Die High School. Ein schaurig schöner Ort. Schön, weil man seine Freunde sah und sie um sich hatte. Schaurig jedoch, weil einem die Freizeit genommen wurde, man früh aufstehen und ständig neuen unnötigen Stoff in sein Hirn quetschen musste. Man wusste auch nie genau was als nächstes passieren würde. Genau davor hatte ich Angst. Angst davor, die nächste zu sein, deren Schließfach mit Rasierschaum gefüllt wird. Angst davor, diejenigen zu verlieren, die mir am wichtigsten sind. Ich seufzte und stieg aus meinem alten Ford Mustang, den ich von meinem Opa zu meinem sechzehnten Geburtstag bekommen hatte. Ich war dieses Jahr ein Junior also musste ich nur noch ganze zwei Jahre an diesem Ort aushalten. Über den Sommer hatte sich nicht viel verändert. Die Fassade wurde immer noch teilweise von Graffitis und sonstigen Schmierereien geschmückt. Die weiße Außenfarbe bröckelte an manchen Stellen ab und man konnte den Putz drunter sehen und das eine Fenster im zweiten Stock wurde, genau wie letztes Jahr, nur durch rot-weißes Absperrband zusammengehalten. Ich schmunzelte leicht und ging Richtung Eingang, vor dem meine Freunde warteten. Brea, Quinn, Nolan und Zeke grinsten mich an, als ich zu ihnen hinüberlief.
"Guten Morgen", säuselte Quinn und sprang mir in die Arme. Sie war den ganzen Sommer über bei ihrer Familie auf Hawaii gewesen, weswegen sie uns alle seit drei Monaten nicht mehr gesehen hatte. Ihre Haut war sonnengebräunt und sie hatte noch ein paar Sommersprossen mehr bekommen. Durch das Wasser und die Sonne schienen ihre blonden Haare noch heller, was ihre blauen Augen noch strahlender wirken ließ. Quinn entfernte sich von mir und ich ging auf Brea zu. Ihre schwarzen Locken hatte sie zu einem unordentlichen Dutt zusammengeknotet und sie lächelte mich mit ihren vollen Lippen an.
"Hi!", trällerte sie mir ins Ohr und löste die Umarmung. Auch Zeke und Nolan bückten sich zu mir runter, um mich zu umarmen. Die beiden waren Brüder, Adoptivbrüder um genauer zu sein. Währens Nolan, wie sein Vater, helle Locken und hellbraune Augen hatte, hatte Zeke einen argentinischen Touch. Seine Haut war von Natur aus etwas dunkler und er hatte schwarze Haare und so dunkle Augen, dass man dachte sie würden nur aus seiner Pupille bestehen. Er wurde von Nolans Eltern adoptiert, gerade, als wir in die Middle School kamen. Und obwohl er damals noch einen stark spanischen Akzent hatte und man ihn kaum verstand, schleppten Brea, Nolan und ich ihn zu all unseren Treffen. Als wir zu viert dann vor drei Jahren auf die High School kamen, lernten wir Quinn kennen. Ihre Eltern kamen mit ihr aus Hawaii hierher nach Australien, da ihr Vater in der Arbeit befördert und versetzt wurde. Und so fand sich unsere Gruppe zusammen. Wir hatten uns und das war alles, was wir brauchten. Zusammen gingen wir die paar Stufen zum Eingang hoch und machten uns auf den Weg zu unseren Schließfächern. Quinn redete ununterbrochen von einem süßen Typen, den sie auf Hawaii kennengelernt hatte und zeigte uns Bilder von ihrem nagelneues Surfbrett. Ich blieb an meinem Schließfach stehen und stopfte meine Jacke rein. Dafür, dass es Anfang September war, war es schon sehr warm draußen. Es war zwar ein bisschen windig aber die Sonne schien, trotz der frühen Morgenstunden, doch recht stark. Ich holte mein Handy aus meiner hinteren Hosentasche und suchte ein Bild meines neuen Stundenplans. Als ich es endlich gefunden hatte, standen die anderen schon längst wieder bei mir. "Was habt ihr jetzt?", fragte ich in die Runde und Nolan streckte mir, mit einem breiten Grinsen im Gesicht, seinen Arm entgegen. Auf seinem Handrücken stand mit schwarzen Edding in Großbuchstaben »SPANISCH«. Naja, wenigstens konnte er es so nicht vergessen. Quinn hatte auch Spanisch, während Zeke, Brea und ich Mathe hatten. Wir fünf gingen die Treppen rauf und Quinn und Nolan trennten sich im erste Stock von uns. Wir anderen gingen bis in den zweiten Stock und setzten uns in das fast leere Klassenzimmer. Brea und ich setzten uns auf eine Zweier Bank in der zweiten Reihe und Zeke nahm hinter uns platz. Er rückte mit seinem Tisch ein Stück nach vorne und wir mit unserem ein bisschen nach hinten. So konnten wir im Unterricht miteinander reden, ohne, dass wir uns ständig umdrehen mussten. Diese Technik hatten wir in unserem Freshmanjahr entwickelt und seitdem so oft es ging angewendet. Es gab natürlich Räume, wie zum Beispiel unser alter Chemiesaal, indem die Tische am Boden befestigt waren. Wer auch immer auf diese bescheuerte Idee gekommen ist. Ich schmunzelte und schüttelte den Kopf.
"Was gibts zu schmunzeln?", fragte Brea und drehte sich auf ihrem Stuhl so, dass sie sich mit ihrem Rücken an mir anlehnen konnte.
"Ich frag mich nur, wer auf die Idee kam, Tische am Boden zu befestigen."
"Muss auf jeden Fall jemand gewesen sein, der keine Freunde hatte. So etwas grausames tun nur Menschen, die kein Herz haben," meckerte Zeke und schnalzte mit der Zunge. Brea und ich lächelten. Ich mochte es, wie Zeke das »R« rollte. Es klang angenehm und bei manchen Wörtern war es ziemlich lustig. Als ich mich umdrehte, um meinen Block und meine Stifte aus meinem Rucksack zu holen, vergas ich, dass Brea sich an mir anlehnte und so fiel sie fast von ihrem Stuhl.
"Pass doch auf! Das war voll bequem", motzte sie und rieb sich ihren Ellenbogen. Ich lächelte und legte meinen Block auf den Tisch.

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Flynn (deutsch)
Genç KurguGerman version of Flynn Flynn. Ein Name. Zwei Menschen. Zwei Persönlichkeiten. Zwei verschiedene Welten. Sie und er. Nicht mal Freunde aber eine Gemeinsamkeit. Flynn. Flynn und Flynn. Zwei Menschen, die Unterschiedlicher nicht sein könnten. Er liebt...