Kapitel 8: Positiv

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Chloe war nervös.
Sie sah immer wieder auf die Uhr und zwang sich zur Ruhe.
Lucifer hatte die Nacht auf der Couch geschlafen und das Bett freiwillig für Chloe und Trixie geräumt.
Dafür war sie ihm unendlich dankbar gewesen.
Morgens hatte er dann ein halbes Buffett zum Frühstück bestellt und dann vorgeschlagen, Trixie zur Schule zu fahren und zum Schluss beim LAPD Halt zu machen, um Chloe krank zu melden.
Danach sei er wieder ganz für sie da.

Nun saß sie sprichwörtlich auf heißen Kohlen und wartete, bis Lucifers Auto sicher weit genug weg wäre.
Sie hatte ihm nichts über das Telefonat mit Linda erzählt, sie wollte ihn nicht auch noch beunruhigen.
Das würde sie schon alleine hinbekommen.

Irgendwann sprang Chloe auf und betrat zögerlich den Fahrstuhl - betete, dass Linda schon da war.
Im Lux war noch alles still, doch der Barkeeper begrüßte Chloe herzlich und hielt auch schon eine braune Tüte in der Hand.
„Guten Morgen, Frau Decker, dies wurde für Sie hiergelassen", sagte er und gab ihr die Tüte.
„Dankeschön", meinte sie und nahm die braune Papiertüte entgegen. Ohne reinzuschauen ging sie schnurstracks zum Aufzug zurück und fuhr nach oben.

Ihr Herz schlug schneller in der Brust, doch sie zwang sich zur Ruhe und atmete im Penthouse einmal tief durch, bevor sie einen Blick in die Tüte warf.
Sie stutzte.
Schluckte.
Dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen.

Mit zitternden Fingern nahm sie einen digitalen Schwangerschaftstest aus der Tüte.
‚Viel Glück ', hatte Linda dort als Haftnotiz angeklebt.
Chloe ließ sich aufs Sofa fallen und starrte auf den Test.

Natürlich. Übelkeit, Schwindel, Fressattacken, Müdigkeit, das kannte sie alles von ihrer Schwangerschaft mit Trixie. Es schien mit einem Mal, als wäre es gestern gewesen, als sie Dan mit Freudentränen den positiven Schwangerschaftstest zeigte.

Aber Lucifer war der Teufel. Konnte er denn überhaupt Kinder bekommen?
Amenadiel hatte andererseits auch einen Sohn, warum nicht auch sein Bruder?
Würde er sich freuen? Oder würde er wieder weglaufen und einfach aus ihrem Leben verschwinden?
Chloe wurde unsicher, starrte weiter auf den Test.
Vielleicht war er auch Negativ und sie machte sich ganz umsonst solche Sorgen.

Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch ging sie ins Bad. Sie musste es wissen. Jetzt.
Sie saß gefühlte Ewigkeiten auf den Fliesen und wartete. Auch wenn nur ein paar Minuten vergingen, kam es ihr vor, wie Jahrtausende.
Dann war es soweit.

Chloe drehte den Test um, hielt die Luft an und traute sich kaum, auf das kleine Display zu schauen.
Ihr blieb die Luft weg, als sie es las.
Schwanger 2-3 Wochen.
Natürlich. Vor etwa 3 Wochen hatten sie ihre erste gemeinsame Nacht gehabt, sie hatte sein Mojo bekommen ... und scheinbar mehr als das.

Sie griff zum Handy und rief Linda an, doch sie wusste nicht, was sie sagen sollte.
„Positiv oder negativ?", fragte Linda anstelle einer Begrüßung.
Chloe atmete tief durch. „Positiv."
Linda quietschte freudig auf, dann wurde sie schnell still.
„Chloe, was empfindest du?", fragte sie dann, ganz die Psychologin.

„Ich ... ich habe Angst", verriet die Polizistin ehrlich.
„Wovor hast du Angst?", stocherte Linda weiter, wartete geduldig auf eine Antwort.
„Vor Lucifers Reaktion. Ich habe Angst, dass er mich im Stich lässt, dass ihm das zu viel ist. Dass er gar kein Kind haben will ... und wieder verschwindet... vielleicht für immer."

Sie kämpfte inzwischen mit den Tränen, wollte die Liebe ihres Lebens nicht noch einmal verlieren.
„Mach dir nicht jetzt schon Gedanken darüber. Rede mit ihm. Er ist reifer geworden und das sage ich als seine Psychologin", erklärte Linda ruhig.

Sie hörte die Türen des Aufzugs.
„Ich muss auflegen", murmelte sie in den Hörer und legte auf. Den Test nahm sie in die Hand, versteckte ihn ein wenig.
Sie saß noch immer auf den Fliesen des Badezimmers, hatte die Knie angewinkelt.

„Chloe?", rief Lucifer, suchte sie in der Wohnung.
Er fand sie im Badezimmer, blieb ein paar Sekunden unschlüssig im Türrahmen stehen.
Sie sah fertig aus, hatte etwas gerötete Augen, hatte sie etwa geweint?
Er kam auf sie zu, war aber unsicher, was er tun sollte.

„Lucifer, ich ... hab etwas erfahren", sagte sie mit leicht brüchiger Stimme.
„Was ist los?", fragte er besorgt und ging vor ihr in die Knie.
„Ich habe solche Angst", wisperte sie und verlor wieder Tränen.
Was war nur los mit ihr?
„Wovor hast du Angst?"
Er beugte sich vor, berührte ihr Knie, wollte sie trösten und für sie da sein.
„Dass ... du mich ... verlässt", schluchzte sie und schaute auf einen Gegenstand in ihrem Schoß.


Lucifer verstand die Welt nicht mehr. Warum sagte sie so etwas?
„Ich würde dich niemals wieder verlassen, Chloe. Ich halte es keine Sekunde mehr ohne dich aus", versprach er. „Warum also sollte ich dich jetzt verlassen?"

„Weil ...", Chloe atmete noch einmal tief durch und sah ihm in die Augen. „Ich bin schwanger, Lucifer."
Schwanger? Seine Chloe?
Jetzt war der Teufel so verwirrt wie nie zuvor in seinem Leben.
War sie ihm fremdgegangen? Na gut, sie hatten noch nicht lange eine wirklich feste Beziehung, also war es genau genommen kein Fremdgehen. Er hatte sie verlassen, also hatte sie durchaus das Recht sich einen Mann an ihrer Seite zu suchen. Aber hatte sie deshalb solche Angst?

„Ich wusste gar nicht, dass du während meiner ... Abwesenheit in der Hölle ... jemandem so nahe standest", erwiderte er. Ein wenig verletzt fühlte er sich schon, sie hatte schließlich nie etwas derartiges erzählt.
„Nein", entgegnete Chloe. „Nein, ich hatte niemanden, du Dummkopf. Ich bin schwanger von dir!"
Sie hielt ihm den Schwangerschaftstest hin. Zögerlich nahm er das Teil und schaute drauf.
Sein Gehirn versuchte diese Informationen zu verarbeiten, aber irgendwie konnte er es trotzdem kaum glauben.

„Chloe, in den ganzen Jahren hier auf der Erde... ist das nie passiert", erklärte er stockend. „Ich ging davon aus, dass das nicht möglich sei."
„Ich auch", murmelte Chloe und versuchte seine Mimik zu deuten.
Er schaute weiter auf das kleine Display, welches ihn direkt an ihre unglaubliche erste Nacht erinnerte.
Dann sah er Chloe in die Augen. Diese wunderschönen blauen Augen.

Er setzte sich neben sie auf die Fliesen und nahm sie wortlos in den Arm.
Er wollte einfach für sie da sein, sie brauchte ihn jetzt. Da war er sich ausnahmsweise mal sicher.
„Ich werde dich niemals wieder allein lassen, Chloe Decker", versprach er nach einer Weile flüsternd und drückte sie an sich.
Er würde Vater werden, wie sein Bruder. Wie war das nur möglich?

Während er sich diese Frage stellte, kannte er die Antwort schon.
„Ich habe entschieden in deiner Nähe verwundbar zu sein. Menschlich zu sein", erinnerte Lucifer. "Das muss der Grund sein. Ich wurde menschlich und ... jetzt werde ich ... Vater..."
Chloe atmete hörbar aus und entspannte sich nun endlich.
„Ich hoffe dieses Baby schreit nicht so viel wie Charly, das könnte ich nicht den ganzen Tag ertragen", scherzte Lucifer, doch Chloe sah ihn mit großen Augen an.

„Das war nicht ernst gemeint. Na gut, ein bisschen schon, denn ich habe es bei Charly mitbekommen und es ist wirklich unerträglich, fast wie die Schreie in der Hölle... aber ich werde bei dir bleiben."

„Danke Lucifer", flüsterte Chloe. „Ich weiß, das geht alles ein bisschen zu schnell ... Ich kann mir vorstellen, dass du noch nicht bereit bist..."
„Chloe, ich liebe dich", platzte es aus Lucifer raus. „Mehr als alles andere auf der Welt oder sonst wo."
Er machte eine ausladende Geste, dann drehte er sich weiter zu Chloe herum.

Er sah, dass ihr eine große Träne die Wange hinunter lief und wischte sie mit dem Daumen weg.
Dann nahm er ihr Gesicht in die Hände und sah ihr tief in die Augen.
„Ich liebe dich und egal was auf uns zukommt, wir schaffen das – zusammen."

Devils Desire - Aus Zwei wird EinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt