Ein Fehler der Vergangenheit

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„Wie hast du mich gefunden?" fragte Marinette, während sie mit wackeligen Knien versuchte aufzustehen. Zu lange schon, hatte sie nicht mehr ihre Beine bewegen können und das machte sich gerade deutlich bemerkbar.
„Cat Blanc hat es mir nach einer gewissen Zeit ziemlich leicht gemacht, dich aufzufinden. Es war schließlich irgendwann offensichtlich, dass er dich als Ladybug anlocken wollte. Aber für diese ganzen Erklärungen haben wir jetzt auch keine Zeit mehr, Marinette!" antwortete der Kwami mit einem temperamentvollen Ton. Marinette nickte daraufhin verständnisvoll und versuchte sich an der Wand entlang zu tasten. Das Laufen viel ihr wirklich schwer, ganz davon abgesehen wie schwach, schmutzig und ausgehungert sie über die letzten Wochen geworden ist.
„Tikki, ich glaube ich schaffe das nicht." zitterte die Schwarzhaarige und stolperte auf die Tür zu. 
„Doch, du kannst das packen! Du hast so oft Paris gerettet und heute wirst du das auch schaffen können."
Marinette atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Sie hatte Fehler gemacht, die sie jetzt ausbügeln würde. Egal ob humpelnd oder  mit lauter Schrammen, es gab kein Zurück mehr. Die Tatsache aber, dass ausgerechnet sie jetzt alleine gegen ihren Partner kämpfen musste, brachte sie in eine wirklich gefährliche Lage. Aber Tikki weiß, was sie tut und sie musste ihr diesmal einfach vertrauen. 
„Also, bist du bereit, Mari?" 
„Ja, ich denke... Ich bin bereit" flüsterte Marinette ungewollt und bereitete sich innerlich schon auf die von ihr gleich gesagten Worte vor. Schnell flog der gepunktete Kwami noch durch die Tür, woraufhin sich durch ein Klicken des Schlüssellochs die Tür aufschwingen ließ. 
„Tikki, verwandle mich!" sagte Marinette, woraufhin ihre Freundin sofort verschwand.
Direkt spürte sie, wie aus ihren schmutzigen Klamotten ein eng geformter Anzug wurde. Die Kraft, die ihr ihr Kwami verleite, stieg in ihr hoch. Das altbekannte Gefühl, verwandelt stark zu sein, verlieh ihr wieder etwas positives Denken. Sie schritt also mit anhaltend wackeligen Beinen aber einer trotzdem selbstbewussten Haltung durch die mittlerweile offene Tür. In einem noch kleineren Kellerraum angelangt, konnte sie eine schmale Treppe ausmachen, die zu einer Stahltür führte. Ein minimales Fenster, warf ein wenig Licht in den Raum, wodurch sich auch ein kaputter Ledersessel entdecken ließ. Langsam bewegte sie sich also die etwa fünf Stufen nach oben und umfasste kurz darauf auch schon den kalten Türgriff, bevor sie inne hielt. 
„Du schaffst das, Ladybug!" flüsterte sie sich selbst Mut zu, während sie noch einmal tief luftholte. Egal was sie hinter dieser Tür erwarten würde, sie durfte nicht aufgeben. Also drückte sie endlich den Türgriff runter, der sich von innen gut öffnen ließ. Ein angenehmer Windstoß wehte ihr entgegen, weshalb sie sich eine widerspenstige Haarsträhne hinters Ohr strich. Die Tür führte direkt unter freien Himmel. Genauer gesagt in die Seitengasse, die sie vor ein paar Wochen aufgesucht hatte. Alles sah noch ganz unverändert aus, wie als wäre sie garnicht weggewesen. Hier hatte ihr Fehler begonnen und den würde sie hier auch hoffentlich wieder berichtigen. Es war Nacht, was ihr wirklich gelegen kam. Denn so standen ihr weniger Zuschauer bei ihrem bevorstehenden Kampf hervor. Trotz des dunklem Himmels, blendeten sie die hellen Straßenlaternen und die Stille schlug ihr auf die Ohren. Sie durfte mit niemanden reden und das galt auch für Cat Noir. Aber wie ließ sich Cat Blanc sonst erreichen? Irgendwie musste Ladybug ihn schließlich anlocken.
Zitternd griff sie also nach ihrem Jo-Jo und schob es so auf, dass eine Art Telefon erschien. Cat Noirs Kontakt stach ihr direkt ins Auge. Noch bevor sie es sich anders überlegen konnte, drückte sie auf "Nachricht hinterlassen" und ein ein neues Fenster öffnete sich. 
„Ich bin hier, Cat." sprach sie ruhig ins Telefon, obwohl sie innerlich vor Angst schreien könnte. 
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„Meine Lady ist also wieder aufgetaucht." hörte Marinette nach einer Zeit plötzlich eine Stimme hinter ihr sarkastisch sagen. Insgeheim hatte sie eigentlich gehofft, er hätte mit ihrer hinterlassenden Nachricht nichts anfangen können. Aber sie lag wohl falsch. Direkt versteifte sie sich und ein paar Minuten war sie unfähig sich noch zu bewegen. Seine Stimme hatte sich verändert. Der liebvolle und humorvolle Unterton hatte sich verflüchtig. Und jetzt bereitete nur ein einziges Wort seinerseits ihr Gänsehaut der Furcht. 
„Du bist später gekommen als erwartet." sagte Cat Blanc trocken „Vielleicht sogar zu spät. Was würdest du sagen?"
Aus Reflex und Wut drehte sie sich um und schwang ihr Jo-Jo so, dass das Seil seine Schienbeine zusammenknoteten ließ und er direkt nach hinten fiel. Noch etwas zögernd zog die Schwarzhaarige ihn in ihre Richtung, während sie sich ebenfalls auf ihn zubewegte. 
„Hab ich dir die Sprache verschlagen, M'Lady?" sagte er sarkastisch. Sie wollte und durfte nicht mit ihm reden, aber das Ignorieren seiner eisigen Worte fiel ihr trotzdem schwer. Taktisch platzierte sie sich über ihm und drückte ihn an beiden Handgelenken fest auf den Boden, während ihr Unterkörper auf seiner Brust positioniert war.  Sie wusste, dass sich der Akuma höchstwahrscheinlich in der Glocke an seinem Hals befand, denn in seiner zukünftigen Akumatisierung war der Schmetterling ebenfalls dort gewesen. Also griff sie Ruckartig an seinen Hals um an die Glocke zu kommen. Er jedoch drückte sich mit Kraft nach oben, sodass sie die Potion tauschten. Nun hatte also er ihre Handgelenke links und rechts neben ihr gepackt, während die Angst in ihr Gesicht geschrieben war. Es war klar, dass sie so geschwächt deutlich weniger Chancen gegen ihn hatte, aber eine so plötzliche Niederlage war nicht zu erwarten gewesen.
„Seit wann bist du so schwach?" flüsterte Cat Blanc belustigt nah an ihr Ohr. „Haben dich die letzten Wochen etwas angestrengt?"
Marinettes Atem stoppte abrupt. Das war eindeutig eine Anspielung auf ihre Identität gewesen und diese Tatsache ließ sie zittern. Wie viel wusste er? Und wie viel wusste mittlerweile ganz Paris? Sanft aber sicherlich nicht im guten Sinne strich er um ihren Ohrring. Er wollte sie quälen. Quälen mit einer Gewissheit, gleich gegen ihn zu verlieren.
„Hast du Marinette denn gut versteckt?" grinste ihr Partner, während er weiter ihren Ohrring umspielte. „Oder hat sie sich vielleicht nur verkleidet?" Aus dem Augenwinkel konnte sie einen einen winzigen Kataklysmus erkennen, der sich wie ein weißer Magieball aus seinen Fingerspitzen bildete. Diesen Kataklysmus hielt er ihr gefährlich nah an die Kehle und beobachte Ladybugs ängstliche Mimik.
Erschrocken schlug sie um sich und schaffte es irgendwie ein wenig von ihm wegzukriechen. Er wusste es! Er und Hawk Moth, vielleicht sogar die ganze Stadt. Hoffentlich hatte Tikki eine wirklich gute Lösung, denn die Situation spitze sich gerade massiv zu.
„Nein!" schrie sie einige Male verzweifelt, während ihr Gegner sich langsam wieder näherte. Sie wusste nicht mehr was wie tat, sie wollte einfach nur noch ein Ende finden.
„Glücksbringer." schniefte sie noch unter ihren ersten Tränen, woraufhin eine kaum sichtbare gepunktete Stecknadel in ihrer Hand landete. Ihr kam eine Idee und das Cat Blanc sich ihr wieder annäherte, kam ihr sehr gelegen. Ein weiteres Kataklysmus strich so knapp an ihrem Schlüsselbein entlang, dass sie schon fast diese  verschlingende Macht spüren konnte.
„Marinette, du siehst müde aus. Du musst dich nicht mehr anstrengen." flüsterte ihr Partner knapp vor ihrem Mund. Er hatte sie also wirklich mit ihrem richtigen Namen genannt, was ihr die entfültige Bestätigung gab.
„Vielleicht muss ich mich mehr anstrengen." antwortete Ladybug und bewegte ihre Hand mit der Stecknagel nah an seinen Hals „Aber eine Lösung werde ich immer finden!" flüsterte sie noch  während die Nadel in seine Glocke einstach und der Akuma aus ihr raus geflattert kam. Schnell stand sie auf und fing den Akuma ein, für den 'Miraculous Ladybug' war allerdings keine Zeit mehr gewesen. Sie bewegte sich aus der Gasse mit ihrem bereit gehaltendem Jo-Jo, als sie sich nochmal umdrehte. Der komplett verwirrte wieder unakumatisierte Cat Noir rappelte sich auf und schaute kurz darauf in Ladybugs trauriges und müdes Gesicht.
„Es wird alles gut." sagte sie noch kaum hörbar mit einem aufgezwungenden Lächeln, woraufhin sie sich endlich davon schwang.

Es war eine Frage der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt