Ich kramte in meiner Jackentasche nach meinem Handy. Auf dem Bildschirm stand eine Nummer, die ich nicht zuordnen konnte. Dennoch beschloss ich, den Anruf entgegenzunehmen, da es sich ja auch um etwas wichtiges Handeln könnte.
"Williams" melde ich mich in ruhigem Ton. "Ich bin froh, dass ich Sie erreiche", drang die Stimme des jüngeren Calvo Bruder an mein Ohr "Ich habe sie schon des Öfteren versucht anzurufen, aber irgendwie kamen wir nicht zu ihnen durch" "Mr. Calvo, was kann ich denn für sie tun, dass sie mich mit Anrufen bombardieren?" fragte ich, während ich bemerkte, dass ich mehrere verpasste Anrufe von zwei unbekannten Nummern hatte.
"Mein Gerichtstermin wurde vor verschoben. Er soll schon übermorgen stattfinden und nicht in 4 Tagen" mir entweicht ein Seufzer, während sich die Panik langsam in mir breit macht. "Ich kriege aber niemals so schnell einen Flug zurück nach New York" "Das haben wir uns schon gedacht" sagt Adrian ruhig "Mein Bruder ist schon auf dem Weg zu ihnen. Er ist spätestens morgen früh da" Damit ertönte das altbekannte Tuten, das mir versicherte das Adrian aufgelegt hatte. Langsam lasse ich mein Handy sinken. Die Panik, die zuvor wie eine erdrückende Welle über mich geschwappt war, begann langsam abzuebben, während ich spürte, wie Dania mich von der Seite merkwürdig ansah.
"Wer war das?" fragte sie plötzlich, in ihren Augen schimmerte die Neugier. "Ich muss früher nach New York zurück als gedacht. Mich holt morgen schon jemand ab. Lass uns lieber zurück" murmelte ich, ohne ihr ins Gesicht zu sehen. Mehr wollte ich gar nicht sagen. Ich stieg auf Onyx und trieb ihn an.
Der Rückweg verlief ziemlich schweigend, und ich glaube, Dania hatte gemerkt, dass irgendetwas in meinem Kopf vor sich ging. Doch in meinem Kopf drehte es sich nur um eines: die Vorstellung, dass Alejandro morgen früh bei mir zu Hause auftauchen würde. Nicht bei meinem Zuhause in New York, sondern in dem Haus, in dem ich aufgewachsen bin. Ein Ort voller Erinnerungen, sowohl schöne als auch schmerzhafte. Aber wollte ich überhaupt, dass er einen so großen Einblick in mein Leben bekam? Und vor allem, woher wusste er, dass ich in Lübeck bin? Ich hatte ihm an dem Abend, als ich gegangen bin, nur gesagt, dass ich nach Deutschland zu meiner Familie wollte. Niemand sonst wusste, dass ich nach Lübeck gehen würde. Ich schob all die Fragen in den hintersten Teil meines Kopfes, als wir aus dem kleinen Wald heraustraten und den Weg zum Stall einschlugen. Die Sonne stand bereits tief am Horizont, der Himmel erstrahlte in den atemberaubenden Farben, was den Hof noch magischer erscheinen ließ.
Ich stieg kurz vor dem Stall Tor ab und packte Onyx an den Zügeln, um ihn abzusatteln und in die Box zu bringen. Als wir die beiden Pferde in die Boxen stellten, wandte ich mich Dania zu. "Es tut mir leid, dass ich gerade so abweisend war. " "Schon gut. Es muss anscheinend etwas sehr Wichtiges gewesen sein, wenn du so reagierst" antwortete sie verständnisvoll "Ich hoffe, wir sehen uns" sagte sie und lächelte mich an. "Natürlich, Dania. Du kannst mich ja auch einfach mal in New York besuchen." "Ja, auf jeden fall. Wir bleiben in Kontakt." versprach sie und wünschte mich noch ein schönen Abend.
Ich schaute zu Onyx und strich verträumt über seine Stirn. "Ich werde dich vermissen, mein Großer," sagte ich leise und drehte mich dann um, um aus dem Stall zu gehen. Ich blieb noch eine Weile vor dem Tor stehen und atmete die kühle Nachtluft ein. Es wurde immer kälter und kleine Schneeflocken fielen vom Himmel, was bei uns echt selten vorkam. Doch das Geräusch von näher kommenden Autos riss mich aus meinen Gedanken. Meine Eltern waren noch nicht zurück, da meine Mutter mir geschrieben hatte das es später wird. Zwei schwarze Autos näherten sich langsam dem Gelände. Der Kies unserer Auffahrt knirschte unter den schweren Reifen der Autos, als sie kurz vor dem Haus zum Stehen kamen. Mein Atem stockte, und ich wusste nicht, was als nächstes passieren würde, wenn sich die Türen der Autos öffnen. Mein Herzschlag beschleunigte sich und ich blieb wie versteinert an Ort und Stelle stehen.
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Stay
RomanceCatalina Willams ist vor mehr als einem halben Jahr aus Deutschland "geflohen" und hat sich in New York bis an die spitze der Anwälte geschlagen. Alles läuft wieder einigermaßen normal im Leben der 23 Jährigen, doch auch das kann schnell ins Wanken...