„Bitte lass ihn gehen..."

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„Wer weiß, Cat Noir." lächelte Marinette ein wenig gezwungen „Vielleicht hab ich dich ja gesucht." 
Cat Blancs emotionslose Mimik veränderte sich jedoch nicht. Er zog nur etwas uninteressiert seine Augenbrauen einen Moment lang nach oben. Langsam ging er wieder auf die Schwarzhaarige zu und kniete sich direkt vor sie, um ihr Kinn anheben zu können. Er kam ihrem Gesicht gefährlich nah, sodass kaum noch ein Blattpapier zwischen sie passte. Marinette hatte zwar furchtbare Angst, aber da war auch noch etwas anderes. Sie fühlte trotz seinem boshaften Erscheinungsbild eine Geborgenheit und Sicherheit in ihr, die sie bei Cat Noir oft verspürt hat. 
„Dann hast du mich ja gefunden." flüsterte Cat Blanc plötzlich an ihr Ohr und strich ihre Haare sanft aus ihrem Gesicht. Sein seltsam wechselndes Verhalten machte sie unglaublich nervös und konnte so noch weniger voraussehen, was er als nächstes vorhatte. Sie wusste schließlich immer noch nicht, warum sie hier war und sie befürchtete das schlimmste.
„Naja, um ehrlich zu sein hast du mich gefunden." sagte sie mit zitternden Körper. Das Seil an ihren Handgelenken, welches sie an Ort und Stelle hielt, rieb schmerzhaft an ihrer Haut. Und ihre Schultern wurden fest an die kalte Wand gedrückt, was ihre Hämatome dort nicht gerade angenehm fanden. 
„Du warst zur falschen Zeit am falschem Ort, Marinette." hauchte er und nahm wieder etwas Abstand von ihr. 
„Aber was habe ich, was Hawk Moth haben will?" 
„Deine Anwesenheit." antwortete Cat Blanc trocken, während er sich angestrengt die Schläfe rieb. Ihre Anwesenheit? Was hatte das zu bedeuten? 
„Cat Noir, ich verstehe nic-" weiter kam sie nicht, denn ein Finger landete auf ihren Lippen. Ihr Partner schüttelte schwach den Kopf und setzte zum Wort an. „Ladybug würde es sich wohl kaum verzeihen, eine vermisste Person nicht versuchen aufzusuchen. Mehr brauchst du wirklich nicht zu wissen." 
Bedeutete das, sie war jetzt eine Art Geisel solange bis sie Ladybug selber in ihrer Gewalt haben würden. Lockvogel könnte man es wohl auch nennen. Das Problem ist nur, dass sie Ladybug bereits in ihrer Gewalt hatten. Nur das ohne jegliche Kräfte. Sie könnten also lange warten und Marinette würde in diesem Kellerraum vermutlich umkommen, wenn Tikki sie nicht finden würde.
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Marinette wusste nicht mehr wie lange sie sich bereits in den Fesseln von ihrem akumatisierten Partner befand. Sie verweilte die meiste Zeit in einem Art Halbschlaf-Zustand. Sie war weder wach, noch am schlafen. Die komplette Dunkelheit und Kälte um sie herum begleiteten sie dauerhaft und Cat Blanc kam nur zu ihr, um ihr etwas zu essen und trinken zu geben. Ihre Familie und Freunde wissen überhaupt nicht was passiert und müssten mittlerweile wahrscheinlich schon halb Paris nach ihr abgesucht haben. Anfangs hatte sie noch Hoffnung in Tikki gesetzt, dass sie sie finden würde. Aber ihr Besuch blieb weiterhin ungeschehen. Sie hatte schon so gut wie verloren und ein Ausweg i
war ausgeschlossen. Hawk Moth könnte inzwischen halb Paris sogar auseinander genommen haben und sie hätte keinen blassen Schimmer. Wie lange jemand wohl überhaupt akumatisiert sein konnte? Plötzlich hörte sie jedoch wieder ein ihr derweilen bekanntes knipsen von einem Lichtschalter und dann einer Tür, die aufschwang. Das schwache Licht blendete sie viel zu stark und schloss somit direkt wieder die Augen. „Cat Noir." keuchte sie kaum hörbar. Sie war so schwach geworden, dass ihr selbst das Sprechen schwer fiel „Wie lange bin ich schon hier?".
„6 Tage." antwortete Cat Blanc stumpf, ohne sie anzusehen. Es kam ihr bereits viel länger vor und auch Hawk Moth müsste sich eigentlich über das Fehlen von Ladybug mittlerweile wundern. Er kniete sich wieder vor sie und machte Anstalten, ihr das Wasser in den Mund zu kippen, sie drehte jedoch ihren Kopf weg. 
„Nein, lass es!" maulte sie mit kratzender Stimme. Vorsichtig schaute sie wieder in seine Richtung und ihr fiel auf, dass er sie immer noch nicht ansah. Seitdem ihr Zustand sich so verschlechtert hat, hatte er sie eigentlich nie richtig mehr angeschaut. 
„Cat, schau mich an... Bitte!" flüsterte sie sanft in seine Richtung. Mit sich selbst kämpfend, drehte er sich jedoch wirklich zu ihr um. In seinen Augen war die pure Qual abzulesen. Er konnte nicht mehr. Hawk Moth hatte jegliche Grenzen überschritten. 
„Oh Cat! Es tut mir so Leid." sagte sie, während ihr bereits einige Tränen über die Wange liefen. Sie konnte bei ihm eindeutig auch glasige Augen feststellen, sein Blick war aber anhaltend kalt und lieblos. „Bitte lass ihn gehen..." wimmerte sie unter Tränen, hoffend dass es noch bei Hawk Moth ankommen würde. Es tat ihr schrecklich weh ihn so zu sehen, dabei war es fast alles nur ihre Schuld. Ihr Körper war zu schwach um noch jegliche Bewegungen durchzuführen, ihr inneres dagegen wurde nur so von Emotionen überschüttet. Auf einem ihrer Beine konnte sie überraschenderweise eine Hand ausmachen, die ebenfalls zu zittern schien. Erstaunt öffnete die schwarzhaarige wieder leicht ihre Augen. Sein Blick war plötzlich tiefenbesorgt und voller Schmerzen. 
„Er ist nicht da, Prinzessin." Sie hatte allerdings keine Ahnung wovon er sprach, weshalb sie nur einen fragenden Blick versuchte. Er schien ihre stummen Fragen erahnen zu können, denn er nickt leicht. „Er  ist nicht verwandelt." 
Marinette verstand sofort. Hawk Moth hat ihn noch unter seiner Macht, aber in diesem Moment konnte er Cat Blanc nicht sehen, somit ihm auch nichts befehlen. Ihm blieb nur der tiefe Wille, böse zu sein. Auch wenn ihr Partner gerade alles andere als noch böse auf sie wirkte. Ihr Blickkontakt unterbrach nicht und seine Hand glitt langsam hinter ihren Rücken. Er griff die Fesseln um ihre Handgelenke und lockerte sie mit einem Zog ein wenig, jedoch nicht so viel um sich selbstständig aus ihnen lösen zu können. Direkt entspannte Marinette leicht und legte ihren Kopf in den Nacken. Sie spürte, wie er sich über ihr aufbaute und er sie an ihrem Hinterkopf näher an sein Gesicht zog. Marinette konnte seinen Atem auf ihrer Haut fühlen, weshalb sie erschauderte. Sie wusste nicht mehr was sie dort tat, aber sie wünschte sich in diesem Moment so sehr wieder seine Zuneigung, dass sie jeglichen Verstand über Bord warf. Cat Blanc platzierte seine Lippen kaum spürbar auch ihren und bewegte sie über ihr. Marinette streckte ihren Kopf näher in seine Richtung und intensivierte somit dieses berauschende Gefühl. Es war wie, als würden beide ihren ganzen Schmerz in diesen Kuss stecken. Es war in diesem Moment so falsch, für die Beiden aber so richtig.

Es war eine Frage der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt