Morgendliche Spaziergänge und eine Vorstellungsrunde

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Als Toni am nächsten Morgen aufwachte, schlief sein Zimmergenosse Julian noch wie ein Stein. Ein Blick auf die Uhr verriet dem Madrilenen, dass es erst halb sieben war und sie somit noch viel Zeit hatten, bis es um neun Frühstück gab. Leise stand er auf, zog sich an und beschloss, etwas nach draußen zu gehen und die Gegend zu erkunden.

Er hinterließ Julian schnell noch einen Zettel, nicht das dieser sich fragen würde, wo der Ältere war, wenn er aufwachte. Obwohl Toni bezweifelte, dass der Blonde von alleine aufwachen würde, da dieser bekannt dafür war, ein begnadeter Langschläfer zu sein. Möglichst leise schlich er sich aus dem Zimmer und zog die Tür zu.

Den Schlüssel hatte er Julian dagelassen. Dann bewegte er sich auf leisen Sohlen in Richtung Ausgang. Kaum war er aus der Tür getreten, schlug ihm das Zwitschern von Vögeln und der Geruch eines wunderschönen Sommermorgens entgegen. Es war relativ warm, doch da er das spanische Klima ja gewohnt war, war er nicht sonderlich überrascht darüber. Einmal streckte er noch das Gesicht in die Sonne, bevor er los spazierte.

Bernd hatte nicht damit gerechnet, um diese Uhrzeit jemanden draußen anzutreffen. Er war extra früh aufgestanden, um etwas Zeit alleine zu haben, zum Nachdenken. Über viele Sachen musste er nachdenken, doch eine war dabei ganz besonders Präsent. Marc. Viel war zwischen ihnen passiert, seit sie zusammengekommen waren, aber vor allem, seit sie sich getrennt hatten.

So saß der Torhüter von Arsenal am Ufer eines kleinen Sees, den er entdeckt hatte und starrte in die Ferne. Er hatte gehofft, dass ihn hier niemand finden würde, doch da hatte er die Rechnung ohne Toni gemacht, der soeben hinter ihm auftauchte und etwas überrascht war. "Bernd? Was tust du denn hier? Es ist doch noch nicht mal halb acht!", wollte der Mittelfeldspieler wissen und blickte sich um, als wolle er prüfen, ob nicht noch andere zu einer so frühen Stunde sich hier draußen herumtrieben, doch es war weit und breit niemand außer ihnen beiden zu sehen.

Der Keeper drehte sich um und zuckte mit den Schultern. "Ich muss nachdenken.", antwortete er dann, "Und was treibst du hier?". "Die Gegend erkunden.", erklärte sich Toni, "Worüber musst du nachdenken? Hat es etwas mit Marc zu tun?", schöpfte er sofort Verdacht. Bernd seufzte, was seinem Gegenüber wohl als Antwort genügte. "Was ist bei euch eigentlich passiert? Dass ihr euch getrennt habt, hat wohl jeder mitbekommen, der wusste, dass ihr zusammen wart, aber keiner kennt den Grund. Nicht mal mir hat Marc es erzählt und normalerweise redet er mit mir über so was.", erkundigte sich Toni, auf eine Antwort hoffend und ließ sich neben seinem Kollegen nieder.

***

Emre und Matze hatten sich wohl etwas damit verkalkuliert, wie lange sie beide duschen würden, obwohl, eigentlich hatte Emre sich verkalkuliert. Matze hatte wie vorhergesagt etwa zwanzig Minuten im Bad gebraucht. Sein Zimmergenosse dagegen hatte statt den vorhergesagten 30 Minuten sage und schreibe doppelt so lange gebraucht. Zu seinem Pech hatte der Gladbacher den Dortmunder auch noch zuerst ins Badezimmer gelassen, wodurch sie nun beide mit einer Verspätung, die nicht gerade klein war, zum Frühstück erschienen.

"Na, hat Emre wieder so ewig gebraucht um seine heiligen Haare zu richten?", rief Julian Brandt laut und glucksend durch den Raum und erhielt augenblicklich den Zuspruch der anderen Dortmunder und allen, die jemals mit Emre in einem Verein gespielt hatten. Emre verdrehte die Augen und konterte: "Wenigstens habe ich überhaupt eine Frisur und kein Vogelnest auf meinem Kopf!".

Gespielt geschockt fasste der Blonde sich an die Brust. "Also ich mag Julians Frisur.", mischte sich plötzlich Marius ein. "Du magst ja auch alles, was mit Jule zu tun hat!", zwinkerte Jannis grinsend, was ihm einen warnenden Blick des Älteren einbrachte. Beschwichtigend hob der mittlere der Brandt-Brüder die Hände. Dann beugte er sich zu dem Kölnspieler und sagte ihm ganz leise ins Ohr: "Keine Sorge, ich werde dein kleines Geheimnis schon nicht verraten!".

Jogi räusperte sich. Nichts passierte. Er räusperte sich nocheinmal. Wieder keine Reaktion seitens seiner Spieler. Erst als er laut: "Ruhe bitte, Jungsch!" rief verstummten die Gespräche und die Aufmerksamkeit legte sich auf den Bundestrainer. "Geht doch!", gab dieser zufrieden von sich und begann mit der Ankündigung für den heutigen Tag: "Heute werden wir es erstmal ruhig angehen. Ich dachte an eine kleine Vorstellungsrunde, da manche ja noch nie dabei waren. Anschließend werden wir mit einigen kleineren Vertrauensübungen anfangen, die Basics eben. Ach und bevor ich es vergesse: während des Trainingslagers werden einige Testspiele stattfinden. Es geht gegen England, Spanien, Frankreich und Belgien, keine kleinen Gegner also."

Bei der Aufzählung ihrer Gegner tat sich auf einigen Gesichtern im Raum etwas mehr als auf anderen. Zum Beispiel begann Toni zu strahlen wie die Sonne selbst, als Spanien genannt wurde, während Timo wie ein Honigkuchenpferd über England freute und Julian Draxler nervös wurde, sobald Jogi das Wort 'Frankreich' aussprach.

"Das heißt fürs Training und alles andere auch: höchste Konzentration! Ich möchte, dass ihr alle 100% gebt! Nicht mehr, nicht weniger! Die 150% hebt ihr euch schön für die Europameisterschaft auf.", redete der trainer weiter. Nicken und zustimmendes Murmeln gingen durch den Raum. "Dann würde ich euch jetzt bitten, eure Teller wegzuräumen. Wir treffen uns spätestens in einer halben Stunde auf der großen Wiese zur Vorstellungsrunde.". Damit war das Frühstück offiziell beendet und die meisten verschwanden nochmal auf ihre Zimmer, bevor sie sich nach draußen zur Wiese begaben.

Die Vorstellungsrunde lief anders, als Mili es sich vorgestellt hatte, doch das war gut so. Sein Bild einer Vorstellungsrunde war es nämlich, dass sie in einem Kreis saßen und sich jeder nach der Reihe selbst vorstellte. Dem war nicht so, zwar saßen sie in einem Kreis, doch jeder sollte sich kurz mit seinem rechten Sitznachbarn austauschen und diesen dann vorstellen. Zu Milis Rechten saß Julian Weigl, den der Wolfsburger aus Dortmund so gut kannte, dass er eigentlich gar nicht mit ihm reden musste, um irgendwelche Informationen zu bekommen.

Zu seiner Linken saß Marco. Na das konnte ja heiter werden, er wusste jetzt schon, dass Marcos Vorstellung von ihm nicht so eintönig ausfallen würde, wie die von Leroy gerade. Er saß neben Erik und sagte brav dessen Namen, Verein und Alter auf. Doch schon bei Mats wurde es interessant, er musste Toni vorstellen. "Also meine Damen und Herren, also eigentlich nur meine Herren, aber egal. Zu meiner Rechten sehen Sie Toni Kroos, den besten Fußballer Deutschlands, nach mir natürlich, der außerdem eine Schwäche für einen gewissen spanischen Innenverteidiger hat.", grinste der Dortmunder und erhielt als Antwort von Toni einen heftigen Stoß in die Seite.

"Das habe ich dir im Vertauen erzählt!", zischte der Madrilene und funkelte Mats böse an. Doch diesen schien das nicht zu interessieren, denn er konterte nur: "Aber da du dein restliches Privatleben so unter Verschluss hältst, muss ich auf die mir bekannten Informationen zurückgreifen und die Beschränken sich nun mal darauf.". Es schien ihn nicht im geringsten zu stören, dass er Toni soeben vor versammelter Mannschaft geoutet hatte.

Doch es schienen sowieso nicht alle gecheckt zu haben, denn auf Timos Gesicht zeichnete sich ein riesiges Fragezeichen ab. "Hä?", stieß der Ex-Leipziger hervor und erhielt dafür von Kai, der neben ihm saß nur einen Klaps auf den Hinterkopf. "Och Timo, denk doch mal nach!" "Ich kann nicht denken, das solltest du doch als mein Vereinskollege am besten wissen!", brummte Timo und wartete vergeblich darauf, dass Kai ihn endlich aufklärte, worüber Mats sprach. Schlussendlich hielt Emre es nicht mehr aus und erklärte Timo: "Mats hat gerade gesagt, dass Toni mit Sergio Ramos in die Kiste springt.". So langsam bildete sich ein Gesichtsausdruck des Verstehens auf Timos Gesicht. "Ahhh! Gute Wahl, Toni! Hätte ich nicht einen Freund, stände Sergio wahrscheinlich ganz oben auf meiner Liste.", überlegte er und erhielt dafür einige verwirrte Blicke.

"Du hast einen Freund?"

Here goes another chapter! Hoffentlich hat's euch gefallen ☺️

2 Wochen Chaos - DFB TrainingslagerWhere stories live. Discover now