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Ungeschickt zog sie ihr Notizbuch aus der Tasche. Sie hatte es immer dabei, aus Angst Dinge, die ihr einfielen, wieder zu vergessen. Doch diesmal wollte sie keine Gedanken festhalten; sie zeichnete in groben Zügen das Gesicht einer Frau. Vorhin am Bahnsteig hatte jene sie angeschaut, mit einem traurigen, resignierten Ausdruck. Seit dem ging sie ihr nicht mehr aus dem Kopf. Aber die Frau hatte wirklich seltsam gewirkt, ihre Augen schienen etwas fixiert zu haben und gleichzeitig waren sie so leer und voller Einsamkeit. 
Vielleicht interpretiere ich zu viel. Aber das macht eine Zeichnung doch aus, oder? Vielleicht ging es aber auch um mehr als nur um eine Zeichnung von jemand unbekanntem. Sie dachte noch lange darüber nach, nichtmal von dem gelegentlichen Rütteln der Ubahn wurde sie unterbrochen. Erst als sie fast in ihrer Wohnung war, traten die Gedanken der alltäglichen Routine wieder ein.


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