Sehnsucht nach ihm

Horror Nacht

PoV: Ardy

Man, ich wollte jetzt sofort eine SMS von meinem Brudi! Er sagte doch, er wolle mir schreiben, sobald er New Yorker Boden unter den Füßen habe. Das hatte er mir schon gleich am Anfang versprochen und jetzt? Nichts. Nicht mal Bilder schickt er mir. Gar nichts! Man sowas macht mich wütend und alle wissen was dann passierte. Genau, ich wurde zum Tier!

„Scheiß' drauf ich gönn' mir jetzt einfach ne Pizza oder 2 oder 3 oder.... Naja danach auf jeden fall noch Eis." , brüllte ich durch alle Zimmer. Wer sollte mich denn auch hören? Niemand. Ich war heute wirklich alleine, sogar Simon war bei Caty...
Wütend und enttäuscht schmiss ich eine Salami Pizza in den Ofen. Stellte auf die höchste Stufe und schloss derweilen alle Fensterläden. Schließlich wollte ich ja mein neues Projekt in der Nacht und umgeben von völliger Dunkelheit, aufnehmen.
„So Leute, wie angekündigt: Mein neues Let's Play Outlast. Ich werde bestimmt ewig brauchen und...", laberte ich einfach drauf los und so vergingen gute 20 Minuten, als ich endlich den Cut machte und mir einfiel, dass diese bescheuerte Pizza noch im Ofen vor sich hin vegetierte.
„Fuck. Fuck. Fuck! Komm' schon Pizza bitte sei noch halbwegs essbar.", betete ich und meine Gebete wurden zum Glück auch erhört.

„Du kleine Brudipizza machst mir aber auch ärger, dafür werde ich dich bestrafen. Muhaha.", unter dieser bösen Lache schnitt ich sie genüsslich in Achtel und bildete mir ein ihre Schreie zu hören.
„Gott, was so ein Horror Spiel aus einem macht. Ich bin ja schon richtig verrückt." Ich stockte: Nein, nicht das Spiel machte mich so, sondern das Alleinsein. Allein, ohne ihn. Meinen Taddl.
Aber bevor ich jetzt wieder in Selbstmitleid verfallen würde guck ich einfach mal, ob er nicht schon was hochgeladen hatte. Nur sein Gesicht zu sehen würde mir schon so unglaublich gut tun.
Gesagt getan: Ich klickte auf sein erstes Reisevideo, wo er mit seinen zwei Kumpanen im Flugzeug saß.
Ja, ist schon recht witzig was, die da machen, aber kurz vor Schluss des Videos bekam ich fast ein Herzinfarkt.
„... und schreibt unter dieses und alle Videos von Ardy: #ArdyWeMissYou <3. Also Tschau.", hörte ich ihn sagen.
„Aww, das ist ja so süß. Er hat mich also doch nicht ganz so doll vergessen.", schnurrte ich meinen Laptop an. Ich suchtete diese Stelle mindestens 1000 Mal und ein Like bekam er auch noch. Danach schaute ich mir noch ein paar seiner älteren Videos an. Bevorzugt die, wo wir beide nebeneinander saßen und er zockte und ich einfach Fragen vorließ.
Ich glaubte, wenn ich mir einfach so die Zeit vertrieb, könnte er ja in Null Komma Nix wieder da sein. Dieser Gedanke stimmte mich schon wieder etwas besser und so ging ich auch gleich wieder an den PC, um gleich noch eine zweite Folge aufzunehmen.
Beim Outlast let's play:
„Ich komm' grad absolut einfach nicht weiter und meine Batterien sind fast alle... sagte ich fast? Ja, OK sie sind alle."
Ich lenkte den Reporter weiter durch die dunklen Gänge, aber dann tauchte wieder dieser Babo auf und verfolgte mich. So schnell ich konnte lief ich in den Schrank. Immer war ich dabei bedacht möglichst gechillt zu klingen, aber im Moment machte dieses Spiel mir einfach nur Angst. Die ganzen Leichen waren es nicht, sondern eher diese verdammten Überraschungsmomente und die Musik, die Schritte, ...
Kalter Angstschweiß lief mir über die Stirn. „Hoffentlich sieht man das im Video nicht.", dachte ich. Kurz darauf hatte dieser Babo mich gefunden und gleich gekillt.
„Na, super echt! Jetzt weiß ich wenigstens wie man es nicht macht. Morgen geht's dann weiter. Gute Nacht meinen Brudis.", moderierte ich das Video ab.

Ok, es war für mich jetzt offiziell, dass schlimmste Projekt ever. Ich wollte nur noch schlafen gehen. Ich drehte mich zu meinem Bett, aber überall sah ich auf der Bettdecke Blutüberströmte Gesichter. Ihre Augen waren tief und eingefallen, jedenfalls von den wenigen, die noch Augäpfel hatten. Dieser Anblick ließ mich erstarrt innehalten.
Die Angst war nun so nah bei mir, ich konnte förmlich diesen kalten Atem in meinem Nacken spüren...
„Warte, das spür' ich ja echt! Nein, lass mich in Ruhe!!!", schrie ich wie am Spieß und rannte aus dem Zimmer.
Die Tür fiel ins Schloss und ich stand nun im Flur. Ohne großartig nachzudenken ging ich schnell in Taddls Zimmer, machte die Lampe an und warf mich in sein Bett.
Ich vergrub mein Gesicht in den Kissen und atmete seinen Geruch ein. Das musste für einen Außenstehenden jetzt bestimmt ziemlich creepy wirken, so wie ich mich in seinem Bett aalte, aber mich sah ja eh niemand. Langsam deckte ich mich nun auch zu, winkelte die Beine an und ließ schlussendlich auch meinen Kopf unter der Decke verweilen. Ich schloss die Augen und ein Albtraum zog mich in seinen Bann.
„Hey, Brudi ich muss dir was sagen: Ich hab mich in Dominik verliebt hier genau in New York, die Stadt die niemals schläft und wir taten das auch nicht, wenn du verstehst was ich meine."
Es folgte eine andere Szene, wie in einem Video:
Ein perverses Grinsen umspielte seine Lippen, als er nun sprach: „Du glaubst gar nicht, wie schnell man hier an Bräute und Chicks rankommt. Sie warten schon alle auf mich mit weit gespreizten Beinen." Mit seinem Mund machte er ein schlabberndes und schlürfendes Geräusch nach und sah das es mich zutiefst verletzte. Ja, das waren gerade Szenarien, die ich mir schon einmal ausgemalt hatte, aber nie so grotesk und dennoch so real...
Ich wollte auf ihn zugehen und ihn umarmen, da er ja offenbar total den Verstand verloren hatte, aber er schubste mich grob beiseite: „Hau ab, du Schwuchtel! Mit sowas wie dir kann ich nicht mal dieselbe Luft atmen.", schnauzte er mich verächtlich an, drehte sich dabei um und ging zu einer Lichtquelle weit aus meiner Reichweite.
„NEEEEIIIIIN!!! Bleib hier Taddl. Bitte verlass' mich nicht schon wieder! Ich ertrag das nicht länger. Komm zurück!"
Schweißgebadet riss ich meinen nun sehr schweren Körper aus dem Bett. Ich wankte zu Toilette, wo ich mich auch gleich übergab.
Noch nie hatte ich einen Albtraum, der mich so zerstört hatte. Kurz darauf spülte ich meinen Mund aus. An schlafen war für mich gar nicht mehr zu denken. In diesem Traum waren alle drei meiner schlimmsten Befürchtungen vorgekommen, wobei die Sachen ja harmlos anfingen... naja mehr oder weniger. Das letzte hatte mich einfach zu sehr geschockt. Mit dem Handrücken wischte ich mir quer über das Gesicht, nur um festzustellen, dass ich jämmerlich weinte.
„Toll. Jetzt bin ich nicht nur ein schwuler Angsthase. Nein, obendrauf noch eine sentimentale Heulsuse.", disste ich mich, um nicht vollkommen verrückt zu werden.
Den Rest der Nacht verbrachte ich auf der Coach, wo ich mehr oder weniger vor mich hin döste, aber nicht einschlief aus Angst vor einen weiteren Albträumen.