stirn klebenden Strähnen. Es war nur ein Traum, wiederholte sie zitternd und schweratmend. Nur ein Traum. Nichts weiter als eine Erinnerung, die sich unterbewusst in ihrem Schlaf abgespielt hatte.
Im Moment war es aber alles zu viel. Die Trauer um ihre Mutter, ihr schmerzender Körper und der Traum, von ihrem über sie gebeugtem Vater.
Sie hatte es erfolgreich geschafft, die letzten Tage, die Ereignisse zu verdrängen. Es hätte Élodie aber klar sein müssen, dass alles irgendwann an die Oberfläche geraten würde. Zu viel hatte sich gestaut und das nicht erst seit kurzem, sondern über Jahre.Nur, dass sie nie sich hätte denken können, dass ausgerechnet ihr Vater sie schänden würde. Er hatte sie nie schief angesehen oder angefasst, nicht in der sexuellen Weise, hatte mir ihr als Kind, wenn er gerade nicht beschäftigt war, sogar ausgelassen gespielt und ihr machmal auch ein kleines Lachen oder Lächeln widmen können! Seine Tat kam völlig unerwartet, auch wenn das Verhältnis über die Jahre noch weiter abgekühlt war, was größtenteils an ihm lag. Élodie könnte ihn nicht hassen, das war die Wahrheit. Von Liebe war ihm gegenüber aber auch nicht die Rede. Vielmehr bemitleidet sie ihn und hielt an der Version von ihm, die an und zu gütig zu ihr war. Die Version, die sich um seine Kinder gekümmert hat, sie ernährt und einen Dach über den Kopf gegeben hat. Es wäre ein leichtes gewesen, seine Tochter auszusetzen. Er hatte dies aber nicht getan.
Sosehr das Mädchen es auch wollte, es konnte ihn also nicht hassen, dafür lasteten die Gefühle, dass sie tief in seiner Schuld stand, zu schwer auf den Schultern.Ihre Beine nah am Körper angewinkelt, schloss sie die Augen und versuchte nicht einmal, sich zu beruhigen. Es musste einfach raus.
Ihre Schluchzer erklangen laut, nahmen den Raum ein und die Tränen schienen kein Ende zu finden.
Diese gemischten Gefühlte und Empfindungen drohten ihr das Herz aus der Brust zu reißen.Eine Gänsehaut machte sich an ihren Armen und Beinen breit, ehe sie die Kälte außerhalb des Bettes bemerkte. Die junge Frau hatte keine Ahnung was sie tat. Sie wusste nicht, was ihr nächster Schritt sein sollte. Gab es überhaupt einen nächsten Schritt?
Unentschlossen und aufgewühlt rappelte sie sich auf. Ihre Beine fühlten sich ein wenig wie Pudding an und zitterten stark.
Manchmal, in genau solchen Augenblicken, fragte Élodie sich, wozu sie eigentlich weiterkämpfte. Warum sie sich optimistisch von Unglück zu Unglück einen Weg bahnte. Welches Ziel erwartete die Rothaarige am Ende des Pfades?
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Rufe der Freiheit
Historical FictionFrankreich, 1800 n. Chr. Noch Ende des Jahres 1799 n. Chr. konnte Napoléon Bonaparte zurückblicken und Stolz sein Erfolg feststellen. Die Französische Revolution wird für beendet erklärt und die Bürger sind zufrieden, jedoch starb gleichzeitig Élodi...