VII. Leben bedeutet nach seinem eigenen Sinn zu suchen (POV: Satori Tendou)

271 34 7
                                    

Gewidmet an: ramen_are_good (Die ich leider irgendwie nicht mehr vertaggen kann)

Die Dunkelheit hüllt mich in ihre Stille. Geduldig warte ich auf den Moment, auf den ich den ganzen Tag hin fiebere. Auch wenn ich müde und ausgelaugt bin, muss ich ihr Gesicht sehen, mich vergewissern, dass es ihr gut geht. Immer wieder drohe ich in Dämmerschlaf wegzunicken, sobald ich dieses Stadium erreiche, ist es ein purer Willenskampf nicht einzuschlafen. Mit meinen kurzen Fingernägeln zwicke ich in meinen Oberarm. Nur noch ein klein Wenig. Ein bisschen länger durchhalten. Das ruhige Atmen meines Mitbewohners macht es nicht einfacher.

Sanftes Licht scheint durch meine Lider, die mir schon wieder zugefallen sind. Als mein Bewusstsein versteht, was es bedeutet, bin ich hellwach.

Ich reiße meine Augen weit auf – und bin schockiert. Sofort rutsche ich näher an den Spiegel. Entsetzt mustere ich die Blessuren auf ihrem zierlichen Körper. Eine bläuliche Verfärbung ziert ihre komplette Wange. Ihre Iriden sind rot umrahmt. Die sanften Lippen sind aufgeplatzt. Das Weiß ihrer Bluse ist blutgetränkt.

Mein Herz droht zu zerreißen bei ihrem Anblick. Mit den Fingerspitzen versuche ich sie zu berühren. Ich wünschte, ich könnte sie durch das Glas zu mir ziehen. Das tiefe Bedürfnis, mich um sie zu kümmern macht sich in mir breit. Die Gewissheit, dass es mir verwehrt wird, lässt mich beinahe verzweifeln. Was soll ich tun? Unfähig, unnütz.

„Was ist passiert?" Tonlos forme ich die Worte und erhoffe mir eine Antwort. Ausdruckslos starrt sie mich an, fast, als ob sie durch mich hindurchsehen würde, in das dunkle Zimmer hinein. Kraftlos schüttelt sie den Kopf. Sie macht Anstalten aufzustehen, bricht jedoch wieder zusammen.

Bestürzt über ihre mehr als schlechte Verfassung und wütend, dass ich ihr nicht helfen kann, beobachte ich, wie sie sich auf die Beine quält. Das Mädchen verschwindet aus meinem Sichtfeld. Sekunden fühlen sich an wie Stunden. In meinem Magen bildet sich ein Eisblock. Was, wenn sie nicht wiederkommt? Ungeduldig rutsche ich noch näher an die Oberfläche.

Da kommt sie zurück. Übervorsichtig, ihre Mimik in Schmerz verzogen. Abgezehrt kniet sie nieder. Blätter, Klebestreifen und einen Kugelschreiber neben sich. Ihre Brust hebt sich schnell und unregelmäßig. Es muss sie verdammt viel Kraft gekostet haben. Zittrig greift sie nach dem Stift, sowie nach dem Weiß. Die ersten Zeichen färben das Papier schwarz. Mehr Wörter gesellen sich zu den anderen. Ab und zu sieht sie auf. Ein schwaches, trauriges Lächeln spannt ihre aufgeplatzten Lippen.

Je länger sie dort sitzt, desto schwerer wird der Eisblock in meinem Inneren. Eine Vorahnung beschleicht mich. Mit einem Wink schiebe ich den grausamen Gedanken beiseite. Das darf nicht sein. Von dieser Realität möchte ich nichts hören.

Ihre dunklen Haare fallen ihr ins Gesicht. Sie angelt nach dem nächsten Bogen, setzt den Stift wieder an, schreibt weiter. Tränen bahnen sich aus ihren Augenwinkeln und fallen auf das zarte Weiß. Sogar von hier sehe ich die schwarze Tinte verschwimmen.

Meine Fingerspitzen berühren das kühle Glas, ich will ihre Tränen auffangen, ich will, dass es ihr besser geht.

Irgendwann vollendet sie ihr Werk. Mir kommt es vor, als ob ich das Geräusch des abreißenden Klebestreifens hören kann. Sie fügt die Zeilen zusammen. Zwei Seiten. Sie macht Anstalten, erneut aufzustehen und ich mache es ihr gleich. Schließlich steht sie direkt vor mir. Ich lege meine Handfläche auf das Glas. Sie lächelt gebrochen und folgt meinem Beispiel. Für einen Moment schließe ich die Augen und bilde mir ein, wie es sein muss, ihre Wärme zu spüren.

Als ich sie wieder öffne, ist Yara verschwunden. Nur ihr Brief ist noch da.

Wo ist mein Spiegel? In reger Aufruhr wirble ich um meine eigene Achse

Dein Spiegelbild an meiner Seite (Tendou x OC) | Haikyuu Oneshot | AbgeschlossenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt