Kapitel 1

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Acht Jahre später

Steven Rogers schlenderte durch das Hauptgebäude der Avengers. Es war ein warmer Sommermorgen und die hellen Strahlen der Sonne bahnten sich den Weg durch die Fenster, was eine warme Atmosphäre verbreitete.
Der Captain bog vom Flur ab, in den Wohnbereich und setzte sich auf das geräumige Sofa, auf dem bereits die schwarze Witwe saß und ins leere starrte.
In letzter Zeit hatte sie das oft getan - zu oft, wenn es nach Steve gegangen wäre. Offenkundig machte er sich Sorgen um sie, womit er wissentlich nicht der einzige war.
„Was ist los?", fragte er fordernd und direkt, ohne zu zögern.
„Hm?" Natascha drehte sich sichtlich überrascht zu ihm.
„Dich beschäftigt etwas und das seit Tagen. Wir sind ein Team, eine Familie, schon vergessen? Bei uns redet man über Probleme und löst sie gemeinsam."
Er schenkte ihr ein aufmunterndes Lächeln.
„Eine Familie ist für mich immernoch etwas ungewohntes", entgegnete sie charmant. „Trotzdem hast du es geschafft, meine Gedanken auf den Punkt zu treffen." Sie wendete ihren Blick wieder in die Ferne.
"Ich verstehe nicht recht..."
Der Captain folgte ihren Augen, in der Hoffnung seine Freundin zu verstehen.
Er war die gute Seele, die Rechtschaffenheit des Teams und hatte immer für jeden ein offenes Ohr. Gerade bei Nat, mit der er sich äußerst gut verstand, fiel ihm eine abweichende Stimmung schnell auf. Dennoch verstand er, ihr Freiraum und Zeit zu lassen, wie auch Bucky ihn manchmal brauchte und er selbst war davon keine Ausnahme. Vor allem wenn die 'Neuzeit' auf den Mann aus dem Eis niederprasselte entfloh er gerne mit Zeichenblock und Stift der erdrückenden Realität des digitalen Zeitalters.
Umso besser, dass die Avengers - größtenteils Außenseiter oder Exoten wie er - ihm Halt gaben.
Als Team, gegenseitig, und jetzt war er dran Romanoff zu helfen.
„Ein Team, eine Familie...Tony hat jetzt schon lange eine Tochter...niemand von uns kann wohl leugnen Morgan nicht zu lieben, aber trotzdem ist sie sein und nicht unser Kind..." Besorgt sah Steve wieder zu ihr.
„Worauf willst du hinaus?"
„Du bist um die 120 Jahre, Bucky ebenfalls, Sam ist der Einzelgänger schlechthin was Beziehungen angeht, Thor hat Jane, Tony, Pepper und Morgan, Clint eine ganze Familie, Bruce wird wohl immer allein bleiben und ich bin-", sie unterbrach ihre Erklärung, senkte den Kopf und verdrückte eine Träne.
Rogers rückte näher an sie und legte ihr stärkend die Hand auf den Rücken.
„Ich bin ein Monster und nachdem sie mich zu ihm gemacht hatten sorgten sie dafür, dass ich immer eins sein werde."
Vorsichtig blickte sie auf in seine stahlblauen Augen, die sie mitfühlend musterten. „Natascha, wir sind keine Monster, nur weil wir anders sind oder bestimmte Dinge getan haben, die man als unredlich betrachtet."
Sie nickte.
„Es gab eine Abschlusszeremonie", setzte die Kampfexpertin fort.
„Dabei haben sie uns das Einzige genommen, was hätte wichtiger als ein Auftrag sein können."
Ihr Blick löste sich von seinem und glitt traurig zu Boden.
„Bei der Zeremonie haben sie uns sterilisiert."
Sie lehnte sich an die muskulöse Schulter des Supersoldaten.
„Ich habe mir immer eine richtige Familie gewünscht, seit ich aus dem KGB raus bin. Jetzt, wo ich Morgen sehe und Clints Familie, hat sich daraus eine regelrechte Sehnsucht entwickelt. Ich- ich möchte einmal einfach normal sein."
Stumm nickte Steve zustimmend.
„Wenn meine Mutter wüsste, dass ich mit über 120 Jahren immernoch ledig und kinderlos bin hätte sie mich ordentlich gerügt.", er grinste schief und zauberte Natascha ein Lachen auf die Lippen.
„Aber du hast Recht, irgendwie fehlt etwas."
Plötzlich begann Jarvis durch die Lautsprecher zu labern.
„Miss Romanoff, Nick Fury erwartet Sie im Konferenzraum drei. Nehmen Sie sich ihre Ausrüstung mit, Ihre Rückkehr wird auf den morgigen Tag gegen elf Uhr datiert."
Die schwarze Witwe schnaufte genervt und erhob sich.
„Klingt, als müssten wir das Ende unseres Gesprächs auf morgen verschieben."
Steve sah zu ihr auf.
„So sieht's aus. Richte Fury meine Grüße aus, ich werde mich bei Jarvis für die Unterbrechung bedanken."
Natascha nickte ihm freundlich zu und verließ den Raum.
„Ich nehme Ihre Ironie zur Kenntnis, sollten Sie Probleme haben, so ist Mr. Stark Ihr Ansprechpartner."
Etwas genervt, aber dennoch amüsiert von der KI schüttelte der Captin den Kopf.
"Ich wollte sowieso mit ihm reden..."

Tony saß zusammen mit seiner kleinen Tochter Morgan auf dem Schoß in der Werkstatt im Keller und tüfftelte an irgendetwas herum, während die Kleine ihn voll babbelte.
Vorsichtig klopfte Rogers an die Wand, bevor er den türlosen Raum betrat.
Überrascht drehte sich der Iron Man um und musterte ihn.
„Captain Iglu konnte sein Ego überwinden und leistet uns jetzt Gesellschaft!", stellte er erfreut zu Morgan fest.
„Ich wusste gar nicht, dass wir Besuch haben", erwiderte Steve und deutete auf das Kleinkind.
„Pepper muss arbeiten."
Verständnisvoll nickte der Captain.
„Also was führt dich hier runter?"
„Einerseits wollte ich dich bitten, die Ironie von Jarvis zu überarbeiten-"
Tony unterbrach ihn.
„Was stimmt mit seiner Ironie nicht? Er kommt dem Original, Mr. Jarvis, nämlich ziemlich ähnlich."
„Damit hast du wohl mehr Recht, als dir bewusst ist..."
Stark kräuselte seine Augenbrauen.
„Hast du ihn gekannt?"
„Flüchtig. Peggy kannte ihn besser und hat vor der S.H.I.E.L.D. - Gründung öfters mit ihm zusammengearbeitet. Einmal haben die beiden dabei deinem Vater die Haut gerettet." Verblüfft zog der Mechaniker die Augenbrauen in die Höhe.
„Davon hat er nie ein Sterbenswort erwähnt; Grießgram."
Kurz kehrte Stille in den Raum ein, bis Morgan anfing in den Armen ihres Vaters leise zu schnarchen. Überrascht betrachteten die beiden Männer das Mädchen.
„Sie hat die Ruhe weg!", nickte Steve anerkennend im Flüsterton.
„Kommt nach ihrer Mutter", grinste Tony zurück.
„Nimmst du sie mal? Ich muss pinkeln."
Mit diesen Worten bekam Captin Amarica überraschend die Kleine auf die muskulöse Schulter gelegt und ehe er sich versah stand er alleine im Raum.
Liebevoll streichelte er Morgan den Rücken, als wenige Minuten später ihr Vater zurückkehrte.
„Ich habe mir immer eine Tochter gewünscht. Sie ist wundervoll."
Behutsam gab er die junge Stark zurück an ihren Vater.
„Ich weiß", grinste dieser.
„Sie ist ja auch meine Tochter!"
Kurz hielt er inne.
„Dir liegt noch etwas auf dem Herzen oder?"
Rogers nickte.
„Ich habe mit Natascha gesprochen und sie meinte, ein eigenes Kind genauso zu vermissen, wie ich selbst. Naja, wahrscheinlich vermisst sie es noch mehr als ich..."
Der Vater betrachtete glücklich seine Tochter.
„Das kann ich gut verstehen. Morgan ist das Beste, was mir je passiert ist... Es ist normal, sich nach einer Familie zu sehen. Habt ihr mal über Adoption nachgedacht?"
Steve schüttelte den Kopf.
„Nein, aber es ist eigentlich keine schlechte Idee..."

Es dauerte keine zwei Wochen, ehe Steve Rogers und Natascha Romanoff, vertretend für nahezu alle Avengers, beim örtlichen Jugendamt saßen und sich über eine Adoption informieren ließen.
Es war der Captain gewesen, der auf ein persönliches Gespräch hingedrengt hatte, weil er der ganzen Technik nicht genug Vertrauen abgewinnen konnte und wichtige Entscheidungen, zu der aus seiner Sicht eine Adoption zählte, stets von Mensch zu Mensch geregelt werden sollten.

(K)eine AdoptionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt