Kapitel 17

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Nach einer circa einstündigen Pause, welche wir damit verbracht haben, bei anderen Wettbewerben zuzuschauen und einen Blick über das Gelände zu werfen, stehe ich nun am Start.
Neben mir und zwei anderen aus unserem Verein, starten noch circa zehn weitere Läufer.
Ob ich überhaupt eine Chance gegen die habe?
Ich versuche meine Selbstzweifel zu vergessen und konzentriere mich auf den bevorstehenden Start.

Nervös begebe ich mich wenig später auf meiner Startposition, schaue zu Boden und atme nochmal tief durch.
Als der Startschuss fällt, laufe ich los. Von der Seite kann ich Tyra hören, welche mich begeistert anfeuert.
Die Strecke führt ein Stück über den großen Platz, wo auch die Staffel stattgefunden hat.
Im Hintergrund kann ich einige jubelnde Menschen wahrnehmen, welche uns von den großen Tribünen aus zusehen.
Nach einigen Metern verlasse ich den Platz und die Strecke führt mich, fast über das komplette Gelände. Vereinzelt stehen Menschen am Rand und feuern uns an.
Ich versuche allerdings, alles um mich herum auszublenden und mich voll und ganz auf meinen Lauf zu konzentrieren.
Vereinzelt überhole ich ein paar Gegner und dürfte mittlerweile sogar ganz gut liegen.
Allerdings spüre ich bereits, wie mich meine Kraft nach jedem Meter ein Stückchen mehr verlässt. Ich kämpfe dagegen an, langsamer zu werden, merke aber, wie mein Puls bereits rast.

Als ich nach einigen Minuten den großen Platz vor mir erkennen kann, gebe ich nochmal alles, um auch die letzten paar Leute vor mir einholen zu können.
Ich merke wie meine Kraft mich immer mehr verlässt und mir die Tränen, vor Schmerz, in die Augen treten.
Kurz vorm Ziel sehe ich Tyra und die anderen, welche ich kaum beachte, da meine Aufmerksamkeit in diesem kurzen Moment nur einer Person gilt, Hope.
Sie steht am Rand, lächelt mir aufmunternd zu und feuert mich an.
Naja gut, wahrscheinlich feuert sie eher uns an, als ob ich die einzige aus unserem Team wäre, die hier mitmacht.
Ich sollte dringend aufhören, mir solche dämlichen Hoffnungen zu machen.

Ich gebe nochmal richtig Gas, erreiche das Ziel allerdings "nur" als fünfte.
Verärgert und total kaputt lasse ich mich auf den Boden fallen, wische mir die leichten Tränen weg und schließe meine Augen.
Ein stechender Schmerz macht sich in meiner Seite breit, während meine Beine anfangen zu kribbeln. Mein Puls rast.
Verdammt es tut so weh.
Ich kralle meine Nägel in den Boden und versuche meinen Puls zu beruhigen.
Ich habe diese Strecke eindeutig unterschätzt.

......

Ich sitze in der großen Kabine und starre an die graue Wand mir gegenüber.
Tyra ist nach meinem kleinen Zusammenbruch direkt zu mir gekommen, hat mir Wasser gebracht und dann sind wir langsam in Richtung unserer Teamkabine gelaufen.

Nun sitze ich hier schon bestimmt 15 Minuten und ärgere mich über mich selbst und meine schlechte Leistung. Ich muss Hope wirklich enttäuscht haben, schließlich hat sie bestimmt mehr von mir erwartet.
Tyra hat dann noch kurz mit ihr geredet und ist dann mit mir hier geblieben, während die anderen zur Siegerehrung aufgebrochen sind.
Ich kann da wirklich ziemlich gut drauf verzichten. Vor allem nach diesem schlechten letzten Lauf, kann ich mir dieses gute Laune Ding einfach nicht geben.

„Möchtest du vielleicht mal ein Stück laufen, wir könnten nach essen Ausschau halten", fragte Tyra, welche gerade aus dem großen Bad kommt und mich leicht besorgt mustert.
Ich nicke.
„Ich mach mich nur kurz frisch."

Daraufhin schnappe ich mir ein Handtuch und verschwinde in eine der großen Duschen.
Das Wasser ist angenehm warm und beruhigt meine innere Unzufriedenheit. Auch die leichten Schmerzen kann ich für diesen momentan komplett verdrängen.

Als ich fertig bin, schlüpfe ich in meine Jogginghose und ziehe mir ein lässiges Shirt an.

Als wir auf einen kleinen Wagen zusteuern, riecht es bereits verführerisch nach Essen.
Tyra holt sich eine große Portion Pommes, während ich mir nur einen bunten Salat und ein Brötchen kaufe. Ich habe bei meiner Leistung heute eindeutig nichts anderes verdient.
Nachdem wir bezahlt haben, setzen wir uns etwas abseits auf eine kleine steinerne Mauer.
In der Ferne vernehme ich laute Musik und jubelnde Menschen, was mir zeigt, dass die Siegerehrung wohl gerade im vollen Gange ist.

„Mach dir keine Vorwürfe, du hast heute wirklich alles gegeben und super durchgehalten!"
Tyra stupst mich von der Seite leicht an.
Wenn mich jemand durchschauen kann, dann meine beste Freundin. Ich kann ihr wirklich nichts vormachen, sie erkennt sofort, wenn mich etwas beschäftigt.
„Ich bin einfach absolut unzufrieden mit mir", jammere ich leise vor mich hin.
Tyra legt ihren Arm um meine Schulter und schaut mich eindringlich ein.
„Zu unrecht, du warst super!"

Etwas später schlendern wir noch etwas über das große Gelände.
Tyra hat vorhin einen, ihrer Meinung nach, super heißen Typen entdeckt. Als dieser dann plötzlich weg war, bestand sie darauf ihn finden zu müssen. Also laufen wir nun wahllos durch die Gegend und suchen ihren neuen Traum Typen. Ohne Erfolg.

„Shit, es ist bereits um 6, da wollte uns der Busfahrer abholen", panisch schaue ich in Tyras Richtung, woraufhin wir hektisch losrennen.
„Denvers wird uns umbringen!", keucht Tyra hinter mir.
Und wieder sind wir es, die unangenehm auffallen. Was muss Hope nur von mir denken.
Eigentlich sollte mir das total egal sein, so wie bei anderen auch, aber irgendwie ist es das einfach nicht. Irgendwie möchte ich ihr immer positiv auffallen. Klappt nur irgendwie nicht.
„Los Quinn, beeil dich", ruft Tyra, die mich gerade überholt hat.
Ich verdränge meine Gedanken schnell und laufe meiner besten Freundin nach.

Als wir endlich am Bus ankommen, kann ich bereits Hope's verärgertes Gesicht erkennen. Shit!
„Wo wart ihr bitte?", sie schaut uns, auf eine Antwort wartend, streng an.
Während ich leicht rot werde und schnell zu Boden schaue, setzt Tyra direkt zum Gegenangriff an.
„Es sind gerade einmal 5 Minuten, jetzt regen sie sich mal nicht so auf. Außerdem brauchte Quinn frische Luft und ich hatte Hunger, sorry das wir dann nicht die ganze Zeit auf eine, nicht vorhandene Uhr starren!"
Wieder einmal stehe ich neben Tyra und würde am liebsten sofort im Erdboden versinken.
Ich bin ihr wirklich dankbar, dass sie uns verteidigt, aber ihre Methoden sind fraglich.

„Es sind noch zwei Plätze übrig, einmal neben Lola und dann noch neben Ava", sagt Hope nur knapp, ohne auf Tyras Aussage einzugehen.
„Eure Taschen haben die anderen freundlicherweise auch schon mitgenommen."

Bevor Tyra noch etwas sagen kann, packe ich sie am Arm und zerre sie, hinter mir her, in den kleinen Bus.
„Ich übernehme Ava, in deinem Zustand haust du der am Ende noch eine rein", ich grinse meine beste Freundin an und ignoriere ihre Widersprüche.
Wohl oder übel setze ich mich neben Ava, welche mich ans Fenster lässt, da sie aus mir unerklärlichen Gründen, nicht dort sitzen will. Ich bin aber ganz froh drüber, es gibts nichts besseres, als bei längeren Fahrten die Landschaft zu beobachten.

Auf der Rückfahrt redet Ava die ganze Zeit über ihre angeblich so gute Leistung.
Ständig versucht sie Hope in ein Gespräch zu verwickeln, was mich immer wütender werden lässt.
Sie hat unsere Platzierung komplett gefährdet und erwartet jetzt, dass wir sie dafür loben. Langsam reicht!
Ich muss mich von Minute zu Minute immer mehr beherrschen.
Allein die Tatsache, dass sie ständig versucht, vor Hope, gut dazustehen nervt mich und irgendwie möchte ich das auch einfach nicht.

„Ava, könntest du jetzt bitte einfach mal deinen scheiß Mund halten? Deine Leistung war absolut nicht gut und du nervst mit deinem Gelaber wirklich jeden hier im Bus, wann checkst du das endlich?", sage ich ihr etwas zu laut ins Gesicht, nachdem mir doch der Kragen geplatzt ist.
Diese schaut mich erst empört an, bevor sie zu Hope schaut, welche ja genau vor uns sitzt. Dadurch hat sie meinen Ausraster auch definitiv mitbekommen. Das war mir in diesem Moment aber total egal und ich stecke mir meine Kopfhörer ins Ohr, um laut Musik zu hören und dabei aus dem Fenster zu schauen.

„Deine Musik ist viel zu laut, denk mal an deine Ohren, außerdem nervt mich das total!"
Ava rempelt mir unangenehm in die Seite.
„Shut the fuck up!"
Mehr sage ich nicht und ignoriere weitere dumme Sprüche, seitens Ava, für den Rest der Fahrt.

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