Thin Ice

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Es war später am gleichen Tag und ich saß alleine auf dem Sofa, wie immer tief in meiner eigenen Gedankenwelt verloren. Ich bekam das Gespräch, dass ich mit Jack hatte, nicht aus dem Kopf. Und auch Bruce schwirrte mir wieder und wieder durch den Kopf und wollte mir partout keine Ruhe lassen. Es war wie in Anfangszeiten, ich dachte diese Gefühle wäre ich vor Monaten losgeworden, aber scheinbar war das Ganze nicht so leicht und blumig wie erhofft. Jack war ein komplizierter, komplexer Mensch hinter all dem Make-up und ich war nach wie vor nicht von den Verbindungen zu meiner Vergangenheit losgekommen. Nicht komplett zumindest. „Was machst du?", fragte Jack hinter mir so plötzlich, dass ich vor Schreck zusammenzuckte. „Sorry", lachte er und setzte sich mit einem Plumps neben mich. „Ach, ich war nur in Gedanken", sagte ich, noch immer nicht ganz anwesend. „Was ist los?", er sah besorgt aus. Über die Zeit hatte ich immer wieder gemerkt, dass Jack keinerlei Empathie gegenüber anderen Leuten, der Stadt oder der Welt generell hatte, außer mir gegenüber. Neben mir war er fast sensibel. Wahrscheinlich war er immer sehr sensibel, nur wusste er es inzwischen zu überspielen. Überall, nur vor mir nicht. Wahrscheinlich war das, das was ihm so Angst machte. „Ich hab nur darüber nachgedacht, was du vorhin gesagt hast", sagte ich ihm in die giftgrünen Augen schauend. Er wartete auf eine Erklärung, ohne etwas zu erwidern. „Ich weiß, du kannst anderen nicht leicht trauen, das musstest du ja als Einzelkämpfer nie, aber..." ich schaute auf meine Hände, mit denen ich nervös an einem Kissen herumspielte: „... manchmal wünschte ich, du könntest mir gegenüber noch ehrlicher sein... ich wünschte, ich könnte dir irgendwie beweisen, dass du mir vertrauen kannst." Für eine Minute blieb alles totenstill, ich fühlte regelrecht, wie Jack nach Worten suchte. „Du...", das letzte Mal, dass ich ihn so innerlich aufgewühlt und aufgelöst gesehen hatte, war am Tag des Wutausbruchs und mein Herz fing automatisch an zu hämmern. „Du weißt, dass es nicht an dir liegt. Ich will nicht, dass du mir irgendetwas beweist..." „Wir schlafen seit fast einem Monat im selben Bett, wir haben uns einmal geküsst und ich finde es okay, dass wir alles langsam angehen, aber ich habe das Gefühl, du wendest dich jedes Mal von mir ab, wenn wir davon reden. Ich möchte mit dir sein... außerhalb von nebeneinander schlafen." Mein Herz schlug so schnell, dass ich mir langsam ernsthaft Sorgen machte. „Kelsey...", Jack atmete ungewöhnlich schnell als wäre er einer Panikattacke nahe: „Du willst nicht wirklich mit mir zusammen sein!" Seine Stimme erhob sich, auch wenn ich in seinen Augen sah, dass er mich eigentlich nicht anschreien wollte. Er hatte die Kontrolle verloren: „Warum würdest du mit mir zusammen sein wollen? Warum?!" Ihm stiegen Tränen in die Augen, die er nicht wegwischte. Er bebte. Ich starrte ihm zitternd in die Augen und sagte es einfach: „,Weil ich dich liebe." Niemand sagte mehr ein Wort für was sich anfühlte wie eine Ewigkeit. Dann flüsterte Jack ganz leise etwas, das unterstrich, dass er mir wahrhaftig nicht traute und mein Herz in kleine Stücke brechen ließ: „Sag das nicht einfach so, Kelsey... du bist einfach nur in die Idee von Freiheit verliebt. Nicht in mich." Das war es also. Das war es, das er glaubte. Er glaubte wahrscheinlich, gar nicht geliebt werden zu können. Ich erwischte mich selbst allerdings kurz dabei, wie ich über seine Worte nachdachte und überlegte, ob er vielleicht Recht haben könnte. Liebte ich ihn oder das was er mir gegeben hatte? „Das ist nicht...", fing ich an, aber Jack sprang schon auf, lief mit großen Schritten auf das Schlafzimmer zu und verbarrikadierte sich darin. Ich hingegen kugelte mich auf dem Sofa zusammen. Es war unkontrollierbar, die Tränen kamen einfach und schon bald war alles feucht, meine Augen mit Sicherheit rot und aufgequollen und meine Nase war zu. Ich dachte, ich hätte meinen Traum gefunden und nun ging der ganze Herzschmerz einfach wieder von vorne los. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Sollte ich mit ihm reden oder sollte ich einfach weggehen? Würde zu gehen seine Vermutung unterstützen? Vielleicht sollte ich ihn in seiner Verfassung nicht alleine lassen... auf der anderen Seite war er ein erwachsener Mann. Aber ein gebrochener, erwachsener Mann. Ich hatte zu starke Kopfschmerzen, um es noch weiter dort auszuhalten und stürmte einfach ohne zu denken aus der Wohnung, das Treppenhaus hinunter und hinaus ins Freie. Es war arschkalt und ich trug nur Shorts und T-Shirt. Nicht mal Schuhe hatte ich an. Aber ich konnte mich beim besten Willen nicht dazu bringen noch mal in die Wohnung zu gehen. Nicht, wenn ich Jack dabei vor die Augen treten müsste, mit verheulten Augen und dem Wissen, dass er meine Gefühle kannte. Und, dass er an ihnen zweifelte.

Eigentlich hatte ich nicht die geringste Ahnung, wohin ich gehen sollte. Würde ich hier die Nacht überbleiben, wäre ich morgen, wenn nicht erfroren, mindestens erkältet. Ich beschloss zunächst hier zu warten und mich dann später in der Nacht wieder nach oben zu schleichen und auf der Couch zu schlafen. Scheiße, ich hatte keine Schlüssel eingepackt. Ich wollte einfach nur zum zweiten Mal anfangen zuheulen. Geschlagen lief ich in den nächsten Park, der nicht allzu weit entfernt war und setzte mich auf eine Parkbank. Es sah wie ausgestorben aus und die Parklaternen schafften es kaum, die gigantischen Rasenflächen komplett zu erleuchten. „Fuck", stieß ich aus und lehnte mich mit geschlossenen Augen nach hinten. Auf einmal hörte ich ein Geräusch hinter mir, ich öffnete meine Augen, doch bevor ich mich umdrehen konnte, spürte ich einen Schlag an meinem Hinterkopf und die Welt verschwand vor meinen Augen.

A Running Gag (Gotham ff - german, Teil 2!)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt