Venus Flytrap

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Also... lasst mich meine Situation mal zusammenfassen: Vor einiger Zeit kam ich alleine und verlassen nach Gotham, fühlte mich nicht zugehörig und war umgeben von Menschen, die ich als verrückt und seltsam erachtete. Jetzt saß ich in Arkham und was kann ich sagen? Es war, als würde sich die ganze Geschichte wiederholen, nur dass diese „Verrückten" nun sogar offiziell auf ärztlichen Bescheinigungen als wirklich verrückt galten. Nygma, den ich ja schon heute Morgen in der Cafeteria angetroffen hatte, war eigentlich noch ganz nette Gesellschaft, aber abgesehen von den nicht stoppenden Schreien in der Nacht, schien jeder um mich herum in einer anderen Welt zu leben. Als sei nur ihr Körper anwesend, aber ihr Geist schien in eine andere Wirklichkeit verband worden zu sein. Ich saß inzwischen vor dem winzigen, grauen Fernseher, der an der Steinwand hing und die Nachrichten zeigte. Es wurde schon dunkel draußen, der erste Tag war schleppend vergangen, aber es war auch wirklich nichts passiert. Den ganzen Tag hatte ich nur in diesem Raum, umgeben von Durchgeknallten, verbracht und die meiste Zeit davon hatte ich eben auf den Fernseher gestarrt. Nygma hatte sich irgendwann verabschiedet, da er zu einer "Therapiesitzung" gerufen wurde.

Etwas an dieser Einrichtung war faul. Ich spürte, wie diese leichte, unterschwellige Angst, die aber keiner auszusprechen wagte, in der Luft hing. Zwar war keiner freiwillig hier, schließlich waren alle hier auf irgendeine Weise kriminell, aber es war mehr als das... keiner wollte zu den „Therapiesitzungen" gehen. Und keiner um mich herum wirkte, als seien sie auf einem Weg der Heilung.

Ich war soweit ich das einschätzen konnte die Jüngste. Nach oben hin gab es allerdings kein Limit. Bereits seit ungefähr zwei Stunden starrte mich schon ein sehr alter, grauer und blasser Mann aus einer schattigen Ecke an. Er hatte eine Art Zucken im rechten Auge, aber sein Blick verharrte doch auf mir. Ich versuchte es zu ignorieren. Dann viel meine Aufmerksamkeit wieder zurück auf den Fernseher, in dem nun tatsächlich mein Name erwähnt wurde: „...die als „Jester" bekannte Schwerverbrecherin und Partnerin des Jokers sitzt seit letzter Nacht hinter Gittern im Arkham Asylum...". Ich war nicht sicher, ob das gut oder schlecht für mich war. Vielleicht hätten die anderen Insassen Respekt vor mir, wenn sie den Namen des Jokers in meinem Zusammenhang zu hörten, aber vielleicht machte mich das ja auch angreifbar. Schließlich war der Joker nicht gerade dafür bekannt ein fantastischer Komplize zu sein, er hatte mit Sicherheit schon viele hier drin übers Ohr gehauen und nun war ich hier... alleine... ohne ihn als meinen Bodyguard. Nicht, dass ich ihn dafür gebraucht hätte, aber das wussten die ja nicht. Ich spürte an jenem Abend aber nichts mehr als ein paar interessierte Blick auf mir und dann war es auch schon Zeit für eine weitere Nacht in der Hölle.

Am nächsten Tag war es Zeit für meine erste „Therapiesitzung". Ich war nach all meinen Horrorvorstellungen überrascht nur in ein stinknormales Therapiezimmer gebracht zu werden. Aber da saß ich: in Zwangsjacke an einen kalten Eisenstuhl gefesselt, vor einem ebenso tristen Tisch, auf dessen Gegenseite ein weiterer, noch leerer Stuhl stand.

Dann schwang die Tür auf und eine hochgewachsene Frau mit strickt nach hinten gebundenen, schwarzen Haaren stolzierte herein. Sie schwang sich auf den Stuhl, legte ihre sorgfältig zusammengelegte Mappe vor sich auf den Tisch und gab mir ein warmes, wenn auch professionelles Lächeln. „Guten Tag, Frau Wayne, mein Name ist Dr. Kassandra Pirelli", begrüßte sie mich. Fast erschrak ich, als ich meinen Nachnamen hörte. Irgendwie hatte ich vergessen, dass ich einen Nachnamen mit meinem Onkel teilte. Hier wurde mir ein Vorteil des Jokers bewusst, den ich nie haben würde: Anonymität. Zwar nannten mich die Medien „Jester", aber jeder wusste, wer ich in Wirklichkeit war. Sie müssten nur meinen Namen im Internet eingeben und ich bin sicher, sie hätten meine gesamte Familie, alle ehemaligen Freunde und meine alte und neue Schule gefunden. Ich fragte mich, ob sie im Fernsehen „Jester" verwendeten, um meinem echten Namen und eine Kontroverse um Bruce Wayne zu verhindern. Durch meine Verwirrung verpasste ich zu antworten und die Therapeutin, die es wahrscheinlich gewohnt war, redete einfach weiter: „Wir hier in Arkham finden wir es persönlicher, wenn wir Patienten und Ansprechpartner, wie mich, duzen und mit Vornamen ansprechen können. Wäre das in Ordnung für Sie?". „Ja", antwortete ich knapp, in Gedanken bei all den unangenehmen Fragen, die sie mir stellen könnte. „In Ordnung, Kelsey-", ich unterbrach sie direkt und automatisch, ohne darüber nachzudenken: „Jester." „Magst Du es lieber Jester genannt zu werden?", fragte sie um sich rückzuversichern. Ich lehnte mich zurück und blickte sie eindringlich ein, dann nickte ich. Wenn ich schon dort war, wollte ich doch mal ein paar Tricks ausspielen, die ich bei Jack gelernt hatte. Mir viel auch auf, dass ich mich nicht verplappern durfte, wenn ich von Jack sprach. Ich musste ihn Joker nennen. Wir fiel gerade auf, dass Jack dadurch, dass er mir seinen wahren Namen gesagt hatte, eigentlich schon eine riesige Menge Vertrauen bewiesen hatte. Es versetzte mir einen Stich ins Herz, das hatte ich vorher nie als so groß beachtet, aber es stimmte. Ich musste ein wenig blass geworden sein: „Ist alles in Ordnung, Jester?", fragte Dr. Kassandra mich. Ich lächelte sie nur an und nickte wieder. Sie war eine trainierte Psychologin, ich wollte nichts Falsches sagen. Meine Gefühle gingen sie gar nichts an... „Du gingst bis zu dem Zwischenfall mit dem Joker auf eine hoch angesehene Schule hier in Gotham, nicht wahr?", fragte sie mich weiter. „Du scheinst ja schon alles zu wissen, warum bin ich hier?", gab ich als Gegenfrage.

„Weil ich wissen möchte, wie es passiert ist. Warum hat sich eine Eliteschülerin wie Du dazu entschieden etwas mit jemandem wie dem Joker gemacht?"

„Wer sagt, dass ich Eliteschülerin war?"

„Man braucht doch eine gewisse Vorzeigeleistung, um angenommen zu werden, oder nicht?"

„Wenn sie eh schon alles von mir wissen, wissen sie sicher auch mit wem ich meinen Nachnamen teile."

„Du bist die Kusine von Bruce Wayne, nicht wahr?"

Zugeben, das überraschte mich fast, ich sagte einfach nichts.

„Du hast dich mit Sicherheit nicht dazugehörig gefühlt, oder? Schließlich warst Du verwand mit einem Promi, dazu warst Du die Neue und bist, im Gegensatz zu den anderen, vielleicht nicht durch Leistung hineingelangt."

Sie war gut. Ich ließ mir nichts anmerken.

„Hast Du dich wie ein Außenseiter gefühlt?"

„In dieser Stadt ist jeder ein Außenseiter."

„Du magst Gotham nicht wirklich, oder?"

„Ich habe meinen Gefallen daran gefunden."

„Durch den Joker?"

„Und Du durch Arkham?", fragte ich mit einem sarkastischen Unterton und Grinsen.

„Wir reden hier über Dich, nicht mich."

Ich grinste nur weiter.

„Was hast du am Joker gefunden?"

Ich grinste weiter.

„Du wurdest nachts alleine in einem Park aufgefunden, hattet ihr einen Streit?"

„Das hättet ihr wohl gerne."

„Das heißt, ich liege falsch?"

„Darf man nicht mal alleine einen kleinen Spaziergang machen?"

„Nachts?"

„Ich finde die Nacht besonders schön."

Viel Produktives kam auf beiden Seiten nicht raus. Ich verriet ihr, soweit ich es merken konnte, nicht allzu viel und ich fühlte mich nicht therapiert. Und davor hatten alle so eine Angst? Irgendwie hatte ich das Gefühl, da würde noch etwas kommen und das Duzen und die Vornamen waren nur eine Methode mein Vertrauen zu gewinnen, um mich wie ein unwissendes Insekt in ihre Venusfliegenfalle zu locken.

A Running Gag (Gotham ff - german, Teil 2!)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt