Stirb, du Abschaum

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Als die Sonne hinter den Häuserschluchten untergegangen war, kehrte ich endlich nach Hause zurück. So ein Deck! Ich hatte keinerlei Notfall-Blutkonserven mehr in der Wohnung. Also musste ich wohl oder übel heute Nacht auf die Jagd gehen. Es war noch zur früh. Zu viele Menschen waren unterwegs. Ich versuchte, mir die Zeit zu vertreiben. Was mir eher schlecht als recht gelingen wollte. Egal was ich machte oder dachte, immer wieder glitten meine Gedanken zu dem Hexen-Bastard und jedes Mal versetzte es mir einen sehnenden Stich. Meine beschissene Existenz war mit ihm zum Chaos mutiert.

Ich hatte die scheiß Flasche mit Izukus Zaubertrank in seiner Wohnung vergessen und das verfluchte Ziehen machte sich bereits bemerkbar, dem sicher bald die Schmerzen folgen würden. Ich war gearscht. Wer hatte sich nur so einen perfiden Fluch ausgedacht?

Tief in der Nacht brach ich auf. Die Straße war mittlerweile so leer und verlassen, wie ich mich fühlte. Zwischenzeitlich zog es mich schmerzlich zu Icy-Hot. Ich wusste, ich würde dem Fluch nicht mehr lange widerstehen können. Aber zuerst bräuchte die Bestie in mir Blut. Eine junge Frau lief mir über den Weg. Sie war leicht angetrunken und alleine unterwegs. Pech für sie. Die Blutgier brannte in meiner Kehle, als hätte ich versucht Sand zu schlucken und mein Schädel pochte unaufhörlich. Ihre langen schwarzen Haare hatte sie hochgesteckt. Sie war hübsch. Eigentlich voll mein Typ, doch etwas war anders als sonst. War ja klar. Blut zu trinken, war im Grunde etwas sehr Intimes und Erregendes. Doch diesmal nicht. Selbst ihr Blut schien mir nicht wirklich zu schmecken. Eindeutig war auch daran der Fluch schuld. Ich würde es dieses Mal schnell hinter mich bringen. Beißen, saugen, löschen. Dabei stand ich nicht auf Fastfood.

Frustriert sah ich ihr tief in die Augen und löschte ihre Erinnerungen. Sofort machte ich mich auf den Weg zu Todoroki. Nicht zum ersten Mal fragte ich mich, wie wohl sein Blut schmecken würde. Und wie erregend es wäre es zu trinken.

Wer zum Henker hatte uns das angetan? Das machte doch alles keinen Sinn. Sollte das ein übler Scherz eines Dunkel-Hexers sein? Oder war es vielleicht der Streich einer Elfe? Eines so unwahrscheinlich wie das andere. So einen Fluch, konnte man nicht einfach mal jemanden an den Hals hexen. So etwas brauchte lange Vorbereitungen.

Etwas lag auf einmal in der Luft. Ein Gestank nach Tod und Verderben. All meine Sinne schlugen Alarm. Ich sah es aus dem Augenwinkel. Eine menschenähnliche Gestalt. Schwarz wie die Nacht mit roten Leuchtaugen. Unheilvoll wie der Tod. Sie schwang etwas in die Höhe. Mir war sofort bewusst, um was es sich handelte. Etwas das in meiner frühen Kindheit durchaus an der Tagesordnung gewesen war. Eine Waffe aus längt vergangener Zeit. Ein japanisches Schwert, ein Katana. Reflexartig sprang ich zur Seite. Das Schwert durchschnitt fauchend die Luft. Ein zweiter Schlag folgte so schnell, dass ich nur noch zur Seite stolperte. Ich stürzte zu Boden. Mein Kopf schwirrte. Ich hechtete zur Seite, die Klinge spie Funken in die Dunkelheit, als sie auf den Asphalt traf.
„Stirb, du Abschaum!" Ich riss die Arme hoch und feuerte eine Salbe von Explosionen auf den Angreifer.

Der scheiß Dämon zog sich reflexartig in die Schatten zurück. So nicht, du Stück Scheiße. Mit einem Satz war ich auf den Beinen und setzte ihm nach. Der Drecksack war verschwunden. Das fehlte mir noch. Ein Dämon in meinem Revier. Und ich befürchtete, dass es nicht der einzige war. Ich musste mich darum kümmern, aber jetzt sollte ich erstmal zu Icy-Hot. In Vampir-Geschwindigkeit rannte ich los. Die Wohnung lag ein ganzes Stück entfernt. Doch ein Taxi in dieser Gegend und um diese Uhrzeit war eine verfickte Unmöglichkeit. Und die Bewegung half mir dabei, einen klaren Kopf zu behalten. Das Gebäude hatte 25 Stockwerke und Todorokis Wohnung lag im obersten. Eilig betrat ich die Eingangshalle. Schlagartig hatte ich ein extremes Scheiß-Gefühl. Da war derselbe verdorbene Geruch. Es war nur ein Hauch, dennoch er war da. Ich stieg aus dem Aufzug und erstarrte. Scheiße, seine Wohnungstür stand offen. Der Gestank war überdeutlich. Und noch etwas lag in der Luft. Der metallische Geruch von menschlichem Blut und verbranntem Fleisch. Was wenn ihn der Dämon ... Ich konnte den Gedanken nicht zu Ende führen. In meinen Ohren surrte es. Ich stürmte in die Wohnung, auf alles gefasst.

„Todoroki...!"

Atemlos und mit zusammengekniffenen Augen stand er da. Bereit, den vermeintlichen Angreifer zurück in die Hölle zu schicken. „Oh, du bist es."

Mit drei Schritten durchquerte ich den Raum und konnte mich gerade noch bremsen, ihn vor Erleichterung um den Hals zu fallen. Stattdessen griff ich nach seinem Kinn und hob es an.

„Fuck! Du bist verletzt."

Blut lief in einem dünnen Rinnsal auf seine Brust und tränkte den Stoff des weißen Shirts. Seine Augen weiteten sich und er griff nach seinem Hals. Er sog scharf die Luft ein, als er den Schnitt berührte.

„Mist, der Dämon hat mich erwischt, bevor ich ihn in ein Häufchen Asche verwandelt habe."

„Sag mir, was passiert ist!" Ich schnappte nach seinem Arm und zog ihn ins Badezimmer.

„He langsam! Ich bin aufgewacht und da stand der Dämon mit einem Schwert in der Hand. Hätte ich nicht so gute Reflexe, wäre ich jetzt einen Kopf kürzer." Stirnrunzelnd betrachtete er die Wunde im Spiegel. Er holte eine Tinktur und einen Tupfer aus dem Schrank. „Nur ein Kratzer."

„Lass mich das machen!" Ich griff nach dem Fläschchen und der Watte. Er hob den Kopf und ließ es zu, dass ich ihn verarztete. „Okay, das könnte jetzt etwas brennen." Meine Brauen wanderten nach oben, als die Heilung sofort einsetzte und sich die Wunde binnen Sekunden schloss. Nur eine feine rote Narbe blieb zurück.

„Das Zeug hab ich von Izuku", war seine Erklärung. Er zog das verblutete Shirt aus und warf es in den Wäschekorb. „Scheiße, wie ist der eigentlich hier hereingekommen. Die Wohnung ist doch mit Zauber geschützt." Er schlug sich den Handballen gegen die Stirn. „Stimmt ja. Die musste ich ja wegen dir aufheben." Er drehte sich um und zog seine Hosen aus. „Ich werde duschen."

Das Wasser rauschte auf einmal wie ein Wasserfall in meinen Ohren. Wie gebannt sah ich zu, wie es heiße über die nackte Porzellanhaut floss und ihm eine Gänsehaut verschaffte. Genießerisch legte er den Kopf in den Nacken und fuhr sich durch sein Haar. Ich stand nur da und konnte meinen Blick nicht abwenden. Er besaß die Schönheit eines gefallenen Engels. Seine Eleganz und sein kraftvoller Körper ließen mich erschaudern. Verzehrende Leidenschaft überrollte mich. Mir wurde beinahe schwarz vor Augen und mein ganzer Körper vibrierte vor rohem, wildem Verlangen. Scheiße, das war einfach zu viel für mich. Wie hypnotisiert öffnete ich die Duschkabine. Wasserdampf quoll mir entgegen. Icy-Hot drehte sich erstaunt um. Unsere Blicke trafen sich. Schlagartig schien die Luft zwischen uns zu knistern, als würden wir unter Strom stehen. Ich ertrank in seinen Augen. Eine gewaltige Begierde überrollte mich. Ich wollte ihn in die Arme nehmen, mich an ihn drücken und seinen Duft in mich aufnehmen. Meine Hände über seine wohlgeformte, nasse Brust gleiten lassen. Das Bedürfnis ihn zu berühren war so groß, dass ich einen Schritt auf ihn zu stolperte, um zu merken, dass ich all meine Kleidung trug. Fuck, ich hatte den Verstand verloren.

Er zog die Brauen hoch. „Was wird denn das, Kat-chan?" In seinen Augen lag etwas Unergründliches.

„Äh... i... ich ... Scheiße ..."

Auf sein Gesicht stahl sich ein schiefes Lächeln und er ließ die Hand über seine Körper gleiten bis zu seiner halbsteifen Erektion. „Wenn du hier rein willst, dann solltest du dich ausziehen."

Superman hätte sich nicht schneller die Kleider vom Leib gerissen und im nächsten Augenblick bewegten sich unsere Lippen aufeinander. Seine Lippen öffneten sich einen spaltbreit und ich nahm seinen Mund ganz für mich ein. Seine Augen wurden dunkel. Er atmete schwer. Der Kuss flammte zu etwas Intensiverem auf. Steckte uns in Brand. Sein Becken presst er an meines. Eine peitschende Welle der Lust schwappte über mir zusammen. Er packte meinen Hinterkopf, um mich noch näher an sich zu ziehen und mich um den Verstand zu küssen. Er drückte mich an die Wand. Immer fester drängte er sich gegen mich. Ließ mich seine Muskeln spüren und seinen inzwischen stahlharten Schwanz. Ich spürte seinen erregten Herzschlag unter seiner Haut und seinen bebenden Körper. Scheiße, das hier ließ sich nicht mehr stoppen. Wie war das bloß passiert? Mein Körper schien vor Erregung zu kochen. Unsere glitschig, nassen Körper rieben sich aneinander. Unsere Lanzen schienen miteinander zu fechten. Ich würde hier und jetzt mein letztes bisschen Geisteskraft verlieren. Ich küsste mich an seinem Hals fest, während seine Hände zu meinem Hintern litten. Ich schob die Hand zwischen uns und griff nach unseren Ständern. Rieb sie aneinander. Fachte unsere Lust weiter an. Wir stöhnten beide gleichzeitig auf. Ich griff härter zu und er bohrte seine Finger in meinen Arschbacken. Wieder und wieder ließ ich unsere Erektionen durch die Hand gleiten. Es brauchte nicht viel um uns gemeinsam zum Höhepunkt zu bringen.

Wir saßen in der Küche und jeder hing seinen Gedanken nach. Ich hatte ihm erzählt, dass ich vom selben scheiß Dämon angefallen wurde. Und das es sicher kein Zufall war, dass dieser auch ihn angegriffen hatte. Aber einen Reim konnten wir uns nicht darauf machen.

Gerade sah Todoroki wie ein kleiner müder, verlorener Junge aus, wie er sich an der Tasse haltsuchend festklammerte. Als würde sein Leben aus dem Ruder laufen. Und das tat es ja auch. Wie alt war er jetzt? 18, 19? Und er wurde von einem uralten Fluch zum Sex mit einem Vampir, einem Erzfeind genötigt. Natürlich war das nicht sehr spaßig für ihn. Tss... als hätte ich mir je über so etwas Gedanken gemacht. Ich verfluchte mich selbst für solche Grübeleien.

„Wie lange bist du schon in New York?", erkundigte ich mich.

Er blickte auf und sah mich stirnrunzelnd an. Die Eisschicht hinter seinen Augen war eindeutig verschwunden. „Seit etwas über einem Jahr. Und du?"

„Diesen Sommer werden es fünf Jahre. Manchmal vermisse ich Japan. Ich meine New York ist toll, aber es ist eben nicht Tokio." In meiner Stimme klang Wehmut.

Ein trauriges Lächeln huschte über sein Gesicht. „Ich verstehe, was du meinst. Man hat nun mal nur eine Heimat." Er stand auf. „Komm mit, ich will dir etwas zeigen."
Was hatte er jetzt vor? Die Sonne war schon aufgegangen. Argwöhnisch folgte ich ihm aus der Wohnung. Er führte mich ins Treppenhaus und hinauf aufs Dach. Für einen Moment blendete mich die aufgehende Sonne, die zwischen zwei Hochhäusern hindurch spitzelte. Doch mit dem nächsten Schritt schien ich in einem fernen Land zu stehen. Mir klappte der Mund auf, so berührt war ich. Etwas Feuchtes lief mir über die Wangen. Tränen? Ich stand in dem schönsten japanischen Garten, den ich seit langer Zeit gesehen hatte. Wie angewurzelt blieb ich stehen, völlig überwältigt. Er griff nach meiner Hand und wir betraten eine kleine rote Bücke, die über einen Teich führte. Ein kleines japanisches Wasserspiel aus Bambus ergoss immer wieder seine Fluten mit einem leisen Klong in den Teich. Dass mein Herz gerade zu glühen schien und es mir die Sprache verschlagen hatte, lag definitiv nicht an dem Fluch. Er führte mich weiter zu einer kleinen Pagode. Über ihrem Eingang hing etwas, das ich für eine goldene Sichel hielt, verziert mir seltsamen Schriftzeichen. Die Pagode war nicht viel größer als ein Gartenhäuschen und ebenso rot wie die Holzbrücke. Ein Stück traditionelles Japan mitten in New York.

„Hast du das hier geschaffen?"

Er nickt. „Das ist meine Oase. Ich habe das bisher noch niemandem gezeigt. Nur Izuku kennt diesen Ort. Er hat mir geholfen, den Garten hier oben anzulegen."

Wir setzten uns schweigend auf eine kleine Steinbank. Es schien, als wäre er in dunklen Gedanken weit weg. Seine Mundwinkel verzogen sich fast nie zu einem Lächeln. Wusste er überhaupt, wie man richtig lächelte. Seine Augen waren traurig und er sah sehr müde aus, als hätte er seit hundert Jahren gekämpft. Er betrachtete die kleine Flamme, die er in seiner Handfläche entstehen ließ. Als wären die Antworten auf alle Fragen darin verborgen. Wir blieben so lange, bis die Sonne mich in die Schatten zwang. In meinem Innern hatte sich ein Gefühl ausgebreitet, das ich zuerst nicht deuten konnte. Doch jetzt verstand ich es. Es war Verbundenheit.

Im Tode vereintWo Geschichten leben. Entdecke jetzt