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𝕾ie fühlte sich elend und wüst, noch nie hatte sie auf dieser Weise gelitten, auch nicht diese Art Demütigung hatte sie je gespürt. Die junge Frau hatte die restliche Nacht nicht schlafen können, dafür hatte nicht nur das Brennen in ihrem Unterleib gesorgt. Denn sie wusste, sie würde wahrscheinlich nie wirklich glücklich werden können. Die Sonne schien durch das Fenster hindurch und blendete Élodie kurz, scheinbar hatte sie vergessen die dicken Vorhänge zuzuziehen, noch nicht mal die darüberliegenden Marquisettes hatte sie zugezogen.
      Sie versuchte ihre Tränen zu unterdrücken und hielt sich mit einer Hand die Stirn.
Sie würde nie heiraten oder Kinder bekommen, keiner würde sie haben wollen, zumal sie noch nicht einmal eine gute Partie war. Jetzt wo das Heiraten keine Aussicht mehr war und ihr die Wahl abgenommen wurde, fühlte sie Bedauern.
Die Rothaarige hatte zwar nie zwanghaft vorgehabt zu heiraten, dennoch war sie traurig darüber es nicht mehr zu können. Denn vorher hatte sie noch die freie Möglichkeit gehabt, sie konnte sich jederzeit umentschieden, jetzt jedoch hatte sie keine Wahl mehr. Eine Heirat war keine Option, niemand würde sie, eine Frau, die keineswegs mehr unberührt war, noch ehelichen wollen. Natürlich könnte sie lügen und trotzdem den Bund der Ehe eingehen, indessen könnte sie aber nicht mit dem Gewissen leben, so etwas Abscheuliches getan zu haben. Es würde sie ein Leben lang verfolgen, ebenso wäre sie dann nicht glücklich.
      Plötzlich fiel ihr der Name Enzo Vincent ein. Laut dem Brief ihrer Mutter war er bereit sie zu finanzieren und eine Unterkunft zu bieten, ohne eine Vermählung zu verlangen! Sie konnte in diesem Moment ihrer Mutter nur danken während sie an die Decke blickte. Hier zu bleiben war nach den gestrigen Ereignissen undenkbar und ein Kind ihres Vaters wollte sie ebenfalls nichts austragen. Sie würde es, noch bevor es im Mutterleib heranwuchs, so abortieren wie es der Heiler und ihr Freund Lucas den anderen Frauen beibrachte.
      Élodie versuchte sich langsam aufzusetzen ohne ihre Schmerzen herauszufordern und als dies nicht ging, versuchte sie dieses Ziehen und Brennen nicht zu beachten. Natürlich funktionierte das nicht, Élodie schluchzte einmal auf. Sie fasste sich vorsichtig in den Schritt um zu überprüfen, ob sie noch blutete, denn die Laken auf ihrem Bett und ihr Nachtkleid waren mit ihrem Blut überlaufen. Ihre Hand kühlte ihre warme wunde Mitte angenehm, auch, wenn das Brennen nicht wirklich nachließ. Sie ertastete sich und fuhr die Spur getrocknetes Blut an ihren Schenkel entlang und zog dann ihre Hand wieder zurück, diese war teils rot verfärbt. Sie würde die Laken und ihr Nachtkleid nicht waschen, sie musste schnellst möglichst weg, aber sie würde sich selbst noch säubern.
       Mit einem nassen, rauen Leinentuch entfernte sie grob den Schmutz auf ihrer Haut und streifte sich dann das Nachtgewand von ihrem Körper. Schnell nahm sie sich ein luftiges Kleid aus ihrer Truhe und eine lange Röhrenhose ihres Bruders und schlüpfte sich diese über. Auf ein Korsett würde Élodie jedoch verzichten, es war äußerst unangenehm und für eine lange Reise kaum aushaltbar, auch, wenn es für den Palast adäquat wäre. Ihr Herz schlug ihr gegen die Rippen als sie zügig alle nötigen Kleidungsstücke in einer Reisetasche packte, sich ihre Haube und ihren Mantel aufsetzte, die Stiefel ihres Bruders anzog und die Treppen nach unten lief.
Dabei stolperte sie und konnte sich mit Mühe von einem Sturz retten, in dem sie sich am Geländer festhielt. Sie ging an der Küche vorbei, steuerte auf dem Büro ihres Vaters zu und nahm sich dann aus der Schublade im Schreibtisch zwei Assignaten, je im Wert von hundert Livre für ihre Kräuter, ihr Essen und vielleicht eine Unterkunft während der Reise. Mehr würde sie ihrem Vater nicht entwenden, auch wenn er Unverzeihliches vollbrachte, musste er sich noch mit seinem Ersparten finanzieren und sollte nicht ihretwegen Hunger leiden.
      Die Tür hinter sich zugezogen, atmete Élodie tief die frische Luft ein. Sie fühlte sich... seltsam frei. Kurz wunderte sie sich über ihr Gefühlschaos, denn auch wenn sie nie so viele Freiheiten hatte wie ihr Bruder oder ihr Vater, war sie dennoch nie eingesperrt gewesen. Sie durfte raus wann immer sie mochte, solange sie vor Sonnenuntergang daheim war, ihre häuslichen Pflichten erledigt hatte und ihren Eltern ebenfalls berichtete, wo sie sich aufhalten würde. Natürlich wusste sie, dass sie als Frau definitiv mehr Freiheiten erfahren hatte, als anderen Mädchen und jungen Frauen gegönnt war. Deswegen wunderte es sie umso mehr, weshalb sie sich so befreit fühlte.
      Über die Antwort mochte Élodie später nachdenken, sie sollte sich endlich, für ihre gebrauchten Kräuter, auf den Weg zu dem Heiler machen um die Reise nach Paris endlich antreten zu können! Und das noch bevor ihr Vater zurück war.
      Sie rannte durch das Schneefeld in den Wald hinein um in die Innenstadt zu gelangen, auch wenn sie weiter am Rand wohnten, waren sie dennoch nicht weit von den anderen Häusern entfernt. Ihre Atmung war abgehackt, ihre Hände zitterten vor Aufregung, sie kümmerte sich nicht um die Blicke der anderen Einwohner und lief direkt zum heruntergekommene aber sauberen Haus. Sie klopfte dreimal Laut und dreimal leise, das war ihr Erkennungszeichen, damit der Heiler wusste, dass es nur Élodie war, und keiner der Wachen oder ein Patient. Die kleine Tür öffnete sich knarrend und ihr Freund Lucas kam zum Vorschein.
      Er ließ ihr Vortritt, in dem er ein paar Schritte bei Seite ging und schloss dann die Tür hinter sich. ,,Was bringt dich hierher Kind? Wir haben heute keine Lehrstunden", fragte er von ihrem Besuch überrascht und strich sich über den mittlerweile weiß geworden langen Bart.
      ,,Nun, ich mach uns einen warmen Tee und du kannst mich über den Grund deiner Gesellschaft unterrichten."
      ,,Dafür hab ich leider keine Zeit, Heiler Lucas! Ich muss heute noch außer Stadt, nach Paris und brauche eine Kräutermischung von dir", berichtete sie und klang dabei sehr gehetzt und ungeduldig.
      ,,Ich bin mir äußerst sicher, dass du eine Kräutermischung für herkömmliche Beschwerden, wie Reisekrankheit, selbst herstellen kannst, nicht wahr?"
      Lucas schaute sie gleichgültig an, ehe er mit den Schultern zuckte. ,,Aber wenn du dir schon den Weg hierher machst, kann ich dir ein Beutel mitgeben", sagte er und machte sich auf den Weg in die Kräuterkammer.
     ,,Heiler!", rief Élodie. ,,Diese Kräutermischung, die ich brauche, kann ich nicht selbst herstellen, mir fehlen die Kräuter, da diese nicht im Markt verkauft werden."
      Der Heiler blieb stehen und schien beunruhigt, denn für alle herkömmlichen Beschwerden und legalen Mischungen könnte sie alle Kräuter auf den Markt bekommen. Sie wusste, er ahnte schlimmes.
      ,,Von welchen Kräutern ist hier die Rede Kind?"
      ,,Petersilie, Beifuß und Weinraute habe ich bereits, jedoch brauche ich noch Safran und Salbei. Da ich diese sowieso nicht hatte, dachte ich mir, du könntest mir die vollständige Kräutermischung direkt aushändigen."
      ,,Abortivum", stellte der Heiler überrascht fest. Diese Kräutermischung händigte er heimlich hilflosen Frauen aus, die den außerehelichen Geschlechtsakt vollbrachten oder Frauen die geschändet worden waren, die zu ihm kamen.
     ,,War es einvernehmlich?", war das Einzige, was er fragte. Er würde seinen Lehrling nicht verurteilen, wenn es schon vor der Ehe seine Tugend verlor. Sie war äußerst froh, einen so rechtschaffenen und aufrichtigen Freund zu haben.
      ,,Das ist nicht wichtig", antwortete sie nur. ,,Ich sollte dir noch sagen, dass ich nie wieder vorhabe, zurückzukehren."

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Beta: > Toni-Malfoy <
2.Beta: Buchclub

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