|Josefine|
„Jeder Mensch hat sein eigenes Buch, seine ganz eigene Geschichte.", murmelte Kai. „Bei manchen ist es ein Action-Thriller, bei anderen ein Liebesroman. Und doch gibt es fast in jedem Buch dieses eine Kapitel, was man mit niemandem teilt..."
Mit leerem Blick saß ich Kai gegenüber und hörte ihm zu. Dabei drang immer deutlicher in mein Bewusstsein, was damals alles Schreckliches passiert war. Jegliche Farbe war aus meinem Gesicht gewichen und auch Kai sah unfassbar fertig aus. All die Jahre wollte ich immer unbedingt wissen, was damals passiert war. Ich hatte Kai quasi dazu gedrängt, sich mir endlich zu öffnen. Doch jetzt, wo ich alles wusste, fühlte ich mich, als hätte man mich bei Mario Kart von der Bahn geschuppst und ich würde orientierungslos in der Luft taumeln, bis irgendwann alles schwarz werden würde.
Schwarz, wie die Nacht.
Schwarz, wie diese Nacht.„Ich kann dir wirklich nicht erzählen, was in der Nacht alles passiert ist, ich habe nichts gesehen, weil ich mit dem Rücken zu meiner Mutter saß.", murmelte Kai nun, während er meine kalten Finger mit seinen Händen umschloss. „Aber ich weiß, dass es schrecklich gewesen sein muss. Auf der einen Seite war es vielleicht mein Glück, dass ich nichts mit eigenen Augen gesehen habe. Auf der anderen Seite hat mein Kopf dadurch einen Oskar reifen Film produziert, der sich auch jetzt manchmal noch nachts in meine Gedanken schleicht und meine Träume verdunkelt." Er senkte beschämt den Kopf.
„Deswegen auch letztens der Alptraum...", flüsterte ich nüchtern, weil mir jetzt erst richtig klar wurde, wie alles zusammen hing und mir immer mehr bewusst wurde, was diese eine Nacht für Auswirkungen gehabt hatte. Von den 10 Jahren Funkstille zwischen Kai und mir mal ganz zu schweigen...
Kai hatte mir nämlich als Kind schon immer von den Schatten in den Ecken erzählt, vor denen er sich Nachts fürchtete, weil es aussah, als würden sie sich in gefährliche und böse Monster verwandeln. Doch diese Monster verschwanden tagsüber, sobald es hell wurde.
In dieser Nacht, die ihm immer noch ab und zu Albträume bereitete, da erwachten ganz andere Monster zum Leben. Ein schlafendes, aber trotzdem ruheloses Monster in seinem Kopf, vor dem er aber nicht tagsüber fliehen konnte. Dass er immer mit sich herum trug und das jeden Moment erwachen konnte und ihn in Sekunden zu Panik und Angstschweiß treiben konnte, indem es all seine schönen Gedanken auffraß und nur die unschönen Erinnerungen übrig ließ...
Ein Monster in seinem Kopf. Und die grausame Angst entsteht nur durch seine Existenz... Weil er weiß, dass es in seinem Kopf sitzt und seine Gedanken frisst.
„Das ist so schlimm...", flüsterte ich, ohne auch nur schon ansatzweise realisiert zu haben, was damals passiert war. Es würde vermutlich auch noch Tage oder gar Wochen dauern, bis ich das verarbeitet hätte. „Ich kann das alles gar nicht glauben..." Stille legte sich über uns, aber es war keine unangenehme Stille. Es war viel mehr die Stille nach einem furchtbaren Krieg, wenn es endlich einen Waffenstillstand gab. Wenn einem erst so richtig das Ausmaß des Verlustes und der Zerstörung bewusst wurde.
„Wie viel hast du denn letztendlich doch mitbekommen oder gehört?", fragte ich irgendwann doch vorsichtig und beobachtet Kai genau, denn wenn mir seine Körpersprache zeigen würde, dass er nicht antworten wollte, würde ich ihn auch zu nichts drängen. Doch sein Kopf blieb gesenkt und es schien okay für ihn zu sein, darüber zu reden. Natürlich war es alles andere als einfach, aber er gab sein Bestes, das spürte ich.
„Ich habe nicht viel gehört, weil ich Klavier spielen musste und ich hab nichts mit eigenen Augen gesehen, weil ich ihnen ja die ganze Zeit den Rücken zugewandt hatte. Manche würde sagen „Glück gehabt", aber ich würde es eher als eine Strafe ansehen. Das Wissen und die Bilder in meinem Kopf, die nur durch meine Vorstellung entstanden sind, waren vermutlich noch schlimmer." Er ließ meine Hände los und vergrub das Gesicht in seinen Händen.
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melody of memories | kai havertz
Fanfiction𝗞𝗶𝗻𝗱𝗵𝗲𝗶𝘁𝘀𝗲𝗿𝗶𝗻𝗻𝗲𝗿𝘂𝗻𝗴𝗲𝗻. 𝗪𝘂𝗻𝗱𝗲𝗻. 𝗧𝗶𝗲𝗳𝗲𝗿 𝗮𝗹𝘀 𝗲𝗶𝗻 𝗠𝗲𝘀𝘀𝗲𝗿 𝘀𝗶𝗲 𝗷𝗲 𝗵ä𝘁𝘁𝗲 𝗴𝗿𝗮𝗯𝗲𝗻 𝗸ö𝗻𝗻𝗲𝗻. 𝗦𝗰𝗵𝗺𝗲𝗿𝘇𝗲𝗻, 𝗱𝗶𝗲 𝗲𝗶𝗻 𝗞𝗶𝗻𝗱𝗲𝗿𝗵𝗲𝗿𝘇 𝘇𝗲𝗿𝗯𝗿𝗲𝗰𝗵𝗲𝗻... ...