Schwimmen

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„Wo auf den Gräsern und den Blumen lag der Glanz der Herrlichkeit, so wollen wir vergessen jetzt die Kümmernis und finden eher Kraft in dem, was bleibt und ist.", William Wordsworth

Endlich Ferien. Ich muss mir so langsam Gedanken an meine Zukunft machen und mich bei ein paar Unis einschreiben. Meine Noten sind eigentlich ganz gut, weshalb ich vielleicht sogar eine Chance bei meiner Lieblingsuni in Kanada habe, ganz weit weg von Zuhause. Aber auch von David.

Um Punkt 10 Uhr steht David mit einem Blumenstrauß aus lachsfarbenen Rosen vor meiner Tür und Lächelt mich nervös an. Er fährt sich mehrmals durch sein Haar bis er mir langsam den Strauß überreicht. ,,Oh! Danke, das ist echt lieb von dir", ist das einzige das ich mit piepsiger Stimme hervorbringe. ,,Bitte, ich... also ich dachte das Mädchen auf sowas stehen", sagt er erwartungsvoll und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. Als Antwort falle ich ihm in die Arme und als er mich erschrocken ansieht muss ich fast schon wieder loslachen. ,,Ich hole noch schnell meine Badetasche, okay? Wo ist eigentlich deine?", frage ich verwirrt als mein Blick auf seine leeren Hände fällt. Erst als er schmunzelnd die grüne Sporttasche vom Boden aufhebt fällt die ganze Anspannung von mir ab, vielleicht wird doch noch alles gut laufen. ,,Sie ist mir bei deiner Umarmung aus der Hand gerutscht, ach und du solltest die Blumen ins Wasser stellen!", erinnert er mich freundlich. ,,Du hast ja einen grünen Daumen, das hätte ich jetzt echt nicht von dir erwartet." Er reibt sich schon wieder den Nacken und zuckt mit den Schultern ,,Also eigentlich hat mir das die Verkäuferin geraten." Während ich die sechseckige weiße Vase mit Wasser fülle und anschließend die Blumen hinein stelle erzählt mir David den Ablauf seinen Blumenkaufs und das ihn die Verkäuferin 10 Minuten über die Richtige Temperatur und pflege aufgeklärt hat. ,,...Naja jetzt weißt du wenigstens das du deinen Rosenstrauch ab Mitte März schneiden musst, besser als nichts", sage ich lachen und stupse ihn spielerisch mit meinem Ellbogen gegen seinen harten Bauch. ,,Sie hat mir auch gesagt das rosa Rosen für Schönheit stehen, deshalb habe ich sie auch hauptsächlich ausgesucht", erklärt David und schenkt mir ein schiefes Lächeln. Sofort färben sich meine Wangen rosa wie die Rosen die er mir gekauft hat und ich kaue auf meiner Unterlippe, er findet mich wirklich hübsch. Nachdem die Rosen versorgt sind verlassen wir angeheitert die Wohnung und treten ein ins öffentliche Leben. New Yorks Straßen sind an diesem sonnigen Samstag überfüllt und die vielen Touristen sammeln sich oft zu Grüppchen und versperren uns damit den Weg. Der Lärmpegel ist kaum zu übertreffen und selbst die Tauben sind heute zurückhaltend, weil sie nicht zertreten werden wollen. Links von uns hält ein quietsch gelbes Taxi und eine Frau mit einem Geschäftlichen grauen Blazer steigt aus und kurz bevor sie wütend die Tür zuknallt schleudert sie dem jungen Fahrer das Geld ins Gesicht und schreit: ,,Wegen dir komme ich jetzt zu spät du Blödmann, argh, die schmeißen mich raus!" Der Fahrer sieht sie nur missbilligend an, wie als würde er das jeden Tag erleben und als er endlich sein Geld hat düst er schon wieder davon. Wir schlängeln uns also weiter durch die Menschenmassen und um uns nicht zu verlieren verhaken wir unsere Zeigefinger ineinander. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl ihn wieder zu berühren und ein kleiner Adrenalinschub durchströmt mich, ich will ihn nie wieder loslassen. 

Als wir die Queensboro Bridge überqueren verschlägt es mir die Sprache, die Aussicht auf New York ist wunderschön von hier. Ich bin zwar schon öfter über diese Brücke gelaufen, aber ich war immer zu sehr auf mich konzentriert um die Aussicht hier zu genießen, wie konnte ich nur so blind sein. David bleibt abrupt stehen und zieht mich näher ans Brückengeländer. ,,Siehst du dieses Hochhaus?", fragt David und deutet mit seiner freien Hand auf ein gläsernes Hochhaus. ,,Ja, was ist damit?" ,,Ich würde so gerne darin wohnen", schwärmt David mir vor und schaut gedankenverloren auf das Hochhaus. ,,Geht das überhaut?", frage ich ihn und ziehe dabei eine Augenbraue nach oben. ,,Öh, weiß ich nicht so recht, aber wenn, die Aussicht ist einfach wunderschön, vor allem bei Nacht!" Wir starren noch ein bisschen länger auf das glitzernde Wasser und die vielen prunkvollen Hochhäuser. Mittlerweile sind unsere Hände schon miteinander verschränkt und wir schlendern wie ein altes Ehepaar über die Brücke ans andere Ufer. 

Because the future wants it that wayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt