Kapitel 2

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Was sollte ich nur tun?

Wie sollte ich mich verhalten?

Jetzt, nachdem ich meine Gefühle endlich wahrgenommen hatte, erschienen sie mir viel klarer und intensiver. Ich wollte nicht mehr in seiner Nähe sein, da ich sonst völlig überfordert wäre, doch was ich noch weniger wollte, war, von seiner Seite zu weichen.

«Oikawa?» Aus meinen Gedanken gerissen, schreckte ich hoch und sah einen verwirrten Iwaizumi vor mir. «Geht's dir gut? Du warst gerade vollkommen weg.» Ich schluckte und versuchte meine Panik nicht zu zeigen. Hatte er etwas gemerkt? Hatte er es meinem Blick angesehen? Hatte ich meine Gefühle etwa wirklich gerade mal drei Sekunden, nachdem ich sie realisiert hatte, verraten?

Als er an meiner Schulter rüttelte, wurde ich erneut in die Realität zurückgeholt. «Yo, du machst mir Angst. Ist alles in Ordnung?» Ich versuchte ruhig zu atmen, doch es gelang mir nicht. «I-Ich muss los», stotterte ich, während ich aufstand und so schnell es ging von ihm weglief.

Das war gerade alles zu viel für mich. Seine Stimme hatte viel zu tief geklungen und seine Hand hatte viel zu heiss auf meiner Schulter gelegen. Rasch bog ich um eine Ecke und lehnte mich gegen die Wand. Ich holte tief Luft und dieses Mal beruhigte sich mein Herz wirklich ein wenig.

Okay, ich musste einfach nur ruhig bleiben. Wenn ich diese zwei Wochen, in welchen ich mit ihm alleine sein würde, überleben wollte, musste ich schnell lernen, wie ich meine Gefühle unter Kontrolle bekommen oder, noch besser, einfach direkt loswerden konnte. Ich hielt kurz inne. Zwei Wochen... Oh Gott, ich würde ganze zwei Wochen mit ihm alleine sein.

Ich vergrub mein hochrotes Gesicht in den Händen. Nein, ich durfte nicht daran denken. Daran, dass wir nur mit unseren Badehosen bekleidet gemeinsam am Strand liegen würden. Daran, dass ich in unserem Zimmer sitzen und er sich im Badezimmer gleich nebenan duschen würde. Daran, dass wir uns ein Bett teilen würden und das erste, was ich morgens sehen würde, sein wunderschönes Gesicht wäre.

Schnell versuchte ich diese Gedanken auszublenden und es dauerte einige Momente, bis es mir auch wirklich gelang. Ich durfte nicht so denken. Er war mein Kindheitsfreund, mein bester Freund. Und auch nur ein Freund. Nichts mehr.

****

Wir sassen im Flugzeug und ich merkte, wie Iwaizumi neben mir immer nervöser wurde. Er war noch nie geflogen. Von Sorge gesteuert hätte meine Hand fast seine ergriffen, doch ich konnte mich noch rechtzeitig zurückhalten. «Beruhig dich», sagte ich und schenkte ihm ein kleines Lächeln. «Es ist alles gut.»

Dabei war gar nichts gut. Nachdem ich ihm gestern den ganzen Nachmittag aus dem Weg gegangen war, hatte er befürchtet, dass ich doch nicht mit ihm nach Okinawa gehen wollte. Natürlich stimmte das nicht, und ich hatte ganze 15 Minuten gebraucht um ihn davon zu überzeugen.

Ich hatte mich schlecht gefühlt als ich das Liebesgeständnis, welches ich abgewiesen hatte, als Ausrede für mein Verhalten benutzt hatte. Und als Iwaizumi mir sogar noch geglaubt hatte, hatte sich das schlechte Gewissen so schmerzhaft in mein Herz gefressen, dass ich ihm fast die Wahrheit gesagt hätte.

«Ich bin nervös», gab Iwaizumi leise zu und ich sah ihn erstaunt an. Es überraschte mich immer wieder wie leicht er über das reden konnte, was er empfand, ohne jegliche Form von Scham zu spüren. «Es ist okay», sagte ich so ruhig wie nur möglich. «Du bist okay.»

Ich war schlecht darin Leute zu beruhigen. Auch wenn ich ihn schon mein ganzes Leben lang kannte, blieben mir jedes Mal die Worte in der Kehle stecken, sobald ich seinen bekümmerten Gesichtsausdruck sah.

Meine Finger zuckten und ich ballte die Hände zu Fäusten. Ich wollte wirklich, wirklich seine Hand nehmen. Ich wollte meine Finger mit seinen verschränken. Ich wollte mit dem Daumen über seinen Handrücken fahren. Ich wollte ihm all seine Sorgen und Befürchtungen nehmen. Doch ich hielt mich zurück. Egal wie sehr ich es auch wollte, dass er es auch wollte, war eher unwahrscheinlich.

Ich versuchte diesen Gedanken schnell aus meinem Kopf zu verbannen. Früher hatten wir uns oft an den Händen gehalten. Wenn wir mit unseren Eltern einkaufen gegangen waren, wenn wir zusammen gespielt oder wenn wir beieinander übernachtet hatten. Als ich daran zurückdachte, musste ich ein wenig Lächeln. Ich konnte wirklich dankbar sein ihn zu haben.

Als das Flugzeug losfuhr und immer schneller wurde, klammerte sich Iwaizumi zwar an seinen Sitz, doch ich konnte die Bewunderung in seinen Augen sehen. Ich schluckte und ignorierte, wie sehr meine Wangen brannten. Ich liebte diesen Ausdruck in seinen Augen. Es schien immer so als ob das, was er ansah, dass Beste wäre, was er je erblickt hätte.

Ich würde alles dafür tun, dass er mich auch nur eine Sekunde lang mit diesen Ausdruck in den Augen ansehen würde.

so close but so far away || Iwaoi FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt