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2278 n. Chr.

Die Welt, wie sie früher einmal war, existiert nicht mehr.

Die  alten Geschichtenerzähler sprachen von gewaltigen Blutfeuern, die bis  in den Götterhimmel hinaufreichten und alles vernichteten, was es damals  Gutes gab, sprachen von Verzweiflung, Flucht, Mord und Tod über alle  Kontinente und Ozeane hinweg, ... als sie hier landeten, auf unserer Welt. 

Die Fremden.

Sie  waren Monster von den Sternen, hieß es, noch größer, oder besser gesagt  länger, als Menschen, aber mit sechs schlangenähnlichen Gliedmaßen am  ebenfalls schlangengleichen Körper, mit dem sie sich blitzschnell  vorwärtswinden und sogar gewaltige Sprünge machen konnten.

Sie  waren schnell und stark und nur ein Biss von ihnen hatte die Macht, uns  Menschen in annähernd ihresgleichen zu verwandeln, denn ihr Gift  enthielt ein mutagenes Virus, das unsere Zellen angriff und veränderte,  bis alles Menschliche darin ausgemerzt war und der Körper wie auch der  Geist mutiert und in das instinktgesteuerte Fremdenkollektiv übernommen  worden waren. 

Die Geschichtenerzähler  meinten ja, dass man früher noch versucht hatte, sie irgendwie  auszurotten, die betroffenen Gebiete zu isolieren, sie dann mit  gewaltigen Bomben zu zerstören, doch die Bakterien, welche die Fremden  mitbrachten, breiteten sich bald auch schon über die Luft aus und  infizierten viele Menschen außerhalb der damaligen Sperrzonen.

Doch nicht alle konnten auf diese Weise infiziert werden und sie organisierten, allmählich dazulernend, ihren Widerstand.

Und  so lebten wir Menschen dann hunderte Jahre in einem nicht mehr enden  wollenden Krieg gegen die Fremden oder auch gegeneinander ... um  gesicherte Territorien, sauberes Wasser, genügend Nahrung ... und nicht  zuletzt um uns Frauen.
Ja, Frauen!

Erwachsene,  gebärfähige Frauen, die in gewissen Gebieten von den Mächtigen  geschützt und behütet aufwachsen durften, und in anderen wiederum nicht,  denn Mädchen galten in der neuen Zeit nicht mehr länger als Garanten  auf den Fortbestand der Menschheit, nein, sie waren vielmehr  Handelsware, Tauschgut wie auch Opfergaben für den neuen fanatischen  Fremdenkult in den Tallanden, den sich die Dörfler ausdachten, um die  Bestien von den Wällen und der Ernte fernzuhalten. Denn was die Fremden  noch viel mehr als Nahrung suchten, waren Frauen, um ihnen dann bei noch  lebendigem Leibe ihre Schlupfe einzusetzen und sie gefangen zu halten,  bis diese parasitären Wesen sich irgendwann aus ihnen herausgefressen  hatten, um auf diese grausame Weise geboren zu werden. Hunderte von  ihnen auf einmal ...

Doch das geschah nur in  den Tallanden. Und nicht auf den von einem steinernen und mächtigen Wall  wie auch von gut ausgestatteten Kriegern geschützten Buckeln, wie wir  das letzte Reservat der sicher lebenden Menschen nannten.

Doch  nicht alle durften dort leben. Es war nicht genug Platz und sie hatten  auch nicht genügend Ressourcen, um dort abgeschottet von allem zu  bleiben und zu leben, denn die Berge waren nun mal nicht fruchtbar  genug, um dort alle zu ernähren.

Nur deshalb  bestand noch der Schutzvertrag zwischen den Buckeln und Tallanden. Die  Bauern im Talland wurden von den Kriegern der Buckellande beschützt und  diese bekamen dafür einen Teil der Ernte ab und oft genug auch noch eine  junge Frau aus dem Ort, wenn die Archner-Krieger, wie sie inzwischen  genannt wurden, sich dazu entschieden, eine solche mitzunehmen.

Ich selbst war eine solche Talländerin.

Geboren,  ganz im Geheimen, in einer Höhle, verbarg meine Mutter Java mich lange  Zeit vor aller Augen, nur damit ich nicht, so wie unzählige andere vor  mir, schon ganz jung an andere Walldörfer verkauft oder gar selektiert  werden konnte.

Die FremdenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt