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Er fährt nun endlich etwas langsamer, auch wenn er mich deshalb nun schon einige Male anmeckert, weil er wie es aussieht viel schneller fahren will.

"Wo wohnst du?"

Zunächst sehe ich ihn etwas verblüfft an, warum er mich so etwas fragt bis mir wieder einfällt warum ich überhaupt in sein blödes Auto eingestiegen bin. Der Grund ist einfach weil ich meinen Bus verpasst habe und weil ich kein eigenes Auto habe. Ich muss endlich einen Job finden. Ich muss fahren lernen. Es stimmt, dass ich mit meinen 20 Jahren immer noch nicht Auto fahren kann. Ich weiß nicht ob es einen Grund darstellen sollte mich schlecht zu fühlen. Wer kann denn in meinem Alter kein Auto fahren? Anfangs hatte ich die Vermutung, dass ich durch den Unfall einfach nur mitvergessen habe wie es geht, doch inzwischen bin ich mir sicher, dass ich es wohl nie gelernt habe. Das ist wie Fahrrad fahren oder wie Laufen und Sprechen. Sowas verlernt man nicht einfach so, oder?

Verloren in meinen endlosen Fragen, suche ich verzweifelt nach einer Antwort. Ich weiß immer noch nicht wer ich bin. Außerdem hat mir Rick immernoch nicht gesagt was er über mich weiß. Ich habe es schon unzählige Male versucht, aber ich bekomme nichts aus ihm heraus. Auch wenn ich schon lange den Traum aufgegeben habe ich könne mich wieder an meine Vergangenheit erinnern, werde ich ihn morgen trotzdem noch einmal fragen. Und übermorgen auch. Er kann mir vielleicht meinen Traum nicht erfüllen aber wenigstens könnte ich mir vorstellen wer ich war. So, als würde ich jemand anderes kennenlernen. Nur kleine Dinge, die mich der Fremden von vor einem Jahr etwas näher bringen.

"Wenn du nach Hause willst, musst du mir schon sagen, wo du wohnst.",unterbricht Lars' schrille Stimme die Ruhe.

Warum warte ich eigentlich bis morgen? Ich werde mit dieser inneren Unruhe sowieso nicht schlafen können. Ich traue mich nicht, aber ich muss Rick fragen. Heute noch!

"Fährst du mich zu Rick?"

Er sieht zu seinem linken Handgelenk, an welche seine Armbanduhr ist. "Um diese Uhrzeit?", fragt er etwas neugierig. Ich bejahe ihm seine Frage und lehne mich nach hinten zu meinem Sitz. Zur Sicherheit schreibe ich ihm noch eine Nachricht, dass ich komme. Nicht dass ich am Ende noch wie ein Idiot stundenlang an der Tür stehe bei dieser Kälte. Er fährt entlang der Seidengasse, das bedeutet wir sind nur noch wenige Minuten von seiner Wohnung entfernt, doch bislang habe ich immernoch keine Antwort von Rick erhalten. Verzweifelt sehe ich die letzten Minuten bevor wir ankommen auf meinen Bildschirm. Ich bin in solchen Last-Minute-Rettungen nicht gerade ein Glückspilz und vermute dieses Mal werde ich auch keine rechtzeitige Antwort erhalten. Oh nein, ich stelle mir schon vor wie peinlich es wäre zu sagen, dass ich doch nach Hause gehe, ich meine dieses ständige Hin und Her ist auch nicht wirklich angenehm. Als plötzlich der Wagen hält schließe ich meine Augen und hoffe einfach nur, dass ich wenigstens dieses eine Mal Glück habe.

Ein unerwartetes Klingeln von dem erwarteten Namen sind wie die Hochzeitsglocken die ganz laut Ricks und meinen Namen rufen. Yes! "Nimm ab!", ruft Lars genervt und nun merke ich, das ich vor lauter Vorfreude gar nicht realisiert habe, dass noch gar kein wirklicher Grund zur Freude vorliegt. Er kann am Telefon immer noch sagen, dass er beschäftigt ist oder dass es schon zu spät ist.

Ängstlich swipe ich nach rechts am Bildschirm um den Anruf anzunehmen.

"Äh wegen deiner Nachricht du kannst von mir aus kommen wenn's für dich nicht zu spät ist."

Erleichtert atme ich aus, bis zwei stichelnde Blicke - schon wieder - meine gute Laune zerstören. "Hast du dann auch mal vor auszusteigen oder wartest du drauf dass ich dir die Tür öffne?"

"Ich steige ja schon aus!" Genervt greife ich nach dem Türgriff und sehe mich dabei noch einmal um, ob ich alles habe. Sobald ich aussteige fährt er davon als würde er von irgendjemandem gejagt werden. Ich sehe in die Umgebung und es hilft mir schon ein großes Stückchen weiter, dass wenigstens hier Straßenlichter stehen und es wenigstens hier nicht stockdunkel ist. Weit und breit ist hier kein Grünzeug in Sicht, kein Wunder auch wenn wir alle mitten in der Stadt leben. Ich sehe zum hohen Apartment, in dem Rick wohnt und betrete sogleich vom Eingang das riesige Gebäude. Natürlich schalte ich zu aller erst das Flurlicht an. Rick wohnt im vierten Stock, das heißt für mich fleißig Treppensteigen. Bereits als ich im ersten Stock ankomme, geht mir langsam die Puste aus. Ich wünschte die hätten hier wenigstens Aufzüge im Haus, aber da kann ich wohl noch lange warten, denn das Gebäude hier ist nicht gerade modern, das Design ist eher veraltet mit seinen gelben etwas kaputten Steintreppen und die Wandtapete mit dem violetten Marmormuster sieht auch nicht gerade ansprechend aus, geschweige denn dass an manchen Stellen die Tapete schon seine Aufgabe erfüllt hat und sich bereits an den Seiten gerollt hat. Aber das ist garnicht so tragisch, denn wenn ich mich nicht falsch erinnere zieht Rick bald sowieso um. Wieviel bald genau ist, weiß ich noch nicht.

Endlich angekommen! Als ich die Klingel drücke überlege ich mir noch einmal ob es wirklich so sinnvoll ist zum 100. Mal nachzufragen aber es wird sowieso das letzte Mal sein...

 Mal nachzufragen aber es wird sowieso das letzte Mal sein

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