Kapitel 17 - Ashes

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Chloe löste die letzten Fesseln und rannte los.
Sie hatte schon Tränen in den Augen bevor sie bei Lucifer ankam.

Dieser lag am Boden und rang um Luft. In seiner Brust steckte die Klinge aus Dämonenstahl.
Chloe kam schlitternd neben ihm zum Stehen und ließ sich auf die Knie sinken.
Überall war Blut, so viel davon, dass ihr übel wurde.

Sie schaute auf und sah Michael, der an diesen Käfig lehnte. Blut tropfte hinter ihm auf den Boden, wo sich schon eine riesige Pfütze gebildet hatte.
Er war tot.

Lucifer keuchte und spuckte Blut.
Chloe lehnte sich über ihn und strich mit ihrer Hand über sein blutverschmiertes Gesicht.
Seine Augen fanden ihre und er kämpfte sich ein Lächeln ab.

Chloe zerriss es innerlich.
Sie wusste, wie das Ganze ausgehen würde, dennoch griff sie nach ihrem Handy und wählte die erste Nummer, die ihr in den Sinn kam.

Amenadiel meldete sich am anderen Ende der Leitung, doch Chloe brachte kaum ein Wort heraus.
Sie versuchte ihm schluchzend zu sagen wo sie war und was passiert war.
„Sie .. haben sich gegenseitig getötet", endete sie weinend. Das Telefonat wurde beendet.

„Oh Luc", weinte sie und lehnte sich hinab um ihn zu küssen. Ihre Lippen berührten sich und Chloe schmeckte Tränen und Blut.
In ihrem Kopf drehte sich alles. Es ging alles viel zu schnell!
Wie konnte es nur so enden?!
Ihr Gesicht brannte heiß vor Tränen, als sie immer wieder mit ihrer Hand über Lucifers Wange strich.

„Du musst das schaffen, okay?", schluchzte sie. „Du musst einfach. Du kannst mich nicht einfach allein lassen!"
„Chloe", wisperte Lucifer und versuchte sie am Arm festzuhalten, doch die Kraft verließ ihn weiter.
Er hustete wieder, Blut lief aus seinem Mundwinkel.

Chloe fühlte sich, als würde jemand ihr Herz zerfetzen.
Sie hatten sich endlich ihre Liebe zueinander eingestanden, hatten so viel durchgemacht ... sollte das alles so enden?
Er dufte jetzt nicht einfach sterben!

Sie nahm Lucifers Kopf in ihren Schoß und strich wiederkehrend durch seine Haare.
Er stöhnte bei jeder Bewegung vor Schmerzen.
Seine Atmung wurde schwerer, er röchelte, als Blut in seine Luftröhre gelang.


***



Er sah sie an und vergaß für einen Moment all seine Schmerzen.
Sah nur ihr perfektes Gesicht, ihre wunderschönen blauen Augen. Würde ihr Kind diese Augen erben?
Bilder aus längst vergangener Zeit flackerten vor seinen Augen auf.

Ihr erster Kuss war das Erste was er sah und er erfüllte sein Herz mit inniger Liebe.
Momente, ob schön oder schmerzhaft tauchten in seinem Kopf auf.
Wie Chloe sich entschied, mit Pierce zusammen zu fahren und Lucifer stehen ließ.
Wie Pierce ihr einen Antrag machte und sie ‚Ja' sagte.
Chloe, die ihm eine Axt an die Brust hielt, bereit zuzudrücken, und erkannte, dass er alles für sie geben würde, obwohl er der Teufel war.

Er sah ihren Blick, als er sie verlassen musste, um seinen Platz in der Hölle anzutreten.
Er blinzelte und erkannte denselben Schmerz in ihren Augen.
Ihr Gesicht war gerötet von den vielen Tränen und dennoch sah sie für ihn aus, wie ein Engel.

Er spürte eine eigenartige Ruhe tief in seinem Inneren.
Lucifer hatte seinem Bruder die Wahrheit gesagt. Liebe war die Antwort auf alles gewesen.

Sein Leben lang war er von Selbsthass zerfressen gewesen, doch diese Last fiel endlich von ihm ab.
Er lächelte schwach und drückte Chloes Hand leicht.
Sie fuhr mit dem Finger die Konturen seiner Lippen nach, weinte dabei aus tiefstem Herzen.

Er spürte einen scharfen Luftzug und erkannte verschwommen die grauen Flügel von Amenadiel.
Sein großer Bruder legte Chloe eine Hand auf die Schulter, erkannte das Unumgängliche.
Chloe verstand es ebenfalls, sie zitterte am ganzen Körper.
„Du hast mir versprochen, mich niemals allein zu lassen", schluchzte sie mit schwacher Stimme.

Er war kein Lügner, wollte nie einer sein.
„Ich ... ich werde immer bei dir sein", murmelte er beinahe tonlos. Egal wo er nach seinem Tod landete, ein Teil würde immer bei seiner großen Liebe sein.

Sein Bruder kämpfte auch gegen die Tränen, hatte sich auf seiner anderen Seite niedergelassen.
„Ich denke ... ich habe endlich ... meinen ... Frieden ... gefunden, Bruder", flüsterte er Amenadiel zu, welcher als Antwort seinen Arm drückte.

Lucifer blickte wieder zu Chloe, seine Sicht verschwamm langsam.
Dumpf spürte er die Schmerzen in seinem Innern, doch das war nichts im Vergleich zu seinen seelischen Schmerz, als er Chloe noch einmal ansah.

„Ich liebe Dich", sagte er mit letzter Kraft, atmete schwer aus.
Die drei Worte hatten ihm alles abverlangt.
Ein dunkler Schleier legte sich wie eine ruhige Nebelbank um ihn und zog ihn sanft in die Tiefe.

Er versuchte noch, sich jedes kleinste Detail von Chloes wunderschönem Gesicht einzuprägen, er würde sie niemals vergessen können.
Es ging ihm zu schnell, er versuchte kurzzeitig gegen den Schleier anzukämpfen.

„Es ist okay, Luc", murmelte Amenadiel und legte seine Hand auf Lucifers blutdurchtränkte Brust. „Es ist Zeit für dich."
Auch ihm liefen Tränen übers Gesicht, doch er wandte den Blick ab.

Ja, es war okay.
Lucifer spürte wieder diese Ruhe in sich – diese warme Geborgenheit, die ihm zuflüsterte, sich fallenzulassen.

Er ließ die Dunkelheit nun endlich gewinnen und schloss die Augen.
Nach all dieser Zeit war er nun endlich im Reinen mit sich. Er konnte loslassen.


***

Chloe fiel Amenadiel in die Arme, weinte und schrie sich die Seele aus dem Leib.
Dieser Schmerz war zu groß, als dass sie ihn einfach ertragen könnte.
Wie sollte sie nur ohne Lucifer leben?

Der Teufel hatte sich schnell in ihr Herz geschlichen und sich dort mit scharfen Widerhaken verankert.
Nach einigen Minuten ließ sich von Amenadiel ab.
Sie fühlte sich schwach, wollte all das hier vergessen und die Zeit zurückdrehen.

Amenadiel hielt Chloe fest und blickte ihr tief in die Augen.
„Er wird nach Hause kommen", sagte er entschlossen und beugte sich zu dem Leichnam seines Bruders. Seine Seele hatte den Körper bereits verlassen. „Er ist in der silbernen Stadt, da wo er hingehört."

Devils Desire - Aus Zwei wird EinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt