Kapitel 13

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In der Miene war es kalt und feucht. Die Wände glänzten schwarz. Sie waren durch den Ruß geschwärzt, welcher hier schon seit Jahrhunderten hier ungestört ruhte, bis Matt um die Ecke kam. ,,Und du warst noch nie hier gewesen? Gott hattest du eine langweilige Kindheit", meinte Matt lachend. Sein Lachen schallte von den kalten Wänden ab und eine Gänsehaut breitete sich auf meiner Haut aus. Ich mochte den Ort ganz und gar nicht. ,,Ich verspürte eben nicht zwanghaft den Drang mich umzubringen", erklärte ich sarkastisch und Matt musste husten vor lachen. Irgendwann würde ich ihm sicher mal eine Ohrfeige geben, dann wenn er nicht drauf vorbereitet war...aber selbst dann würde er sich wehren können. ,,Naja auf alle Fälle der Bürgerkrieg war die Ursache wieso die Miene geschlossen wurde. Man schob es darauf, dass man nicht mehr genug erfahrene Bergarbeiter hätte und darauf, dass viele Mienen nach der großen Schlacht zusammen stürzten. Komischer Zufall oder?", fragte Matt und grinste mich an wie ein Verrückter. Komisch? Das war gruselig! ,,Die Menschen hatten Angst hier runter zu gehen. Nicht nur wegen den Einstürzen, sondern auch wegen der Quelle", erklärte Matt und ich sah ihn fragend an, wahrscheinlich sah er das nicht mal in dieser Dunkelheit, die gefühlt immer näher kam. Wieso hatte ich mich nur hierauf eingelassen. 

,,Was für ein Quelle?", fragte ich und stieß mit meinem Fuß gegen einen Stein. Ich fluchte kurz auf und Matt bot mir wieder seine Hand an. ,,Komm schon, ich dring auch nicht wieder in deine reizenden Gedanken ein, auch wenn ich darin sicherlich sehr interessante Mordpläne finde, wie und wann du mich abschlachtest", sagte er und ich knurrte kurz. Dann griff er einfach ohne zu fragen nach meiner Hand und lief weiter. ,,Ja, hier unten gibt es auch eine heiße Quelle. Sie wärmte die Miene und bot Erholung für die Arbeiter nach ihrer Arbeit. Man behauptet, dass durch das Gestein ganz viele kleine Adern mit heißen Wasser fließen, weshalb die Miene immer warm war. Aber anscheinend ist diese Quelle nicht zum Leben erwacht, so wie die anderen", meinte Matt schulterzuckend und wir kamen zu einer großen Weggabelung. Sie war so riesig, dass das Licht des Handys nicht ausreichte, sie bis zum anderen Ende zu beleuchten. Matt zog mich weiter in die Mitte der Weggabelung und dann sah ich die Quelle. Ein riesiges Becken aus Steinen, was sicherlich zwei Meter in die Tiefe reichte. Die Steine rochen seltsam. Wie nach vergammelten Fleisch. Matt lies meine Hand los und lief um das Becken herum. Um an die Wand zu gelangen, wo früher das Wasser herausgelaufen sein musste. In der Wand war ein Loch, welches mit etlichen Schnörkeln und Verzierungen umrandet waren. ,,Der ganze Raum ist so verziert. Mit Bildern, die in den Stein gehauen sind. Bilder von der Bergarbeit und Namen. Die Namen sind erst nach dem Bürgerkrieg entstanden. Alle die gefallen sind", erklärte er und strich mit seine Hand über die Verschnörkelungen. ,,Weißt du wie beeindruckend es ausgesehen haben muss, wenn der Raum vollständig beleuchtet war?", fragte Matt und ich verschränkte die Arme vor der Brust. Mir war arschkalt. ,,Ich glaube die Bergarbeiter hassten diesen Raum. Er musste sie immer daran erinnert haben, das sie keine Wahl hatten und hier arbeiten mussten", sagte ich und ein kalter Windzug ließ mich zittern. 

,,Matt, lass uns umkehren...du hast gesehen, dass die Quelle immer noch still steht. Komm mit Kaden hier her...ich will hier raus", sagte ich flehend. Der faulende Geruch der Steine biss mir in der Nase, sodass ich Tränen in de Augen hatte. Das hier unten gefiel mir ganz und gar nicht. ,,Einen kurzen Moment noch. Ich frag mich, wieso diese Quelle stillsteht. Das ist schließlich die Urquelle, welche eigentlich die anderen beiden Quellen an der Oberfläche speist", erklärte er und ich sah mich um. Dunkelheit, die immer näher kam. Ich hasste Dunkelheit. Wenn das nun ein weiterer Trick war...würde ich Matt umbringen. ,,Vielleicht ist sie durch die Einstürze blockiert...ist doch jetzt auch egal", sagte ich nun hysterisch und Matt drehte sich zu mir um. Dann seufzte er und kam wieder auf mich zu. ,,Du hast recht...und den Gestank halt ich auch nicht länger aus", meinte er, griff wieder nach meiner Hand und führte mich aus der Miene. 

,,Wieso hat es in der Miene so stark nach verfaulten Fleisch gerochen?", fragte ich, als Matt mir eine warme Tasse Tee reichte. Wir saßen bei ihm im Wohnzimmer, da wir beide durchgefroren waren und Matt darauf bestanden hatte. Der Wohnzimmerboden, sowie die Wände, waren aus massiven Holz gemacht, welches dem Raum eine gewisse Wärme lieferte. Mehrere Schafsfelle lagen auf dem Boden. Der Kamin aus Backstein auf der gegenüberliegenden Wand ließ das Wohnzimmer noch rustikaler wirken. Die Einrichtung passte perfekt zu Matt, der selber wie ein waschechter Holzfäller rumlief. Er kniete gerade vor dem Kamin, als ich die Frage gestellt hatte. Erst als das Feuer langsam anfing vor sich hin zu brennen, richtete er sich auf und drehte sich zu mir um. ,,Das sollte eigentlich traurig sein, weil du das alles nicht weißt...das ist schließlich die Geschichte unserer Stadt", meinte er und ich verdrehte die Augen. Ich interessierte mich eben nicht für die Stadtgeschichte, wieso auch? Es reichte schon, dass meine Eltern mich jedes Jahr auf die Gründungsfeier mitschleiften. Aileen war der einzige Lichtblick an diesem Tag gewesen. Wir haben uns immer zusammen von der Feier geschlichen und waren danach entweder zu mir oder zu ihr. Matt setzte sich in einen dunkelgrünen Ohrensessel und griff nach seiner Tasse Kaffee. Dann schweifte sein Blick zum Feuer, bevor er anfing zu erzählen. ,,Die Mienen machten nicht sofort zu. Kurz nach der großen Schlacht hier in der Nähe, versuchten die reichen Familien die Mienen wieder zu öffnen. Das lief auf einige Wochen gut. Bis die Namen erschienen. Jeder Bergmann der im Kampf verstarb wurde aufgelistet, Vor- und Nachname. Über den Namen stand ,,Die Miene wird ihre Kinder nicht vergessen, die für sie geblutet haben." Niemand weiß, wer es war. Die Arbeit ging weiter, auch wenn sich nun schon einige weigerten. Eine Woche später, so erzählt man sich, soll die Miene eiskalt geworden sein, ganz plötzlich. Natürlich sahen sie bei der Quelle nach, was passiert war. Im Becken war aber kein Wasser, sondern Blut. Blut von den Verstorbenen, so vermutet man zumindest. Daraufhin flüchteten die meisten Bergarbeiter und weigerten sich nur einen Fuß in die Miene zu setzen. Paar Tage später fielen mehrere Gänge zusammen und die Mienen wurde vollständig aufgegeben", erklärte Matt und ich schluckte.

 Deswegen dieser ekelhafte Geruch in dem Raum, aber hätte nicht nach 200 Jahren alles verrotten müssen? ,,Wieso hast du mir das nicht früher erzählt?", fragte ich und Matt sah mich an. ,,Dann wärst du wahrscheinlich nie mit mir rein gekommen, oder?" Ich nickte und rührte mit dem Löffel in der Teetasse umher, zu perplex irgendetwas zu sagen. Wieso hatte er nicht einfach Kaden gefragt, ob er mit rein geht? Wieso ausgerechnet ich? Wollte er damit erzielen, dass ich ihm vertrauen schenkte? ,,Ian vermutet, dass die Macht, die das mit den Quellen gemacht hat, auch der Grund ist, wieso das Werwolfgen sich ausgebreitet hat. Die ersten Werwölfe waren nämlich Bergarbeiter Familien, die mit zu den Gründern zählten", erklärte Matt weiter und ich lehnte mich zurück. Das Sofa war weich und es spendete etwas Wärme, auch wenn ich das Gefühl hatte nicht mehr aufzutauen, als säße die Kälte ganz tief in mir drin. 

Dakerline - Im Bann des FluchesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt