Besuch vor Mitternacht

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Cat Noir schwang sich über einige Dächer, bis er schließlich die kleine Bäckerei vor sich ausmachen konnte. Ihn ließ die Frage einfach nicht los, über was Marinette mit ihm reden wollte. Nachdem sie in das Auto, welches vermutlich von ihren Eltern stammt, eingestiegen ist, hat er anschließend auch das Cafe betreten. Nino und Alya erwarteten ihn dort, allerdings war ihnen die Enttäuschung sichtlich ins Gesicht geschrieben. Was wussten sie, was er nicht wusste? Was ihn jedoch die letzten Tage viel mehr noch beschäftigte, war seine Akumatisierung. Ladybug sagte ihm jegliche Patrouillen ab und wenn er mal das Gespräch zu ihr fand, blockte sie stets ab. 
Sie ging ihm offensichtlich aus dem Weg und das musste seinen Grund haben. Einige Journalisten haben nach der Entführung auch Marinette aufgesucht, aber sie hat ihnen deutlich klar gemacht, dass sie nicht mit ihnen über jegliche Geschehnisse reden würde. Und solch ein Verhalten würde Marinette normalerweise nie an den Tag legen. 
Er holte seinen Stab hervor, mit dem er schließlich durch sämtliche Wände hindurchschauen konnte. Er richtete ihn also auf ihr Zimmer, wodurch ihm sogleich eine völlig aufgelöste Marinette ins Auge stach. Sie lag mit angewinkelten Beinen in ihrem Bett und schluchzte in ein Kissen. Ihr Anblick verletzte ihm augenblicklich einen Stich, wodurch ihm alle Überlegungen über sein Handeln aus dem Kopf gefegt wurden. Er wollte sie nur noch in den Armen halten, während er ihr versichern würde >Sie wäre in Sicherheit<. Ohne Geräusche zu verursachen sprang er auf ihre Dachterrasse. Sein Herzschlag beschleunigte sich unerwartet stark, als er sich ein Herz fasste und an die Dachluke klopfte.
Marinette erschrak auf der Stelle, während sie sich entsetzt aufsetzte. Sie schaute auf ihren Wecker, welcher auf ihrem Nachtisch platziert war. <23:44> Wer sollte sie um diese Uhrzeit noch aufsuchen? Abgesehen davon, dass generell niemand ausgerechnet an ihre Dachluke klopfte. Ihr schieß der beunruhigende Gedanke durch den Kopf, jemand Akumatisiertes hätte es auf sie abgesehen. Allerdings wären diese höchstverscheinlich nicht so freundlich um anzuklopfen. Also besiegte sie ihren inneren Widerstand und öffnete die Klappe einen minimalen Spalt, sodass sie wenigstens einen Teil ihres Besuchers ausmachen konnte. Sie gab einen erleichtertes Seufzen von sich, als Cat Noirs grüne Augen ihre trafen. 
„Hallo, Prinzessin." grinste er, während er ohne zu fragen durch die Luke kletterte. Ihr Atem stoppte und sie drehte ihren Kopf gestresst zur Seite, während sie sich übrige Tränen wegstrich. Er hatte sie schon zuvor >Prinzessin< genannt, allerdings entsprach der Klang dieses Wortes genau dem, wie Cat Blanc ihn ausgesprochen hatte. Viel zu stark erinnerte sie das an ihr Leid. Sie würde es sich nicht selber eingestehen, aber die Wochen in diesem Keller waren mit Abstand die schlimmsten in ihrem ganzen Leben gewesen und wenn sie vor eins Angst hatte, dann vor Cat Blanc. 
„Schaust du öfters kurz vor Mitternacht bei irgendwelchen Mädchen vorbei?" lachte sie sarkastisch. 
„Zumindest nicht bei irgendwelchen. Du bist die Ausnahme." antwortete er in einem unerwarteten ernstem Ton, weshalb sie ihre Augenbrauen zusammen zog.
„Was macht mich denn zur Ausnahme?"
„Du hast geweint." sprach er und schaute nebenbei erklärend auf den Stab, welche er als seine Waffe besaß. Marinettes Augen weiteten sich geschockt, während sie sich neue anbahnende Tränen wegblinzelte.
„Und ich hab mich noch nicht bei dir entschuldigt. Es tut mir Leid." rechtfertigte sich Cat Noir verlegen. Marinette schluckte schwer, zwang sich allerdings ein dankendes Lächeln auf.
„Du konntest nichts dafür. E-Es macht mir nichts mehr aus, wirklich...nicht." 
Noch während Marinette diese Worte sprach, sammelte sich wieder das Wasser ihren Augen, sodass sie es nicht mehr unterdrücken konnte und diesmal in ein noch stärkeres Schluchzen ausbrach. Cat Noir krabbelte ohne Überlegungen auf sie zu und zog sie eine feste Umarmung. Es vergingen einige Minuten in denen er einfach ihrem Weinen lauschte und die Wärme ihrer weichen Haut genoss. Er strich ihr also beruhigend über die Haare, während ihr Gesicht auf seiner Brust ruhte, woraufhin ihr Wimmern langsam nachließ. 
„Sagst du mir, was ich dir damals angetan habe?" fragte der Blonde vorsichtig. Marinette verkrampfte augenblicklich ihre Hand in der Bettdecke. Sie löste sich jedoch sogleich vorsichtig aus der Umarmung und schaute ihm in seine Augen und schüttelte kurz darauf kaum merklich den Kopf.
„N-Nein. Noch nicht...jetzt."  antwortete die junge Hüterin sanft. Sie wollte es niemanden erzählen. Es reichte schon, dass die Situation sich jedes Mal aufs neue vor ihren Augen abspielte. Es sollte etwas sein, was nur sie betraf. Nicht einmal Tikki würde sie die Einzelheiten erzählen können, ganz abgesehen von dem Kuss mit Cat Blanc. Es würde auf ewig ihr die Bestätigung geben, wie wichtig das Geheimhalten ihrer Identität sei.
„Weder du noch Ladybug redet über irgendetwas, und ihr seid die einzigen, die die Situation mit eigenen Augen gesehen haben. Es macht mich verrückt nichts zu wissen! Ich weiß, ich habe dir wehgetan, Marinette. Aber bitte, gib mir nur einen Anhaltspunkt." versuchte es Cat Noir, weshalb die Schwarzhaarige einen leeren undurchdringlichen Blick aufsetzte. „Bitte." flüsterte er ein weiteres mal und strich ihr eine Haarsträhne hinter ihr Ohr. 
„Du hast mir nicht wehgetan. Es war einfach alles ganz anders als du wahrscheinlich denkst. Ich hatte Angst, Cat und i-ich will wirklich nicht darüber reden...vorerst." Marinette wurde während dem Sprechen immer leiser, bis sie schließlich aufhörte und von ihr nur noch ein leises Wimmern zu vernehmen war. Er verstand und entschied sich schließlich dazu, nicht mehr weiter darauf einzugehen. 
Er wusste nicht mehr wie lange sie bereits schon da lagen, aber die Dunkelheit hinter ihrem Fenster nahm massiv zu. Mittlerweile lag er auf ihrem Kopfkissen, während sie zwischen seinen Beinen plaziert war und an die Decke starrte. Seine arme lagen auf ihrem Bauch und sein Kinn legte sich sanft auf ihren Kopf. Zwischen den Beiden herrschte Stille, welche jedoch überhaupt nicht peinlich war. Sie verstanden sich in diesem Moment ohne Worte und lauschten Beide dem Atem des jeweils anderen. Eigentlich hatten gerade sie nie besonders viel miteinander zu tun gehabt, trotzdem fühlten sie sich irgendwo verbunden. Schließlich kannten sie den anderen bereits recht gut, jedoch konnten sie das Wissen vom anderen nicht erahnen. Marinette wollte erst heute noch ihrem jahrelangen Schwarm ihre Gefühle gestehen, stattdessen kuschelte sie jetzt mit ihren Partner. Was ging nur in ihr vor?
„Marinette, inwiefern magst du Adrien?" durchbrach Cat Noir plötzlich die Stille, denn schon seit einigen Minuten fixierten seine Augen die Poster von Adrien, welche über ihren Schreibtisch hingen. Früher hatte er ihr Glauben geschenkt, sie hingen dort nur wegen ihrer Leidenschaft für Mode. Jedoch hatte sie seitdem ihr ganzes Zimmer umdekoriert, bis auf die Poster von ihm, welche nach wie vor an Ort und Stelle standen. War es möglich, dass sie doch Gefühle für ihn hattd? Marinette setzte sich auf und folgte seinem Blick.
„Eh was- Natürlich mag ich Adrien." erwiderte sie verlegen. Sie war selbstverständlich aus dem Alter raus, an den man Poster vom eigenen Schwarm an die Wand hing. Allerdings konnte weder wollte sie diese noch abhängen.
„Ich meine... Hast du Gefühle für ihn?" fragte er erneut unsicher, woraufhin Marinette sich kichernd zurück in die Matratze fielen ließ.
„Inwiefern denkst du denn, dass ich dir das erzählen werde?" konterte sie bedacht, ihn auf die Folter zu spannen. „Aber was ich dir gerne erzählen würde, dann dass ich wirklich glücklich bin, dass du hier bei mir bist."

Es war eine Frage der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt