Die Tür von dem leeren Klassenzimmer wurde langsam aufgeschoben und Brie schlüpfte durch den Spalt. Eigentlich hatte ich nun wirklich keine Lust auf Gesellschaft...hatte ich eigentlich nie. ,,Ich dachte mir schon, dass ich dich hier finde", sagte Brie lächelnd und stellte ihr Essen auf einen Tisch in meiner Nähe. Vermutlich hätte ich jeden anderen angefahren, dass sie sich gefälligst einen anderen Platz suchen sollten zum Essen. Ich erwiderte nichts auf ihre Erklärung, sondern sah wieder schweigend aus dem Fenster. ,,Willst du mir jetzt die ganze Zeit aus dem Weg gehen?", fragte sie und ich seufzte. Ich spürte ihren Blick auf mir, als würde sie erst weiter essen, wenn sie ein Antwort bekam. ,,Hast du doch auch die letzten Jahre geschafft. Nicht mal zu ihrer Beerdigung bist du gekommen", feuerte ich ihr monoton entgegen und trank ein Schluck von meinem Wasser. Ich würde nicht einfach alles vergessen können und jetzt so tuen, ob nichts gewesen wäre. Wenn sie das erwartete, könnte sie auch zurück zu Kaden gehen, der sich sichtlich mehr darüber freute, sie zu sehen.
,,Sawyer...es tut mir doch leid. Ich wusste nicht...", fing sie an und riss meinen Kopf rum. Ich fixierte sie mit meinen Augen und ein Knurren kam über meine Lippen. ,,Es stand überall in den Zeitungen! Du hättest es sehen müssen und wenn du schon so dicke mit Kaden bist, hätte er es dir schließlich auch sagen können", fuhr ich sie an und sprang aus der Fensterbank, wo ich gesessen hatte. Auf billige Ausreden hatte ich nun wirklich keine Lust. ,,Lass mich ausreden! Ich weiß, dass du sauer auf mich bist. Du fühlst dich im Stich gelassen, würde ich auch, aber wir wurden von hier vertrieben. Sawyer, wir durften drei Jahre nicht mehr die Stadt betreten. Die alte Macht hat es uns verboten", fing sie an und stand selber von ihrem Stuhl auf. Sie hob abwehrend ihre Hände vor ihre ihren Oberkörper, als wollte sie sich schützen. Ich fuhr mit meiner Zunge über meine Zähne und prüfte meine Fingernägel. Alles beim Alten. Nur das Knurren eben hatte mich verraten.
Plötzlich platzte die Wasserflasche in meiner Hand und ich ging erschrocken mehrere Schritte zurück, während mein Blick auf meiner rechten Hand lag, wo ich bis eben die Flasche noch gehalten hatte. Dann verwandelte sich die Pfütze zu meinen Füßen in vielen kleine Tropfen, welche langsam in der Luft schwebte, wie Seifenblasen aus Wasser. Was war das hier? Ich sah fassungslos zu Brie, welche mit ihren Händen die Tropfen steuerte. ,,W-Was bist du?", fragte ich und spürte die Fensterbank in meinem Rücken. Weiter konnte ich nicht mehr zurückweichen. ,,Ich bin eine Hexe. Vor drei Jahren hat meine Mutter das Gleichgewicht gestört und wir wurden aus dieser Stadt verbannt. Ich durfte nicht zurückkehren, auch wenn ich es gewollt hätte. Sawyer, ich würde euch nie freiwillig zurücklassen", meinte sie und die Wassertropfen verdampften in der Luft, als hätten sie nie existiert. Brie steckte ihre Hände gelassen in ihre Hosentasche und sah mich entschuldigend an. ,,Und wieso konntet ihr jetzt wieder zurückkehren?", fragte ich und klammerte mich an die Fensterbank hinter mir, als würde sie mir irgendeinen Halt geben...völliger Schwachsinn. ,,Weil das Gleichgewicht nun komplett aus der Bahn gerissen wurde...alte Verbannungen haben nun keinen Stellenwert mehr und glaub mir, da ist meine Familie noch das Harmloseste, was zurückgekehrt ist."
Den ganzen Dienstag hatte ich mich gedrückt, allein in meinen Zimmer zu sein. Erst war ich in der Schule, dann war ich gejoggt, was ich noch nie gemacht hatte. In mir war eine minimale Hoffnung gewesen, dass ich dadurch vielleicht irgendwie auf andere Gedanken käme. Naja...mein innerer Schweinehund war so groß gewesen, dass ich um die halbe Stadt gerannt war...vielleicht wollte ich auch testen, zu was mein Körper in der Lage war. Als ich zuhause ankam, habe ich gekeucht und nach Luft geschnappt. Meine Muskeln haben geschrien und mich verflucht. Eine Viertelstunde später hätte ich das wiederholen und sogar noch ein paar Kilometer dran hängen können. Ich blieb länger als sonst bei meinen Eltern und versuchte mit Smalltalk von dem eigentlichen Thema abzulenken, welches uns allen auf der Zunge brannte. Jetzt konnte ich es nicht mehr vermeiden und lief langsam die Stufen zu meinem Zimmer hoch. Jeder Schritt war eine Qual, denn ich wusste, wenn ich jetzt da oben allein saß, würde ich durchdrehen. Ich würde Panik bekommen und mir die Seele aus dem Leib heulen. Langsam hob ich die Falltür an und erschrak. Auf der Fensterbank saß ein bekanntes Gesicht, welches mich breit anlächelte. Spencer. ,,Was machst du denn hier?", fragte ich und kletterte in mein Zimmer. Völlig fassungslos starrte ich durch die Fensterscheibe zu ihm. Ich ging langsam zu ihm und öffnete das Fenster. ,,Denkst du wirklich, dass ich meinen Lieblingswerwolf, einfach so allein lasse, vor seinem ersten Vollmond?", fragte er und sein Lächeln wurde noch breiter. Seine Haare waren feucht vom Regen und auch die Tüten in seiner Hand, welcher er versuchte mit seiner Lederjacke trocken zuhalten, schienen leicht feucht zu sein. Der Geruch nach frischen Pommes und Burger stieg mir in die Nase.
,,Könntest du mich jetzt bitte reinbitten? Sonst hätte sich die Dusche eben nun wirklich nicht gelohnt", fragte Spencer und nun musste ich auch leicht grinsen. ,,Komm rein, Spencer", Ich hatte es noch gar nicht richtig aus gesprochen, da war er schon von der Fensterbank gesprungen und hatte angefangen die Burger aus zupacken. ,,Also ich habe extra diese Möchte-gern-Burger gekauft, mit einer extra Portion Pommes und einen großen Schokomilchshake", erklärte er stolz und ich schloss noch etwas fassungslos das Fenster hinter mir. Spencer zu sehen, ließ mich wenigstens etwas Hoffnung fassen. Er ließ mich nicht allein, wie er es mir versprochen hatte. ,,Und Elijah?", fragte ich und Spencer seufzte. ,,Natürlich, anstatt du dich einfach freuen könntest, dass ein gut aussehender Vampir in deinem Zimmer dich mit Burger versorgt, fragst du nach einem anderen Typen. Hm, schon klar Sawyer, ich weiß jetzt wo ich stehe", sagte er und ohne das ich es verhindern konnte, musste ich laut stark loslachen. Es war so ein befreiendes Lachen, als würde alle Last für eine kurze Zeit von meinen Schultern fallen. Dann setzte ich mich gegenüber von ihm und betrachtete das Essen. Durfte ich diesen Kerl heiraten? Er hatte mir einfach Essen gekauft. ,,Elijah ist für zwei Tage nicht hier. Seine offizielle Ausrede ist, dass er im Landesarchiv, was nachschlagen will. Die inoffizielle Erklärung ist, dass er nicht bei Vollmond in einer Stadt sein will mit einem Wolfsrudel", meinte Spencer schulterzuckend und schnappte sich eine Pommes, die er sich dann in den Mund schob, ohne auch nur die kleinste Miene zu verziehen. ,,Du musst nicht wegen mir so tun, als ob es dir schmeckt", sagte ich und sah von meinem Burger auf. Spencer machte eine abwegige Handbewegung. ,,Ach, Menschennahrung schmeckt ja, aber es macht halt nur nicht satt. Sawyer jetzt guck nicht so, sondern freu dich, dass ich da bin", meinte er und sah mich auffordernd an. ,,Hab ich schon gesagt, dass ich heute hier bleib? Also wir gucken so viele Disneyfilme wie möglich, bis ich das verlangen habe wieder nach Paris zu reisen, um dann erstmal fünfzig Jahre keine Lust mehr zu verspüren irgendwas davon zu hören, Deal? Und bevor du irgendwas dagegen sagst, wir vergessen heute mal alles, so als wären wir ganz normale Leute, die einen sticknormalen Filmeabend machen", sagte er und so machten wir es auch.
Spencer wusste wie es mir ging und genau deshalb widersetze er sich Elijah, der vermutlich eh ahnte, dass Spencer bei mir war. Er war für mich da, wenn er auch nur den Anflug von irgendwelchen Ängsten spürte, wechselte er sofort das Thema oder fragte mich irgendwas, ab und zu erzählte er auch was von seinen Reisen und war kurz davor mir eine Bucket-List zu erstellen, damit ich in meinem Leben ja nichts verpasste. Spencer war wirklich ein Geschenk, als wöllte das Schicksal, dass ich einmal in dieser Zeit etwas aufatmen kann und für einen klitzekleinen Moment, meine Sorgen vergessen konnte.
DU LIEST GERADE
Dakerline - Im Bann des Fluches
Werewolf~ 𝓔𝓷𝓮𝓻𝓰𝓲𝓮 𝓴𝓪𝓷𝓷 𝔀𝓮𝓭𝓮𝓻 𝓰𝓮𝔀𝓸𝓷𝓷𝓮𝓷 𝔀𝓮𝓻𝓭𝓮𝓷 𝓷𝓸𝓬𝓱 𝓿𝓮𝓻𝓵𝓸𝓻𝓮𝓷 𝓰𝓮𝓱𝓮𝓷. 𝓢𝓲𝓮 𝓴𝓪𝓷𝓷 𝓵𝓮𝓭𝓲𝓰𝓵𝓲𝓬𝓱 𝓾𝓶𝓰𝓮𝔀𝓪𝓷𝓭𝓮𝓵𝓽 𝔀𝓮𝓻𝓭𝓮𝓷 ~ Ein Autounfall veränderte Sawyers Leben und nicht nur ihres. Das Gleic...