Die Auflösung

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Draco:
Draco saß gerade im Slytheringemeinschaftsraum und las ein Buch. Da sah er Blaise auf sich zu rennen und hob erstaunt den Kopf.
„Draco, warum hast du mir nichts gesagt? Du hast Hermine geküsst!", rief Blaise zornig.
Draco legte die Stirn unter der Bürde seiner Taten tief in Falten.
„Blaise, ich kann das nicht. Ich habe Hermine gezwungen, mich zu küssen und das war so blöd von mir. Aber sie hätte mich niemals freiwillig geküsst und wenn ich die Wette verloren hätte, dann müsste ich mein tiefstes Geheimnis der ganzen Schule verkünden", rief er.
Das macht dir mehr Sorgen, als eine ganze Woche erniedrigt zu werden?", fragte Blaise ungläubig.
„Ja, das ist viel schlimmer", seufzte Draco und fuhr sich durch die Haare.
„Was hast du denn für ein Geheimnis, was so schlimm ist?", fragte Blaise neugierig.
„Ich habe es dir noch nicht gesagt, weil ich zu feige war", gestand Draco endlich und begann, alles zu erzählen, was er schon so lange aufgeschoben hatte.
Als er geendet hatte, starrte Blaise ihn ungläubig an.
„Warum hast du mir das nicht gesagt? Dann hätten wir die Wette natürlich nicht gemacht!"
„Ich hatte Angst, du würdest nicht mehr mit mir befreundet sein wollen", sagte Draco niedergeschlagen.
„Das ist nicht dein Ernst, Alter, so schätzt du mich ein?", rief Blaise verblüfft.
Draco fiel ein Stein vom Herzen.
„Hör mal, ich will gar nicht den Gewinn der Wette. Du musst nicht dein Geheimnis der Schule verkünden und ich will dich auch nicht befehligen", grinste Draco. Alles schien ihm jetzt so lustig.
„Wer sagt, dass dir der Sieg zusteht?", fragte Blaise gelangweilt und ließ seine Fingerknöchel knacken.
Draco runzelte die Stirn.
„Du meinst, wir geben die Wette einfach auf?", erkundigte er sich. Diese Aussicht fand er sehr verlockend.
„Ne, Mann, du hast erst gar nicht gewonnen." Blaise grinste schief.
„Natürlich hab ich das, auch wenn ich nicht stolz darauf bin", stöhnte Draco und verdrehte die Augen.
„Weißt du noch, was die Bedingungen waren? Hermine zu zwingen, dich zu küssen, gilt nicht", meinte Blaise.
„Stimmt", sah Draco ein, „ich geh jetzt erstmal sofort zu ihr, um mich zu entschuldigen."
„Ich muss dir noch was sagen", murmelte Blaise und sah nun nicht mehr so selbstsicher aus, wie sonst. „Nachdem du dich gar nicht richtig bemüht hast, die Wette zu gewinnen, hab ich sie mit einem Zauber besiegelt, der die Teilnehmer dazu zwang, alles für die Wette zu tun. Also ist es eigentlich gar nicht deine Schuld, dass du Hermine geküsst hast. Du wolltest das gar nicht. Ich sollte mich bei ihr entschuldigen."

Dracos Herz machte einen Sprung. Er war so glücklich, wie seit Wochen nicht mehr. Er hatte Hermine gar nicht aus eigenen Stücken heraus geküsst. Er konnte sich ehrlich bei ihr entschuldigen und anschließend zu Harry gehen und ihm ohne Gewissensbisse seine Gefühle gestehen.
„Ich muss los", rief er und eilte den Gang entlang.
„Ich versteh schon, rief Blaise ihm hinterher, „der Zauber hat sich übrigens schon aufgehoben."

Ron:
Ron errötete. Er fasste sich mit der Hand an seine Wange, wo Hermine ihn geküsst hatte. Er spürte auch noch die Intensität des Kusses in seinem Magen, der verrücktspielte. Am liebsten hätte er Hermine, die vor ihm lief, zu sich gedreht und noch einmal geküsst, doch sie war leider zu pflichtbewusst. Er fragte sich, wie er das geschafft hatte. Hermine war so hübsch und sie ließ sich nicht so einfach von Komplimenten beeindrucken wie beispielsweise Parvati. Das mochte Ron so sehr an ihr.
Sie fanden Harry unten auf dem Quidditchfeld, beim Training.
„Ron, wir schnappen uns Besen und fliegen zu ihm hoch. Wenn wir von hier untern aus rufen, dann hört er uns nicht", entschied Hermine.
„Hermine, du fliegst auf einem Besen?", fragte Ron bewundernd.
„Was sein muss, muss sein", gab Hermine zurück.
Ron bewunderte sie wieder einmal. Sie war noch nie geflogen und traute sich einfach mal auf einen Besen, obwohl sie Angst davon hatte. Er selbst hätte seine Spinnenangst nicht so schnell überwinden können. Hermine warf ihm einen Besen zu und schwang sich elegant auf ihren.
„Du muss dich nach vorne lehnen", empfahl Ron besorgt.
„Ron, ich weiß, wie man fliegt", seufzte Hermine und verdrehte die Augen.
„Aber du bist doch noch nie geflogen", rief Ron erstaunt.
„Ich hab Quidditch im Wandel der Zeiten gelesen", gab Hermine zurück.
Ron machte sich wirklich Sorgen um sie. Was, wenn sie abstürzte? Es half doch nicht, ein Buch zu lesen. Er selbst hatte von seiner Mum schon im Alter von 5 Jahren dieses Buch vorgelesen bekommen und war dennoch ein paarmal vom Besen gefallen.
Er stieß sich vom Boden ab und flog in die Höhe. Er sah nach hinten. Gerade stieß sich auch Hermine vom Boden ab. Er legte einen Zahn zu und warf noch einen Blick über die Schulter. Doch Hermine war schon vor ihm. Sie hatte ihn glatt überholt. Sie flog wirklich nicht schlecht. Zwar sah sie etwas zögerlich zu Boden, aber sonst ließ sie sich ihre Angst nicht anmerken.
Da sah Ron auch schon Harry ein paar Meter über sich.
„Hermine, dort ist Harry", rief er, nun etwas nervös.
Hermine nickte und lehnte sich nach vorne.
„Hermine, vielleicht wäre es besser, wenn du alleine zu Harry fliegst", sagte er, nicht lauter als nötig.
Hermine warf ihm einen strengen Blick zu. Ron seufzte und wappnete sich innerlich für Harrys Wutausbruch.
Da sah Harry nach unten und erblickte sie. Hermine winkte ihm zu und gab ihm ein Zeichen, dass er herunterkommen sollte. Harry drehte sich zu Ron um und runzelte die Stirn. Noch eine Spur nervöser biss sich Ron auf die Lippe und zupfte seinen Umhang zu Recht. Zu seiner Erleichterung kam Harry zu ihnen und bedeutete ihnen wortlos, zu landen. Er rief Angelina zu, dass es etwas Wichtiges sei und dann landeten die drei.

Harry:
Während Ron und Hermine ihm alles erklärten, verkrampfte sich Harrys Magen immer mehr und er stand kurz davor, laut los zu schluchzen. Er war nun nicht mehr sauer auf Ron, doch umso verzweifelter, da er nie von Draco erwartet hatte, dass er zu so etwas imstande war. Er hätte schreien können, aber es hätte nichts gebracht.
Da sah er eine große, schlanke Gestalt mit einem grünen Schal um den Hals auf ihn zukommen. Es war Draco. Harry nahm sich vor, ihn in Zukunft in Gedanken wieder beim Nachnamen zu nennen.
„Harry, ich muss dir was sagen", murmelte Dracos Stimme nah an seinem Ohr. Harry war so in verzweifelten Gedanken versunken, dass er alles wie zeitverzögert wahrnahm und Draco gar nicht hatte kommen hören.
„Ich will nicht hören, was du zu sagen hast, Malfoy", sagte er ruhig.
„Doch, bestimmt willst du das. Ich habe nämlich einen Fehler gemacht. Nicht nur einen. Und ich will mich bei dir entschuldigen und dir etwas sagen."
Draco wandte sich zu Hermine. „Bei dir muss ich mich auch entschuldigen", seufzte er schwer und sah sie ernst an.
„Das kannst du laut sagen, Malfoy", hörte Harry Ron rufen.
„Nein, nichts entschuldigt deine Taten, du kannst verschwinden!", sagte Harry, immer noch in dieser ruhigen, emotionslosen Stimme.
Zu seiner Überraschung drehte sich Draco nach einem letzten, sehnsuchtsvollen Blick um und verschwand vom Quidditchfeld.
„Harry?", hörte Harry Rons Stimme wie aus weiter Ferne.
Er nickte nur. Er konnte nicht reden.
„Vielleicht wäre es gut, wenn du mit Hermine zu Malfoy gehst und ihr das klärt", meinte Ron.
Langsam kehrte Harry in die Realität zurück und wollte Ron anschreien, was für ein blöder Vorschlag das war, doch alles, was er hervorbrachte war ein erschöpftes Murmeln: „Ich werde diesem Mistkerl von Slytherin doch nicht meine Gefühle gestehen. Das hält er am Ende noch für ein Kompliment."
In seinem Inneren wusste er aber, dass Ron Recht hatte.
„Vielleicht wäre das wirklich gut", seufzte Hermine und sah ihn mitfühlend an.
Harry rang nach Worten, die seine Gefühle wiederspiegeln konnten, doch sein Kopf war wie leergeblasen.
„Na gut, aber wenn Malfoy das auch nur ansatzweise lustig findet, dann brech ich ihm alle Knochen", sagte Harry. Er konnte nun wieder klar denken und merkte, dass seine Freunde ihn traurig und verständnisvoll ansahen.
„Aber er soll sich auch bei dir entschuldigen, Hermine", rief Harry.
„Ja, aber das ist jetzt erstmal nicht so wichtig", winkte Hermine lächelnd ab.
„Ich gehe jetzt zu ihm. Wollt ihr nicht mitkommen?", fragte Harry dann.
„Ja klar, wenn du das willst, Kumpel", meinte Ron mit feierlicher Miene.
Harry musste lächeln. Auf seine Freunde war echt Verlass.

Die Wette, die alles zerstörte? Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt