Die Verwundbarkeit einer Gewissheit

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Vor Schmerzen keuchend hangelte sich Ladybug über die Dächer Paris, dicht gefolgt von Cat Noir.  In wenigen Minuten würden sie sich Beide zurück verwandeln und das durfte nicht hier in der Öffentlichkeit passieren. Hawk Moth machte es dem Heldenteam in letzter Zeit wirklich nicht leicht. Seine akumatisierten Diener übten mehr Gewalt als je zuvor aus und mittlerweile sind ihre Körper trotz des schützenden Heldenanzugs nur so von blauen Flecken und Kratzern übersäht. Er lässt mehr Akumas als je zuvor auf die Menschheit los. Es vergeht schließlich kein Tag, an dem nicht mindestens eine Person akumatisiert wird. Das ganze Leid und der Stress spiegelt sich deutlich in ihren schulischen Leistungen und Leute fangen an Fragen zu stellen. Sollte es so weiter gehen, ist es nur noch eine Frage der Zeit bis eine Katastrophe eintritt oder ihre Identitäten auffliegen. Eine Lösung musste her!
„Ladybug!" schrie Cat Noir seiner Partnerin nach, die gerade in einer Seitengasse verschwand. Die Tritte, die er gerade eben noch von einem akumatisierten Leistungssportler in den Bauch bekam, machten sich jetzt deutlich spürbar. Mit vor Schmerzen angehaltenem Atem schlüpfte er jedoch auch in die Seitengasse und erblickte kurz darauf auch schon seine Ladybug, die sich mit zugekniffenen Augen die Steinmauer hinuntergleiten ließ. Ihm war durchaus bewusst, dass er schnell von hier verschwinden sollte, bevor er wieder zu Adrien werden würde. Aber er musste dringend mit Ladybug sprechen und vor allem konnte er sie einfach nicht in diesem Zustand zurück lassen. Selbst nach 3 Jahren liebte er sie noch.
„M'Lady" flüsterte er und glitt zu ihr in die Hocke. Seine eigenen Schmerzen ausblendend, griff er sanft ihr Handgelenkt und streichelte ihr über den Handrücken. Ihm tat es Weh, sie so zu sehen. Hawk Moth zerstörte ihr Leben. Ein Leben, welches sie schon lange nicht mehr führten. 
„So geht es nicht mehr weiter! Wir müssen endlich handeln."
„Wir handeln doch schon die ganze Zeit! Wir können nicht mehr tun, Cat Noir! Wir müssten erstmal Hawk Moths Identität herausfinden, um überhaupt eine Chance zu haben. Aber schau uns an. Wir sind nur noch 2 verletzte Teenager, die mittlerweile mit der ganzen Situation nur noch überfordert sind. Paris erwartet jedes Mal wie selbstverständlich, dass wir sie retten können. Aber ich kann es nicht mehr! Es soll endlich aufhören!" sagte Ladybug mit zittriger Stimme, während sie versuchte ihre Tränen zurückzuhalten. Chat Noir hatte sie selten so verzweifelt und hilflos gesehen und wusste sie nur noch in den Arm nehmen. So stark und selbstbewusst er sie auch kennengelernt hat, jetzt war kaum noch etwas davon übrig. Im Inneren hatte er zwar selber schon längst aufgegeben, aber das würde er ganz bestimmt noch nicht zugeben.
„Sowas darfst du nicht sagen. Wir schaffen das! Wir haben es immer irgendwie geschafft." flüsterte Cat Noir beruhigend in die Umarmung, während Ladybugs Ohrring einen weiteren Punkt verlor.
„Ich denke wirklich jede Minute über einen Plan nach, aber Hawk Moth ist so gut wie unerreichbar. Sag mir, wie willst du das schaffen?" schniefte Ladybug hysterisch. 
„Ich weiß es nicht, M'Lady. Viel zu verlieren haben wir allerdings nicht mehr. Wir müssen Dinge in Erwähnung ziehen, die wir nicht in Erwähnung ziehen sollten."
„Welche Dinge?" flüsterte sie daraufhin kaum hörbar. 
„Ich meine unsere Identitäten. Ich weiß nicht wer du unter deiner Maske bist und ich habe es immer akzeptiert, es nicht wissen zu dürfen. Aber würden wir unsere Identitäten jetzt kennen, könnten wir offen über alles reden und bereiter auf Angriffe reagieren. Wir würden früher oder später eine Lösung finden! Du bist die Hüterin, also kann uns niemand davon abhalten."
Eine kurze Stille legt sich kurz darauf über die beiden Superhelden, bevor sich Ladybug schließlich mit ruckartigen Bewegungen von Cat Noir wegriss. „Bitte was?!" keuchte die schwarzhaarige mit ruhigem, jedoch geschocktem Tonfall. Sie wusste nicht wie sie reagieren konnte, denn nur sie hat letztendlich  den akumatisierten weißen Kater aus der Zukunft gesehen. Dort löschte er sie mit samt Paris ohne großen Aufwand aus und all das erst nachdem er wusste wer sie wirklich war. Es war viel zu gefährlich, und die Gewissheit würde eine noch größere Verwundbarkeit hinterlassen. Ein Fehler, der nie gemacht werden durfte!
„Nein! Du weißt ganz genau, dass das nicht geht! Selbst wenn wir dann bessere Freunde sind bringt uns das überhaupt nicht weiter. Hawk Moth wird es erfahren und uns erpressen oder schlimmeres! Mal dir nichts falsches aus, Cat!" schrie sie mittlerweile schon und humpelte weitere Schritte von ihm weg. 
„Ladybug, warte! Ich habe selber keine Ideen mehr. Ich meine nur we-" weiter kam er nicht, denn seine Partnerin hatte sich schon mit ihrem Jo-Jo davon gehangelt. 
Verzweifelt fuhr sich der Blonde durch die Haare und stolperte ein paar Schritte nach hinten, sodass er die kalte Steinmauer in seinem Rücken spürte. Augenblicklich kam ihm wieder die Übelkeit hoch und jede Zelle seines Körper verkrampfte sich regelrecht. Langsam glitt er in die Hocke und schloss schwer schluckend die Augen. Sein ganzer Körper schmerzte, zugleich war aber auch alles in ihm taub und er spürte nichts. Nicht mal etwas hören oder sehen wollte er noch. Es war alles zu viel und nur einen kurzen Moment wollte er loslassen können. Die ersten Tränen bildeten sich in seinem Augenwinkel und flossen ihm sogleich auch über die Wange. Zu lange schon musste er seine Gefühle unterdrücken, damit er nicht auch noch Opfer eines Akumas wurde. Ein kalter Wind wehte ihm entgegen und ließ ihn zittern. Langsam öffnete er wieder seine Augen und starrte direkt auf den lila-schwarzen Schmetterling, der immer näher kam. Chat Noir war klar, dass er rennen musste, er musste ganz schnell von hier weg, aber sein Körper wollte sich einfach nicht von der Stelle rühren. 

Es war eine Frage der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt